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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

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Fenster, der mag sich dem lieben Gott befeh-
len; der kömmt gewiß nicht davon.

Wilhelm. Höre einmal, Marie! du
sprichst wunderliches Zeug. Sage mir nur
erst, was das für ein Vogel ist? -- Leich-
huhn? Leichvogel?
Das verstehe ich nicht.

Marie. Was weiß ichs, was es für
eine Kröte ist? Es soll ein kleiner grauer Vo-
gel seyn, wie die Leute sagen, wie ein jung
Huhn. Wenns mit der Kröte richtig wäre,
so könnte er hübsch bey Tage kommen; aber
so schreyet er nur des Nachts. Genug, wenn
er ruft, so muß einer sterben, und das trifft
immer ein.

Wilhelm. Du bist dem Vogel erschreck-
lich gut. Das höre ich wohl. Denn du nennst
ihn immer die Kröte. Aber sage mir nur, wie
kann denn der Vogel das wissen, wenn einer
sterben will, oder, wie du sagst, einen ho-
len?

Marie.

Fenſter, der mag ſich dem lieben Gott befeh-
len; der koͤmmt gewiß nicht davon.

Wilhelm. Hoͤre einmal, Marie! du
ſprichſt wunderliches Zeug. Sage mir nur
erſt, was das fuͤr ein Vogel iſt? — Leich-
huhn? Leichvogel?
Das verſtehe ich nicht.

Marie. Was weiß ichs, was es fuͤr
eine Kroͤte iſt? Es ſoll ein kleiner grauer Vo-
gel ſeyn, wie die Leute ſagen, wie ein jung
Huhn. Wenns mit der Kroͤte richtig waͤre,
ſo koͤnnte er huͤbſch bey Tage kommen; aber
ſo ſchreyet er nur des Nachts. Genug, wenn
er ruft, ſo muß einer ſterben, und das trifft
immer ein.

Wilhelm. Du biſt dem Vogel erſchreck-
lich gut. Das hoͤre ich wohl. Denn du nennſt
ihn immer die Kroͤte. Aber ſage mir nur, wie
kann denn der Vogel das wiſſen, wenn einer
ſterben will, oder, wie du ſagſt, einen ho-
len?

Marie.
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[157/0179] Fenſter, der mag ſich dem lieben Gott befeh- len; der koͤmmt gewiß nicht davon. Wilhelm. Hoͤre einmal, Marie! du ſprichſt wunderliches Zeug. Sage mir nur erſt, was das fuͤr ein Vogel iſt? — Leich- huhn? Leichvogel? Das verſtehe ich nicht. Marie. Was weiß ichs, was es fuͤr eine Kroͤte iſt? Es ſoll ein kleiner grauer Vo- gel ſeyn, wie die Leute ſagen, wie ein jung Huhn. Wenns mit der Kroͤte richtig waͤre, ſo koͤnnte er huͤbſch bey Tage kommen; aber ſo ſchreyet er nur des Nachts. Genug, wenn er ruft, ſo muß einer ſterben, und das trifft immer ein. Wilhelm. Du biſt dem Vogel erſchreck- lich gut. Das hoͤre ich wohl. Denn du nennſt ihn immer die Kroͤte. Aber ſage mir nur, wie kann denn der Vogel das wiſſen, wenn einer ſterben will, oder, wie du ſagſt, einen ho- len? Marie.

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/179>, abgerufen am 18.04.2024.