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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Mißbilligung hinsichtlich Lorenzo's Verhältniß zu dem jungen Mäd¬
chen hatte sie diese Maßregel nothwendig erachten lassen.

Mit unverkennbaren Zeichen von Liebe und Betrübniß sagte die
Fürstin ihr Lebewohl, und wie lange standen darauf die beiden Freun¬
dinnen Arm in Arm an dem offenen Fenster in Elisa's Zimmer,
thränenvoll in die Herrlichkeit der florentinischen Nacht hinausschauend!

-- Eine Ahnung sagt mir es, wir werden uns nicht wieder se¬
hen! seufzte Elisa. -- Ja, wir sind dem Unglück geweiht; auch ich
glaube es, entgegnete Marianna. Dann tauschten sie noch Ringe
und Locken und fielen sich immer wieder noch ein Mal in die Arme,
bis endliches Scheiden die Nothwendigkeit gebot und mit verhülltem
Antlitz Marianna davon wankte, während die Zurückbleibende auf
ihre Kniee sank und darnach trachtete, im Gebet Kräfte zu sammeln,




Auszug cinco Dricfcs ans Florci:; "lo Schluß.

-- Sie wollen wissen, ob die Fürstin Martini, deren wohlwol¬
lendes Wesen einen so angenehmen Eindruck auf Sie gemacht, glück¬
lich von ihrer Reise nach Rußland zurückgekehrt? Die Aermste wird
nimmer wieder den kalten Newa-Strand mit den lachenden Ufern des
Arno vertauschen, denn sie ist gestorben dort, und zwar schon in den
ersten Tagen ihrer Ankunft. Die Seereise hatte sie außerordentlich
allgegriffen; das Erbrechen war bis zum Blutauswurf gediehen, und
so war sie denn bereits sehr krank in Petersburg angelangt und starb,
wenn schon im Vaterlande, doch im Gasthofe, unter Fremden, und
nicht einmal Religionötrost ist ihr zu Theil geworden.

Als sie sich mit dem Fürsten Martini vermählte, war sie von
dem griechischen zum katholischen Glaubensbekenntniß übergetreten,
was die russische Regierung ignorirt und ihre Güter nicht confiscire
hatte, wie es sonst das Gesetz vorschreibt, in den letzten Augenblicken
aber blieb sie nun sowohl ohne griechischen, wie ohne katholischen
Priester; ja, eS sollen sogar ärgerliche Scenen deshalb stattgefunden
haben. Welch' arges Geschick für eine Frau, die so gut und wohl¬
thätig war, wie unsere Fürstin Martini! Ich höre noch, wie sie, die
stets an Echauffement litt, bei meinem Abschiedsbesuch lächelnd und


Mißbilligung hinsichtlich Lorenzo's Verhältniß zu dem jungen Mäd¬
chen hatte sie diese Maßregel nothwendig erachten lassen.

Mit unverkennbaren Zeichen von Liebe und Betrübniß sagte die
Fürstin ihr Lebewohl, und wie lange standen darauf die beiden Freun¬
dinnen Arm in Arm an dem offenen Fenster in Elisa's Zimmer,
thränenvoll in die Herrlichkeit der florentinischen Nacht hinausschauend!

— Eine Ahnung sagt mir es, wir werden uns nicht wieder se¬
hen! seufzte Elisa. — Ja, wir sind dem Unglück geweiht; auch ich
glaube es, entgegnete Marianna. Dann tauschten sie noch Ringe
und Locken und fielen sich immer wieder noch ein Mal in die Arme,
bis endliches Scheiden die Nothwendigkeit gebot und mit verhülltem
Antlitz Marianna davon wankte, während die Zurückbleibende auf
ihre Kniee sank und darnach trachtete, im Gebet Kräfte zu sammeln,




Auszug cinco Dricfcs ans Florci:; „lo Schluß.

— Sie wollen wissen, ob die Fürstin Martini, deren wohlwol¬
lendes Wesen einen so angenehmen Eindruck auf Sie gemacht, glück¬
lich von ihrer Reise nach Rußland zurückgekehrt? Die Aermste wird
nimmer wieder den kalten Newa-Strand mit den lachenden Ufern des
Arno vertauschen, denn sie ist gestorben dort, und zwar schon in den
ersten Tagen ihrer Ankunft. Die Seereise hatte sie außerordentlich
allgegriffen; das Erbrechen war bis zum Blutauswurf gediehen, und
so war sie denn bereits sehr krank in Petersburg angelangt und starb,
wenn schon im Vaterlande, doch im Gasthofe, unter Fremden, und
nicht einmal Religionötrost ist ihr zu Theil geworden.

Als sie sich mit dem Fürsten Martini vermählte, war sie von
dem griechischen zum katholischen Glaubensbekenntniß übergetreten,
was die russische Regierung ignorirt und ihre Güter nicht confiscire
hatte, wie es sonst das Gesetz vorschreibt, in den letzten Augenblicken
aber blieb sie nun sowohl ohne griechischen, wie ohne katholischen
Priester; ja, eS sollen sogar ärgerliche Scenen deshalb stattgefunden
haben. Welch' arges Geschick für eine Frau, die so gut und wohl¬
thätig war, wie unsere Fürstin Martini! Ich höre noch, wie sie, die
stets an Echauffement litt, bei meinem Abschiedsbesuch lächelnd und


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[0311] Mißbilligung hinsichtlich Lorenzo's Verhältniß zu dem jungen Mäd¬ chen hatte sie diese Maßregel nothwendig erachten lassen. Mit unverkennbaren Zeichen von Liebe und Betrübniß sagte die Fürstin ihr Lebewohl, und wie lange standen darauf die beiden Freun¬ dinnen Arm in Arm an dem offenen Fenster in Elisa's Zimmer, thränenvoll in die Herrlichkeit der florentinischen Nacht hinausschauend! — Eine Ahnung sagt mir es, wir werden uns nicht wieder se¬ hen! seufzte Elisa. — Ja, wir sind dem Unglück geweiht; auch ich glaube es, entgegnete Marianna. Dann tauschten sie noch Ringe und Locken und fielen sich immer wieder noch ein Mal in die Arme, bis endliches Scheiden die Nothwendigkeit gebot und mit verhülltem Antlitz Marianna davon wankte, während die Zurückbleibende auf ihre Kniee sank und darnach trachtete, im Gebet Kräfte zu sammeln, Auszug cinco Dricfcs ans Florci:; „lo Schluß. — Sie wollen wissen, ob die Fürstin Martini, deren wohlwol¬ lendes Wesen einen so angenehmen Eindruck auf Sie gemacht, glück¬ lich von ihrer Reise nach Rußland zurückgekehrt? Die Aermste wird nimmer wieder den kalten Newa-Strand mit den lachenden Ufern des Arno vertauschen, denn sie ist gestorben dort, und zwar schon in den ersten Tagen ihrer Ankunft. Die Seereise hatte sie außerordentlich allgegriffen; das Erbrechen war bis zum Blutauswurf gediehen, und so war sie denn bereits sehr krank in Petersburg angelangt und starb, wenn schon im Vaterlande, doch im Gasthofe, unter Fremden, und nicht einmal Religionötrost ist ihr zu Theil geworden. Als sie sich mit dem Fürsten Martini vermählte, war sie von dem griechischen zum katholischen Glaubensbekenntniß übergetreten, was die russische Regierung ignorirt und ihre Güter nicht confiscire hatte, wie es sonst das Gesetz vorschreibt, in den letzten Augenblicken aber blieb sie nun sowohl ohne griechischen, wie ohne katholischen Priester; ja, eS sollen sogar ärgerliche Scenen deshalb stattgefunden haben. Welch' arges Geschick für eine Frau, die so gut und wohl¬ thätig war, wie unsere Fürstin Martini! Ich höre noch, wie sie, die stets an Echauffement litt, bei meinem Abschiedsbesuch lächelnd und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/311>, abgerufen am 06.05.2024.