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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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es bedarf dann des geringsten Anlasses, um sein Müthchen an ihm
zu kühlen. -- Auf diese Art wird also die wohlmeinende Absicht,
dem gemeinen Soldaten das Auslangen mit seinem kargen Solde zu
erleichtern, durch die unersättliche Habsucht dieser kleinen Wichte nicht
nur vereitelt, sondern selbe zu seinem Verderben und Nachtheile verkehrt.




VI.
Das ....Rechnen.

Ich habe ferner erwähnt, daß die Districts- und Postocomman-
dcmten den Gewalthabern aller Branchen Gefälligkeiten erweisen kön¬
nen, und ich setze hier noch bei, daß oft die wichtigsten dienstlichen
Entscheidungen von ihrer größeren oder minderen launenhaften Ge¬
fälligkeit abhängen. Alle Regimenter z. B. fassen ihre Gewehre, Ka¬
rabiner, Pistolen u. s. w. von der Garnisonsartillerie, und wie sehr
den betreffenden Regimentern daran gelegen sein muß, gute Waffen
zu bekommen, ist einleuchtend, nachdem jede Waffe ihre bestimmte Ka¬
tegorie hat und der Unterhalt derselben von dem ausgeworfenen Pau¬
schale vom Negimentscommcmdanten bestritten werden muß. In den
Arsenälen gibt es Vorräthe, -- man weiß, welche Gewehrläufe bes¬
ser oder schlechter sind, weil man weiß, aus welchen Eisenminen die
sogenannten Brände gewonnen worden; man weiß z. B>, daß die
Gewehrläufe von Brescia viel besser, als jene von Stadt Steyer
sind, und es hängt daher nur von der Laune, oder von der Gefäl¬
ligkeit des Arsenalcommandanten ab, ob dieses oder jenes Regiment
mit guten oder besseren Waffen (denn gut sollen alle sein) betheilt
wird. Noch auffallender tritt das Pouvoir dieser Garnisonöartille-
riecommandanten bei dem Austausch und der Abgabe der Gewehre
selbst hervor, nachdem durch die von denselben geleiteten Untersuchungs-
Commissionen der betreffende Regimentscommandat nach der Classi-
fication der abgegebenen Gewehre entweder zu keinem, oder zu einem
großen Schadenersatze wegen muthwilliger Beschädigungen, abgängi¬
ger Bestandtheile u. s w. verurtheilt wird.

In diesem Falle muß man aber fragen, ob der Herr Garni^
sonsartilleriecommandant etwas von Gewehren versteht. Eine enorme
Absurdität ist es, die Beurtheilung der Infanterie- und sonstigen Ge¬
wehre den Artillerieoffizieren zu übertragen und zu überlassen, von


es bedarf dann des geringsten Anlasses, um sein Müthchen an ihm
zu kühlen. — Auf diese Art wird also die wohlmeinende Absicht,
dem gemeinen Soldaten das Auslangen mit seinem kargen Solde zu
erleichtern, durch die unersättliche Habsucht dieser kleinen Wichte nicht
nur vereitelt, sondern selbe zu seinem Verderben und Nachtheile verkehrt.




VI.
Das ....Rechnen.

Ich habe ferner erwähnt, daß die Districts- und Postocomman-
dcmten den Gewalthabern aller Branchen Gefälligkeiten erweisen kön¬
nen, und ich setze hier noch bei, daß oft die wichtigsten dienstlichen
Entscheidungen von ihrer größeren oder minderen launenhaften Ge¬
fälligkeit abhängen. Alle Regimenter z. B. fassen ihre Gewehre, Ka¬
rabiner, Pistolen u. s. w. von der Garnisonsartillerie, und wie sehr
den betreffenden Regimentern daran gelegen sein muß, gute Waffen
zu bekommen, ist einleuchtend, nachdem jede Waffe ihre bestimmte Ka¬
tegorie hat und der Unterhalt derselben von dem ausgeworfenen Pau¬
schale vom Negimentscommcmdanten bestritten werden muß. In den
Arsenälen gibt es Vorräthe, — man weiß, welche Gewehrläufe bes¬
ser oder schlechter sind, weil man weiß, aus welchen Eisenminen die
sogenannten Brände gewonnen worden; man weiß z. B>, daß die
Gewehrläufe von Brescia viel besser, als jene von Stadt Steyer
sind, und es hängt daher nur von der Laune, oder von der Gefäl¬
ligkeit des Arsenalcommandanten ab, ob dieses oder jenes Regiment
mit guten oder besseren Waffen (denn gut sollen alle sein) betheilt
wird. Noch auffallender tritt das Pouvoir dieser Garnisonöartille-
riecommandanten bei dem Austausch und der Abgabe der Gewehre
selbst hervor, nachdem durch die von denselben geleiteten Untersuchungs-
Commissionen der betreffende Regimentscommandat nach der Classi-
fication der abgegebenen Gewehre entweder zu keinem, oder zu einem
großen Schadenersatze wegen muthwilliger Beschädigungen, abgängi¬
ger Bestandtheile u. s w. verurtheilt wird.

In diesem Falle muß man aber fragen, ob der Herr Garni^
sonsartilleriecommandant etwas von Gewehren versteht. Eine enorme
Absurdität ist es, die Beurtheilung der Infanterie- und sonstigen Ge¬
wehre den Artillerieoffizieren zu übertragen und zu überlassen, von


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[0470] es bedarf dann des geringsten Anlasses, um sein Müthchen an ihm zu kühlen. — Auf diese Art wird also die wohlmeinende Absicht, dem gemeinen Soldaten das Auslangen mit seinem kargen Solde zu erleichtern, durch die unersättliche Habsucht dieser kleinen Wichte nicht nur vereitelt, sondern selbe zu seinem Verderben und Nachtheile verkehrt. VI. Das ....Rechnen. Ich habe ferner erwähnt, daß die Districts- und Postocomman- dcmten den Gewalthabern aller Branchen Gefälligkeiten erweisen kön¬ nen, und ich setze hier noch bei, daß oft die wichtigsten dienstlichen Entscheidungen von ihrer größeren oder minderen launenhaften Ge¬ fälligkeit abhängen. Alle Regimenter z. B. fassen ihre Gewehre, Ka¬ rabiner, Pistolen u. s. w. von der Garnisonsartillerie, und wie sehr den betreffenden Regimentern daran gelegen sein muß, gute Waffen zu bekommen, ist einleuchtend, nachdem jede Waffe ihre bestimmte Ka¬ tegorie hat und der Unterhalt derselben von dem ausgeworfenen Pau¬ schale vom Negimentscommcmdanten bestritten werden muß. In den Arsenälen gibt es Vorräthe, — man weiß, welche Gewehrläufe bes¬ ser oder schlechter sind, weil man weiß, aus welchen Eisenminen die sogenannten Brände gewonnen worden; man weiß z. B>, daß die Gewehrläufe von Brescia viel besser, als jene von Stadt Steyer sind, und es hängt daher nur von der Laune, oder von der Gefäl¬ ligkeit des Arsenalcommandanten ab, ob dieses oder jenes Regiment mit guten oder besseren Waffen (denn gut sollen alle sein) betheilt wird. Noch auffallender tritt das Pouvoir dieser Garnisonöartille- riecommandanten bei dem Austausch und der Abgabe der Gewehre selbst hervor, nachdem durch die von denselben geleiteten Untersuchungs- Commissionen der betreffende Regimentscommandat nach der Classi- fication der abgegebenen Gewehre entweder zu keinem, oder zu einem großen Schadenersatze wegen muthwilliger Beschädigungen, abgängi¬ ger Bestandtheile u. s w. verurtheilt wird. In diesem Falle muß man aber fragen, ob der Herr Garni^ sonsartilleriecommandant etwas von Gewehren versteht. Eine enorme Absurdität ist es, die Beurtheilung der Infanterie- und sonstigen Ge¬ wehre den Artillerieoffizieren zu übertragen und zu überlassen, von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/470>, abgerufen am 06.05.2024.