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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester.

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erst sein wahres Leben Verleihen, opfert man völlig, wenn man
mit einem Pinselstriche malen will und die Durchsichtigkeit durch
stark aufgetragene, klebrige Farben zu erreichen gedenkt. Die Umrisse
werden dadurch hart, und das Gemälde selbst gewinnt ein undurch¬
sichtiges, schwerfälliges Aussehen, während es ihm an Natürlichkeit
und Harmonie gänzlich sehlen wird.

Nun nur noch einige Worte über die Art und Weise, die
Details eines Gemäldes zu behandeln. Wenn man aus einem
Gusse malen will, so ist nichts häufiger, als daß man sich zu sehr
mit den Details des Hintergrundes aufhält. Das ist deßhalb so
oft der Fall, weil man sich zu einer sklavischen Nachahmung seiner
eigenen Zeichnung vermtheilt hat. Man erschöpft aus diese Art alle
seine Hülfsmittel nur, um der Fernsicht alle möglichen Reize zu
geben und ist aufs Trockene gerathen, ehe man zu Mittel- und
Vordergrund des Gemäldes gekommen ist.

Nun muß doch aber in einem Gemälde, -- wohl bemerkt, wir
sprechen nur von Landschaftsmalerei -- der Vordergrund die kräf¬
tigste, hellste, am Meisten ins Einzelne eingehende Partie sein.

Gewöhnlich -- und, wie ich glaube, mit vollkommnem Recht, --
weist man dem Gegenstand, auf den man die Aufmerksamkeit des
Zuschauers ganz besonders lenken will, seinen Platz auf dem Ueber¬
gangspunkte aus dem Mittelgrund in den Vordergrund an, un¬
gefähr und zum wenigsten im Drittel der Breite des Gemäldes.
Nun ist es von höchster Bedeutung, diesen Gegenstand durch seine
Schönheit, durch eine anziehende Licht- und Schattengebung, durch
den Ausdruck hervorzuheben, ohne daß man jedoch hierbei die unter¬
geordneten Gegenstände ganz aus dem Auge verliere. Die Fernsicht
muß in ihrem Ton naturwahr sein, muß aber stets als bloßer Hin¬
tergrund betrachtet und auch als solcher behandelt werden, d. h. sie
darf so wenig Details enthalten, als nur möglich.

Man kann mit einem ersten Wurf geistreiche Skizzen hervor¬
bringen; aber es ist rein unmöglich, auf diese Art wahrhaft voll¬
endete Gemälde zu erhalten.




Ankunft in Bonn. -- Mondenschein.

Herrmann hatte früher eine Zeit lang in Bonn sich aufgehal¬
ten; er war also von Gottes-und Rechtswegen unser Quartiermeister.


erst sein wahres Leben Verleihen, opfert man völlig, wenn man
mit einem Pinselstriche malen will und die Durchsichtigkeit durch
stark aufgetragene, klebrige Farben zu erreichen gedenkt. Die Umrisse
werden dadurch hart, und das Gemälde selbst gewinnt ein undurch¬
sichtiges, schwerfälliges Aussehen, während es ihm an Natürlichkeit
und Harmonie gänzlich sehlen wird.

Nun nur noch einige Worte über die Art und Weise, die
Details eines Gemäldes zu behandeln. Wenn man aus einem
Gusse malen will, so ist nichts häufiger, als daß man sich zu sehr
mit den Details des Hintergrundes aufhält. Das ist deßhalb so
oft der Fall, weil man sich zu einer sklavischen Nachahmung seiner
eigenen Zeichnung vermtheilt hat. Man erschöpft aus diese Art alle
seine Hülfsmittel nur, um der Fernsicht alle möglichen Reize zu
geben und ist aufs Trockene gerathen, ehe man zu Mittel- und
Vordergrund des Gemäldes gekommen ist.

Nun muß doch aber in einem Gemälde, — wohl bemerkt, wir
sprechen nur von Landschaftsmalerei — der Vordergrund die kräf¬
tigste, hellste, am Meisten ins Einzelne eingehende Partie sein.

Gewöhnlich — und, wie ich glaube, mit vollkommnem Recht, —
weist man dem Gegenstand, auf den man die Aufmerksamkeit des
Zuschauers ganz besonders lenken will, seinen Platz auf dem Ueber¬
gangspunkte aus dem Mittelgrund in den Vordergrund an, un¬
gefähr und zum wenigsten im Drittel der Breite des Gemäldes.
Nun ist es von höchster Bedeutung, diesen Gegenstand durch seine
Schönheit, durch eine anziehende Licht- und Schattengebung, durch
den Ausdruck hervorzuheben, ohne daß man jedoch hierbei die unter¬
geordneten Gegenstände ganz aus dem Auge verliere. Die Fernsicht
muß in ihrem Ton naturwahr sein, muß aber stets als bloßer Hin¬
tergrund betrachtet und auch als solcher behandelt werden, d. h. sie
darf so wenig Details enthalten, als nur möglich.

Man kann mit einem ersten Wurf geistreiche Skizzen hervor¬
bringen; aber es ist rein unmöglich, auf diese Art wahrhaft voll¬
endete Gemälde zu erhalten.




Ankunft in Bonn. — Mondenschein.

Herrmann hatte früher eine Zeit lang in Bonn sich aufgehal¬
ten; er war also von Gottes-und Rechtswegen unser Quartiermeister.


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[0372] erst sein wahres Leben Verleihen, opfert man völlig, wenn man mit einem Pinselstriche malen will und die Durchsichtigkeit durch stark aufgetragene, klebrige Farben zu erreichen gedenkt. Die Umrisse werden dadurch hart, und das Gemälde selbst gewinnt ein undurch¬ sichtiges, schwerfälliges Aussehen, während es ihm an Natürlichkeit und Harmonie gänzlich sehlen wird. Nun nur noch einige Worte über die Art und Weise, die Details eines Gemäldes zu behandeln. Wenn man aus einem Gusse malen will, so ist nichts häufiger, als daß man sich zu sehr mit den Details des Hintergrundes aufhält. Das ist deßhalb so oft der Fall, weil man sich zu einer sklavischen Nachahmung seiner eigenen Zeichnung vermtheilt hat. Man erschöpft aus diese Art alle seine Hülfsmittel nur, um der Fernsicht alle möglichen Reize zu geben und ist aufs Trockene gerathen, ehe man zu Mittel- und Vordergrund des Gemäldes gekommen ist. Nun muß doch aber in einem Gemälde, — wohl bemerkt, wir sprechen nur von Landschaftsmalerei — der Vordergrund die kräf¬ tigste, hellste, am Meisten ins Einzelne eingehende Partie sein. Gewöhnlich — und, wie ich glaube, mit vollkommnem Recht, — weist man dem Gegenstand, auf den man die Aufmerksamkeit des Zuschauers ganz besonders lenken will, seinen Platz auf dem Ueber¬ gangspunkte aus dem Mittelgrund in den Vordergrund an, un¬ gefähr und zum wenigsten im Drittel der Breite des Gemäldes. Nun ist es von höchster Bedeutung, diesen Gegenstand durch seine Schönheit, durch eine anziehende Licht- und Schattengebung, durch den Ausdruck hervorzuheben, ohne daß man jedoch hierbei die unter¬ geordneten Gegenstände ganz aus dem Auge verliere. Die Fernsicht muß in ihrem Ton naturwahr sein, muß aber stets als bloßer Hin¬ tergrund betrachtet und auch als solcher behandelt werden, d. h. sie darf so wenig Details enthalten, als nur möglich. Man kann mit einem ersten Wurf geistreiche Skizzen hervor¬ bringen; aber es ist rein unmöglich, auf diese Art wahrhaft voll¬ endete Gemälde zu erhalten. Ankunft in Bonn. — Mondenschein. Herrmann hatte früher eine Zeit lang in Bonn sich aufgehal¬ ten; er war also von Gottes-und Rechtswegen unser Quartiermeister.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Zweites Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_266616/372>, abgerufen am 04.05.2024.