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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester.

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Compagnie Dinge in Schlesien, welche jedoch zit abgeschmackt waren,
als daß die Machthaber irgend wie davon Notiz genommen. Denn
man hört so eben, daß Mit in Berlin keine besondere Beachtung erfah¬
ren und mit seiner Bitte uM Concession einer wahrhaft conservativen
Zeitung rundweg abgewiesen worden sei. Dem I)t WcidemaNn ge¬
lingt es auch nicht, seinen "obetschlestschen Zuständen" Leser zu ver¬
schaffen > obgleich alle seine Operationen eigentlich dahin zielen. Das
jar rutilis it-all-um hat sich lächerlich gemacht, weiter Nichts! Unter
die Kategorie des Großartig-Lächerlichen fällt auch der Aufruf, den
neulich Wir an die "nüchternen Pollaken" richtete, "zu Ehren der
gnadenreichen Gottesmutter, unter deren Schutz die Sache der Mäßig¬
keit vollbracht wurde, den reichsten Altar im Dome zu Köln zu wei¬
hen." Wit verdiente für diesen Aufruf, der nichts Anderes bezweckt,
als dem atmen Volke das Geld aus den Taschen zu lungern, wirklich
in's Tollhaus gesperrt zu Werden. -- Ueber andere Curiositäten Ober-
schlesiens berichte ich Ihnen nächstens. So viel vernehmen Sie nur
noch, daß unter den Geistlichen auf Anregung des von jeher bünd-
nerisch gesinnten Wit eine geheime Verbrüderung bestehen soll, welche
auf jesuitische Tendenzen hinausläuft. Man erzählt sich, daß unter
Obhut dieses Bundes eine geheime Druckerei thätig sei, welcher Um¬
stand dadurch allerdings Wahrscheinlichkeit erhält, daß all die Sto߬
seufzer, Marienbüchlein, Mäßigkeitslieder und selbst die Pamphlete,
welche Wit zu Tausenden unter das Volk ausstreut, ohne Angabe des
Druckorts und des Druckers erschienen sind. x.


III.
Notizen.

Kühne's Kaiser Friedrich auf der Leipziger Bühne. -- Kelch und Schwert. --
Auch Du Brutus! --

-- Kühne'S "Kaiser Friedrich inPrag," derbereits inHannover, Mann¬
heim und Magdeburg lebhaften Beifall gefunden, ist endlich am 25.
Febr^ zum ersten Mal auch über die hiesigen Bretter gegangen. Das
Publicum folgte der Darstellung mit großer theilnehmender Aufmerk¬
samkeit, die öfters, namentlich in den humoristisch-politischen Scenen,
ne unwillkürlichen Beifall ausbrach, und zuletzt wurde der Verfasser
vom ganzen Hause gerufen. Es ist Schade,- daß grade dies Drama
durch Stoss und Färbung von den größern, mit den erforderlichen
Mitteln gerüsteten Bühnen (Wiens, Dresdens und Berlins) sich selbst
ausschließt Kaiser Friedrich, den der Verf. zum Typus einer gewissen
modernen Regentengattung -l ti" Ludwig XI. oder Louis Philipp ge¬
macht hat, ist eine zu sprechende Tendcnzsigur, um auf den Brettern
einer Hofbühne zu erscheinen; Friedrich ist, schon' als Deutscher, ge¬
müthlicher als die gekrönten- Politiker Frankreichs, aber nicht weniger


Compagnie Dinge in Schlesien, welche jedoch zit abgeschmackt waren,
als daß die Machthaber irgend wie davon Notiz genommen. Denn
man hört so eben, daß Mit in Berlin keine besondere Beachtung erfah¬
ren und mit seiner Bitte uM Concession einer wahrhaft conservativen
Zeitung rundweg abgewiesen worden sei. Dem I)t WcidemaNn ge¬
lingt es auch nicht, seinen „obetschlestschen Zuständen" Leser zu ver¬
schaffen > obgleich alle seine Operationen eigentlich dahin zielen. Das
jar rutilis it-all-um hat sich lächerlich gemacht, weiter Nichts! Unter
die Kategorie des Großartig-Lächerlichen fällt auch der Aufruf, den
neulich Wir an die „nüchternen Pollaken" richtete, „zu Ehren der
gnadenreichen Gottesmutter, unter deren Schutz die Sache der Mäßig¬
keit vollbracht wurde, den reichsten Altar im Dome zu Köln zu wei¬
hen." Wit verdiente für diesen Aufruf, der nichts Anderes bezweckt,
als dem atmen Volke das Geld aus den Taschen zu lungern, wirklich
in's Tollhaus gesperrt zu Werden. — Ueber andere Curiositäten Ober-
schlesiens berichte ich Ihnen nächstens. So viel vernehmen Sie nur
noch, daß unter den Geistlichen auf Anregung des von jeher bünd-
nerisch gesinnten Wit eine geheime Verbrüderung bestehen soll, welche
auf jesuitische Tendenzen hinausläuft. Man erzählt sich, daß unter
Obhut dieses Bundes eine geheime Druckerei thätig sei, welcher Um¬
stand dadurch allerdings Wahrscheinlichkeit erhält, daß all die Sto߬
seufzer, Marienbüchlein, Mäßigkeitslieder und selbst die Pamphlete,
welche Wit zu Tausenden unter das Volk ausstreut, ohne Angabe des
Druckorts und des Druckers erschienen sind. x.


III.
Notizen.

Kühne's Kaiser Friedrich auf der Leipziger Bühne. — Kelch und Schwert. —
Auch Du Brutus! —

— Kühne'S „Kaiser Friedrich inPrag," derbereits inHannover, Mann¬
heim und Magdeburg lebhaften Beifall gefunden, ist endlich am 25.
Febr^ zum ersten Mal auch über die hiesigen Bretter gegangen. Das
Publicum folgte der Darstellung mit großer theilnehmender Aufmerk¬
samkeit, die öfters, namentlich in den humoristisch-politischen Scenen,
ne unwillkürlichen Beifall ausbrach, und zuletzt wurde der Verfasser
vom ganzen Hause gerufen. Es ist Schade,- daß grade dies Drama
durch Stoss und Färbung von den größern, mit den erforderlichen
Mitteln gerüsteten Bühnen (Wiens, Dresdens und Berlins) sich selbst
ausschließt Kaiser Friedrich, den der Verf. zum Typus einer gewissen
modernen Regentengattung -l ti» Ludwig XI. oder Louis Philipp ge¬
macht hat, ist eine zu sprechende Tendcnzsigur, um auf den Brettern
einer Hofbühne zu erscheinen; Friedrich ist, schon' als Deutscher, ge¬
müthlicher als die gekrönten- Politiker Frankreichs, aber nicht weniger


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_269416/496>, abgerufen am 06.05.2024.