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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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I. H. F i es i e's C -h a r ä r t c r i se i r e n. ") ,

Wie man! zu der Zeit, als die Philosophie in' Athen ihren Gipfel¬
punkt bei den Griechen erreichte, in einem kurzen Zeitraume die tiefsin¬
nigsten Systeme rasch nach einander erstehen, und sich überall ausbrei¬
ten sah, so erleben wir, auch in Deutschland, seit dem Ende des vorigen
Jahrhunderts, einen Aufschwung und eine Rührigkeit auf dem philoso¬
phischen Felde," wofür nicht .leicht ein anderes Beispiel in der Geschichte
zu -finden sein,mochte.' Die Kämpfe und .Entdeckungen im Reiche der'
Wissenschaft gehen bis auf .unsere. Tage ''herab,,' und, wie es "gemeinlich'
der. Fallnst, wenn? eine. Periode in der Geschichte- sich abschließt so be¬
gegnen und durchkreuzen sich zugleich , die verschiedenartigsten Md'schein¬
bar, unversöhnlichen Richtungen, des' geistigen Lebens. Die Kantische
Denkweise hat noch immer ihre Anhänger und Verehrer; Schelling, an
dessen Geiste ein ganzes ' Zeitalter vorübergegangen .ist, verspricht eins's
Neue seine Schule zu begründen; die'Hegelianer beherrschen weite Pro¬
vinzen der Wissenschaft; während die. Krausesche Lehre, die mit den-letztern
gleichzeitig sich ausgebildet hat, immer bestimmter und'erfolgreicher aus
den Formen des ^Systems in die Oeffentlichkeit! hinaustritt. Daneben
ziehen sich dann, der zahlreichen beschränktem Standpunkte nicht zu ge¬
denken, manche, von den Freunden des classischen Alterthums gehegte
Zweige griechischer Weisheit, indeß auch die Scholastik, gleich einem ver¬
schanzten Lager, Diejenigen aufzunehmen bereit ist, welchen die freiere
und kühnere Bewegung neuester Zeiten nicht ansteht. Das letzte Jahr-



*) Beiträge zur Charakteristik der neuern Philosophie, oder kritische Geschichte
derselben von Des Cartes und Locke bis auf Hegel. Zweite Ausgabe. t.84t.
Deutsche P h i S s o p h i



I. H. F i es i e's C -h a r ä r t c r i se i r e n. «) ,

Wie man! zu der Zeit, als die Philosophie in' Athen ihren Gipfel¬
punkt bei den Griechen erreichte, in einem kurzen Zeitraume die tiefsin¬
nigsten Systeme rasch nach einander erstehen, und sich überall ausbrei¬
ten sah, so erleben wir, auch in Deutschland, seit dem Ende des vorigen
Jahrhunderts, einen Aufschwung und eine Rührigkeit auf dem philoso¬
phischen Felde," wofür nicht .leicht ein anderes Beispiel in der Geschichte
zu -finden sein,mochte.' Die Kämpfe und .Entdeckungen im Reiche der'
Wissenschaft gehen bis auf .unsere. Tage ''herab,,' und, wie es "gemeinlich'
der. Fallnst, wenn? eine. Periode in der Geschichte- sich abschließt so be¬
gegnen und durchkreuzen sich zugleich , die verschiedenartigsten Md'schein¬
bar, unversöhnlichen Richtungen, des' geistigen Lebens. Die Kantische
Denkweise hat noch immer ihre Anhänger und Verehrer; Schelling, an
dessen Geiste ein ganzes ' Zeitalter vorübergegangen .ist, verspricht eins's
Neue seine Schule zu begründen; die'Hegelianer beherrschen weite Pro¬
vinzen der Wissenschaft; während die. Krausesche Lehre, die mit den-letztern
gleichzeitig sich ausgebildet hat, immer bestimmter und'erfolgreicher aus
den Formen des ^Systems in die Oeffentlichkeit! hinaustritt. Daneben
ziehen sich dann, der zahlreichen beschränktem Standpunkte nicht zu ge¬
denken, manche, von den Freunden des classischen Alterthums gehegte
Zweige griechischer Weisheit, indeß auch die Scholastik, gleich einem ver¬
schanzten Lager, Diejenigen aufzunehmen bereit ist, welchen die freiere
und kühnere Bewegung neuester Zeiten nicht ansteht. Das letzte Jahr-



*) Beiträge zur Charakteristik der neuern Philosophie, oder kritische Geschichte
derselben von Des Cartes und Locke bis auf Hegel. Zweite Ausgabe. t.84t.
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[0378] Deutsche P h i S s o p h i I. H. F i es i e's C -h a r ä r t c r i se i r e n. «) , Wie man! zu der Zeit, als die Philosophie in' Athen ihren Gipfel¬ punkt bei den Griechen erreichte, in einem kurzen Zeitraume die tiefsin¬ nigsten Systeme rasch nach einander erstehen, und sich überall ausbrei¬ ten sah, so erleben wir, auch in Deutschland, seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts, einen Aufschwung und eine Rührigkeit auf dem philoso¬ phischen Felde," wofür nicht .leicht ein anderes Beispiel in der Geschichte zu -finden sein,mochte.' Die Kämpfe und .Entdeckungen im Reiche der' Wissenschaft gehen bis auf .unsere. Tage ''herab,,' und, wie es "gemeinlich' der. Fallnst, wenn? eine. Periode in der Geschichte- sich abschließt so be¬ gegnen und durchkreuzen sich zugleich , die verschiedenartigsten Md'schein¬ bar, unversöhnlichen Richtungen, des' geistigen Lebens. Die Kantische Denkweise hat noch immer ihre Anhänger und Verehrer; Schelling, an dessen Geiste ein ganzes ' Zeitalter vorübergegangen .ist, verspricht eins's Neue seine Schule zu begründen; die'Hegelianer beherrschen weite Pro¬ vinzen der Wissenschaft; während die. Krausesche Lehre, die mit den-letztern gleichzeitig sich ausgebildet hat, immer bestimmter und'erfolgreicher aus den Formen des ^Systems in die Oeffentlichkeit! hinaustritt. Daneben ziehen sich dann, der zahlreichen beschränktem Standpunkte nicht zu ge¬ denken, manche, von den Freunden des classischen Alterthums gehegte Zweige griechischer Weisheit, indeß auch die Scholastik, gleich einem ver¬ schanzten Lager, Diejenigen aufzunehmen bereit ist, welchen die freiere und kühnere Bewegung neuester Zeiten nicht ansteht. Das letzte Jahr- *) Beiträge zur Charakteristik der neuern Philosophie, oder kritische Geschichte derselben von Des Cartes und Locke bis auf Hegel. Zweite Ausgabe. t.84t.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/378>, abgerufen am 04.05.2024.