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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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sen, ist es den Dichtern freigestellt, für ihre Stücke entweder die Tan¬
tieme, oder das herkömmliche Honorar zu fordern. Deinhardstein'S
Motesens war angenommen worden, und als kluger Mann, der die
Sicherheit liebt, hatte der Verfasser das ein für allemal zählbare Ho¬
norar angesprochen. Motesens kam zur Aufführung, um nach den
drei unausweichlichen Vorstellungen auf ewig vom Repertoire zu ver¬
schwinden. Bei der Tauen'me-Einrichtung wäre der Betrag nicht auf
die Hälfte der gezählten Summe gestiegen.


Francis.
II.
Aus Berlin.

Freiheit der Polizei. -- Das Hofmarschallamt und die Armen.Direction. --
Literarisches. -- Woeniger; Bruno Bauer.

Der unangenehme "Vorfall" hier zwischen einem Gensdarmen
und zwei Schneidergesellen, in Folge dessen, des Vorfalls nämlich,
dem einen Schneider der rechte Arm abgenommen werden mußte, ist
sehr unnützer Weise durch subversive Correspondenzen zur Kenntniß
des größeren Publicums gekommen. <imo tu- Knut nuur "n<! vim-Jott,'!
Der Arm eines Schneiders! Wer erlaubt dem Schneidergesellen, in
die Nähe betrunkener Gensdarmen zu gehen? Nun tritt noch
obendrein ein unbefugter Arzt auf und erzählt die ganze Geschichte
in der Vossischen Zeitung, und alle Welt erfährt nun, ein widerspen¬
stiger Arrestant sei mit dem Kopf auf dem Pflaster durch die Straße
geschleift worden, und der schleiflustige Gensdarm habe zwei vorüber¬
gehende Harmlose (Berliner) dergestalt in den Arm verwundet, daß
der Eine amputirt worden! Unser liberaler Polizeipräsident, der sich
erst kürzlich zu einer Erwiederung gegen Dr. Meyen herabließ, hat
auch diesmal die öffentliche Meinung berichtigt, oder vielmehr die An¬
wartschaft auf eine Berichtigung gegeben, die Berichtigung selbst soll
erst die Untersuchung liefern, -- natürlich, wenn bis dahin die ganze
Geschichte nicht vergessen ist. Vorläufig erfährt man, daß der "un¬
berufene" ärztliche Zeuge bestraft wurde. "Möge dies Beispiel als
Warnung dienen." Wer den verunglückten Schneider versorgen werde,
fragen Sie? Wer anders als die städtische Armenkasse. Daß sie Z"
dergleichen nicht ungerne bereit ist, hat dieselbe bei einem ähnlichen
Vorfall bewiesen. Vor einigen Jahren wurde ein Handwerker von
einer königlichen Earrosse überfahren. Da er ganzlich arbeitsunfähig
aus der Charit^ entlassen wurde, meldete er sich beim Hofmarschall¬
amt, wo er auch wirklich zwölf Thaler erhielt, -- nicht monatlich
oder jährlich, sondern ein für alle Mal. Damit aber war der Un¬
dankbare nicht zufrieden. Er wendete sich an die Stadtarmenkasse,
diese wieder an das Hofmarschallamt, es wurde einige Mal hin- und


sen, ist es den Dichtern freigestellt, für ihre Stücke entweder die Tan¬
tieme, oder das herkömmliche Honorar zu fordern. Deinhardstein'S
Motesens war angenommen worden, und als kluger Mann, der die
Sicherheit liebt, hatte der Verfasser das ein für allemal zählbare Ho¬
norar angesprochen. Motesens kam zur Aufführung, um nach den
drei unausweichlichen Vorstellungen auf ewig vom Repertoire zu ver¬
schwinden. Bei der Tauen'me-Einrichtung wäre der Betrag nicht auf
die Hälfte der gezählten Summe gestiegen.


Francis.
II.
Aus Berlin.

Freiheit der Polizei. — Das Hofmarschallamt und die Armen.Direction. —
Literarisches. — Woeniger; Bruno Bauer.

Der unangenehme „Vorfall" hier zwischen einem Gensdarmen
und zwei Schneidergesellen, in Folge dessen, des Vorfalls nämlich,
dem einen Schneider der rechte Arm abgenommen werden mußte, ist
sehr unnützer Weise durch subversive Correspondenzen zur Kenntniß
des größeren Publicums gekommen. <imo tu- Knut nuur »n<! vim-Jott,'!
Der Arm eines Schneiders! Wer erlaubt dem Schneidergesellen, in
die Nähe betrunkener Gensdarmen zu gehen? Nun tritt noch
obendrein ein unbefugter Arzt auf und erzählt die ganze Geschichte
in der Vossischen Zeitung, und alle Welt erfährt nun, ein widerspen¬
stiger Arrestant sei mit dem Kopf auf dem Pflaster durch die Straße
geschleift worden, und der schleiflustige Gensdarm habe zwei vorüber¬
gehende Harmlose (Berliner) dergestalt in den Arm verwundet, daß
der Eine amputirt worden! Unser liberaler Polizeipräsident, der sich
erst kürzlich zu einer Erwiederung gegen Dr. Meyen herabließ, hat
auch diesmal die öffentliche Meinung berichtigt, oder vielmehr die An¬
wartschaft auf eine Berichtigung gegeben, die Berichtigung selbst soll
erst die Untersuchung liefern, — natürlich, wenn bis dahin die ganze
Geschichte nicht vergessen ist. Vorläufig erfährt man, daß der „un¬
berufene" ärztliche Zeuge bestraft wurde. „Möge dies Beispiel als
Warnung dienen." Wer den verunglückten Schneider versorgen werde,
fragen Sie? Wer anders als die städtische Armenkasse. Daß sie Z"
dergleichen nicht ungerne bereit ist, hat dieselbe bei einem ähnlichen
Vorfall bewiesen. Vor einigen Jahren wurde ein Handwerker von
einer königlichen Earrosse überfahren. Da er ganzlich arbeitsunfähig
aus der Charit^ entlassen wurde, meldete er sich beim Hofmarschall¬
amt, wo er auch wirklich zwölf Thaler erhielt, — nicht monatlich
oder jährlich, sondern ein für alle Mal. Damit aber war der Un¬
dankbare nicht zufrieden. Er wendete sich an die Stadtarmenkasse,
diese wieder an das Hofmarschallamt, es wurde einige Mal hin- und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/729>, abgerufen am 06.05.2024.