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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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von seiner mehr oder minder gerechten Reputation machen, und das Zutrauen eines
Journals ferner nicht mehr seinen bösen Streichen ausgesetzt werden darf. Die Ehre
und Würde der ganzen Literatur sind dabei interessirt, daß ein solcher Scandal sich
nicht erneuere. -- Von heute an hat die "Presse" jede Verbindung mit dem Verfasser
der Erinnerungen der Marquise von Crecy gebrochen. Vor dem Tribunal wird der
Herr Graf von Courchamp uns Rechenschaft ablegen von einem Betragen, welches jeden
gewissenhaften Schriftsteller empören muß."



Ein Kautz.

Es wurde vor einiger Zeit in Paris ein auf dem Mont de Piete versetzter Fünf¬
frankenthaler
versteigert und um die Summe von 4 Franken 70 Centimen losge¬
schlagen. Fügt man dazu 25 Centimen für die Kosten, zu 5 Procent gerechnet, so
hätte der Steigerer 5 Centimen gewonnen. Er wird jedoch verlieren, wenn er die
Taxationsgebühren, die aus dem Erlöse von allen, aus Silber gefertigten Gegenstän¬
den erhoben werden, sollte bezahlen müssen. Nun fragt es sich, wer war der Narr,
der vor fünfzehn Monaten auf dem Leihhause einen Fünffrankenthaler versetzt hat, um
dafür zwei Drittheile des Taxationswerthes, also 3 Franken, zu bekommen.

Dieses ist kein Puff, sondern es wird von dem officiellen Moniteur parisien, in
seiner Nummer vom 31. October erzählt.



Daguerre und das Bild von Houwald.

Man erinnert sich noch an das blutrothe Trauerspiel von Houwald, wo die ganze
Handlung sich darum dreht, daß ein Maler, das Bild eines Proscribirten mit ge¬
schickter Hand gemalt hat, und darum von der ganzen Familie mit glühender Rache
verfolgt und endlich getödtet wird. Was würde nun erst das Schicksal Daguerres
sein? Die französische Regierung hat nehmlich den Auftrag gegeben, daß von nun an
jeder Dieb oder sonstiger Verbrecher, sobald er seine Strafe überstanden, daguerroty¬
pirt wird, damit die Polizei sein Porträt besitzt, und im Fall einer wiederholten Ver¬
dächtigung ihn leicht wiederfinden könne. Welche Ausbeute wäre dies für unsern Hou¬
wald gewesen!



Schöne Vorrede,

Eine neue hübsche Ausgabe von Jung-Stillings Werken ist bei Scheible in Stuttgart er¬
schienen. Was soll man aber zu einer Vorrede (von Doctor J. N. Grollmann) sagen, die
in folgendem Styl beginnt: "Liegt ohne Zweifel die einzig mögliche Rechtfertigung der Ver¬
öffentlichung einer schriftstellerischen Arbeit in der Nachweisung eines Zeitbedürfnisses, welches
durch jene befriedigt wird, so hat diese neue Ausgabe der sämmtlichen Werke Stillings eine
solche Rechtfertigung in hohem Grade für sich." Ein schöner Styl -- Es gehört so wenig
Kunst dazu, die Herausgabe eines fertigen, längst bekannten Schriftstellers zu besorgen -- ist
die kleine Mühe, einige klare Einleitungsworte zu schreiben, so groß?



Druck und Verlag des deutschen Verlagscomptoirs in Brüssel.



von seiner mehr oder minder gerechten Reputation machen, und das Zutrauen eines
Journals ferner nicht mehr seinen bösen Streichen ausgesetzt werden darf. Die Ehre
und Würde der ganzen Literatur sind dabei interessirt, daß ein solcher Scandal sich
nicht erneuere. — Von heute an hat die „Presse“ jede Verbindung mit dem Verfasser
der Erinnerungen der Marquise von Crecy gebrochen. Vor dem Tribunal wird der
Herr Graf von Courchamp uns Rechenschaft ablegen von einem Betragen, welches jeden
gewissenhaften Schriftsteller empören muß.“



Ein Kautz.

Es wurde vor einiger Zeit in Paris ein auf dem Mont de Piété versetzter Fünf¬
frankenthaler
versteigert und um die Summe von 4 Franken 70 Centimen losge¬
schlagen. Fügt man dazu 25 Centimen für die Kosten, zu 5 Procent gerechnet, so
hätte der Steigerer 5 Centimen gewonnen. Er wird jedoch verlieren, wenn er die
Taxationsgebühren, die aus dem Erlöse von allen, aus Silber gefertigten Gegenstän¬
den erhoben werden, sollte bezahlen müssen. Nun fragt es sich, wer war der Narr,
der vor fünfzehn Monaten auf dem Leihhause einen Fünffrankenthaler versetzt hat, um
dafür zwei Drittheile des Taxationswerthes, also 3 Franken, zu bekommen.

Dieses ist kein Puff, sondern es wird von dem officiellen Moniteur parisien, in
seiner Nummer vom 31. October erzählt.



Daguerre und das Bild von Houwald.

Man erinnert sich noch an das blutrothe Trauerspiel von Houwald, wo die ganze
Handlung sich darum dreht, daß ein Maler, das Bild eines Proscribirten mit ge¬
schickter Hand gemalt hat, und darum von der ganzen Familie mit glühender Rache
verfolgt und endlich getödtet wird. Was würde nun erst das Schicksal Daguerres
sein? Die französische Regierung hat nehmlich den Auftrag gegeben, daß von nun an
jeder Dieb oder sonstiger Verbrecher, sobald er seine Strafe überstanden, daguerroty¬
pirt wird, damit die Polizei sein Porträt besitzt, und im Fall einer wiederholten Ver¬
dächtigung ihn leicht wiederfinden könne. Welche Ausbeute wäre dies für unsern Hou¬
wald gewesen!



Schöne Vorrede,

Eine neue hübsche Ausgabe von Jung-Stillings Werken ist bei Scheible in Stuttgart er¬
schienen. Was soll man aber zu einer Vorrede (von Doctor J. N. Grollmann) sagen, die
in folgendem Styl beginnt: „Liegt ohne Zweifel die einzig mögliche Rechtfertigung der Ver¬
öffentlichung einer schriftstellerischen Arbeit in der Nachweisung eines Zeitbedürfnisses, welches
durch jene befriedigt wird, so hat diese neue Ausgabe der sämmtlichen Werke Stillings eine
solche Rechtfertigung in hohem Grade für sich.“ Ein schöner Styl — Es gehört so wenig
Kunst dazu, die Herausgabe eines fertigen, längst bekannten Schriftstellers zu besorgen — ist
die kleine Mühe, einige klare Einleitungsworte zu schreiben, so groß?



Druck und Verlag des deutschen Verlagscomptoirs in Brüssel.



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[132/0140] von seiner mehr oder minder gerechten Reputation machen, und das Zutrauen eines Journals ferner nicht mehr seinen bösen Streichen ausgesetzt werden darf. Die Ehre und Würde der ganzen Literatur sind dabei interessirt, daß ein solcher Scandal sich nicht erneuere. — Von heute an hat die „Presse“ jede Verbindung mit dem Verfasser der Erinnerungen der Marquise von Crecy gebrochen. Vor dem Tribunal wird der Herr Graf von Courchamp uns Rechenschaft ablegen von einem Betragen, welches jeden gewissenhaften Schriftsteller empören muß.“ Ein Kautz. Es wurde vor einiger Zeit in Paris ein auf dem Mont de Piété versetzter Fünf¬ frankenthaler versteigert und um die Summe von 4 Franken 70 Centimen losge¬ schlagen. Fügt man dazu 25 Centimen für die Kosten, zu 5 Procent gerechnet, so hätte der Steigerer 5 Centimen gewonnen. Er wird jedoch verlieren, wenn er die Taxationsgebühren, die aus dem Erlöse von allen, aus Silber gefertigten Gegenstän¬ den erhoben werden, sollte bezahlen müssen. Nun fragt es sich, wer war der Narr, der vor fünfzehn Monaten auf dem Leihhause einen Fünffrankenthaler versetzt hat, um dafür zwei Drittheile des Taxationswerthes, also 3 Franken, zu bekommen. Dieses ist kein Puff, sondern es wird von dem officiellen Moniteur parisien, in seiner Nummer vom 31. October erzählt. Daguerre und das Bild von Houwald. Man erinnert sich noch an das blutrothe Trauerspiel von Houwald, wo die ganze Handlung sich darum dreht, daß ein Maler, das Bild eines Proscribirten mit ge¬ schickter Hand gemalt hat, und darum von der ganzen Familie mit glühender Rache verfolgt und endlich getödtet wird. Was würde nun erst das Schicksal Daguerres sein? Die französische Regierung hat nehmlich den Auftrag gegeben, daß von nun an jeder Dieb oder sonstiger Verbrecher, sobald er seine Strafe überstanden, daguerroty¬ pirt wird, damit die Polizei sein Porträt besitzt, und im Fall einer wiederholten Ver¬ dächtigung ihn leicht wiederfinden könne. Welche Ausbeute wäre dies für unsern Hou¬ wald gewesen! Schöne Vorrede, Eine neue hübsche Ausgabe von Jung-Stillings Werken ist bei Scheible in Stuttgart er¬ schienen. Was soll man aber zu einer Vorrede (von Doctor J. N. Grollmann) sagen, die in folgendem Styl beginnt: „Liegt ohne Zweifel die einzig mögliche Rechtfertigung der Ver¬ öffentlichung einer schriftstellerischen Arbeit in der Nachweisung eines Zeitbedürfnisses, welches durch jene befriedigt wird, so hat diese neue Ausgabe der sämmtlichen Werke Stillings eine solche Rechtfertigung in hohem Grade für sich.“ Ein schöner Styl — Es gehört so wenig Kunst dazu, die Herausgabe eines fertigen, längst bekannten Schriftstellers zu besorgen — ist die kleine Mühe, einige klare Einleitungsworte zu schreiben, so groß? Druck und Verlag des deutschen Verlagscomptoirs in Brüssel.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/140>, abgerufen am 19.04.2024.