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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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Gallisch,ab Germanisch.



In dem Landtagsabschiede vom 30. Decbr. 184Z erklärte der
König von Preußen den Antrag des rheinischen Provinziallandtags,
einen neuen, auf die französische Gesetzgebung gegründeten Strafge¬
setzentwurf ausarbeiten zu lassen, um so entschiedener zurückweisen zu
müssen, da Allerhöchstsie es sich zu einer Hauptaufgabe gestellt, deut¬
sches Wesen und deutschen Sinn in jeder Richtung zu starken.
Der diesjährige rheinische Landtag hat diese Erklärung in seiner
Adresse verwahrend berührt und dabei hervorgehoben, daß diese Ge¬
setzgebung seit einem halben Jahrhundert in den Rheinlanden hei¬
misch, in ihren urgermanischen Institutionen von andern Theilen
des Vaterlandes vielfach ersehnt, in ihrem eigenthümlichen Werthe
vo>l der Wissenschaft erkannt und deren Publication als rheinisch¬
preußisches Recht verordnet sei. Daß die rheinisch-französische Straf¬
gesetzgebung zu germanischen Prinzipien zurückgekehrt sei, möchte nicht
weiter in Zweifel zu ziehen sein. Nicht uninteressant erscheint, da
die Absicht des Königs dahin geht, "deutsches Wesen und
deutschen Sinn in jeder Richtung zu stärken," die Untersuchung
der Frage, worin deutsches Wesen und deutscher Sinn bestehe und
inwiefern unsere Institutionen diesem entsprechen, inwiefern franzö¬
sische Institutionen deutschem Wesen mehr zusagen, indem sie
deutsches Wesen in sich aufgenommen. Deshalb hat, wie Mitter¬
mai er versichert, die französische Gesetzgebung im Allgemeinen, beson¬
ders der collo civil, bei denjenigen deutschen Volksstämmen, die mit ihr be¬
kannt geworden, soviel Anklang gefunden, weil altfränkische, also ger¬
manische coutumes in ihr aufgenommen. Damit übereinstimmend
behauptet Gaupp: der co^e hat ja in vielen Hauptlehren, z. B.


Gallisch,ab Germanisch.



In dem Landtagsabschiede vom 30. Decbr. 184Z erklärte der
König von Preußen den Antrag des rheinischen Provinziallandtags,
einen neuen, auf die französische Gesetzgebung gegründeten Strafge¬
setzentwurf ausarbeiten zu lassen, um so entschiedener zurückweisen zu
müssen, da Allerhöchstsie es sich zu einer Hauptaufgabe gestellt, deut¬
sches Wesen und deutschen Sinn in jeder Richtung zu starken.
Der diesjährige rheinische Landtag hat diese Erklärung in seiner
Adresse verwahrend berührt und dabei hervorgehoben, daß diese Ge¬
setzgebung seit einem halben Jahrhundert in den Rheinlanden hei¬
misch, in ihren urgermanischen Institutionen von andern Theilen
des Vaterlandes vielfach ersehnt, in ihrem eigenthümlichen Werthe
vo>l der Wissenschaft erkannt und deren Publication als rheinisch¬
preußisches Recht verordnet sei. Daß die rheinisch-französische Straf¬
gesetzgebung zu germanischen Prinzipien zurückgekehrt sei, möchte nicht
weiter in Zweifel zu ziehen sein. Nicht uninteressant erscheint, da
die Absicht des Königs dahin geht, „deutsches Wesen und
deutschen Sinn in jeder Richtung zu stärken," die Untersuchung
der Frage, worin deutsches Wesen und deutscher Sinn bestehe und
inwiefern unsere Institutionen diesem entsprechen, inwiefern franzö¬
sische Institutionen deutschem Wesen mehr zusagen, indem sie
deutsches Wesen in sich aufgenommen. Deshalb hat, wie Mitter¬
mai er versichert, die französische Gesetzgebung im Allgemeinen, beson¬
ders der collo civil, bei denjenigen deutschen Volksstämmen, die mit ihr be¬
kannt geworden, soviel Anklang gefunden, weil altfränkische, also ger¬
manische coutumes in ihr aufgenommen. Damit übereinstimmend
behauptet Gaupp: der co^e hat ja in vielen Hauptlehren, z. B.


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[0018] Gallisch,ab Germanisch. In dem Landtagsabschiede vom 30. Decbr. 184Z erklärte der König von Preußen den Antrag des rheinischen Provinziallandtags, einen neuen, auf die französische Gesetzgebung gegründeten Strafge¬ setzentwurf ausarbeiten zu lassen, um so entschiedener zurückweisen zu müssen, da Allerhöchstsie es sich zu einer Hauptaufgabe gestellt, deut¬ sches Wesen und deutschen Sinn in jeder Richtung zu starken. Der diesjährige rheinische Landtag hat diese Erklärung in seiner Adresse verwahrend berührt und dabei hervorgehoben, daß diese Ge¬ setzgebung seit einem halben Jahrhundert in den Rheinlanden hei¬ misch, in ihren urgermanischen Institutionen von andern Theilen des Vaterlandes vielfach ersehnt, in ihrem eigenthümlichen Werthe vo>l der Wissenschaft erkannt und deren Publication als rheinisch¬ preußisches Recht verordnet sei. Daß die rheinisch-französische Straf¬ gesetzgebung zu germanischen Prinzipien zurückgekehrt sei, möchte nicht weiter in Zweifel zu ziehen sein. Nicht uninteressant erscheint, da die Absicht des Königs dahin geht, „deutsches Wesen und deutschen Sinn in jeder Richtung zu stärken," die Untersuchung der Frage, worin deutsches Wesen und deutscher Sinn bestehe und inwiefern unsere Institutionen diesem entsprechen, inwiefern franzö¬ sische Institutionen deutschem Wesen mehr zusagen, indem sie deutsches Wesen in sich aufgenommen. Deshalb hat, wie Mitter¬ mai er versichert, die französische Gesetzgebung im Allgemeinen, beson¬ ders der collo civil, bei denjenigen deutschen Volksstämmen, die mit ihr be¬ kannt geworden, soviel Anklang gefunden, weil altfränkische, also ger¬ manische coutumes in ihr aufgenommen. Damit übereinstimmend behauptet Gaupp: der co^e hat ja in vielen Hauptlehren, z. B.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/18>, abgerufen am 27.04.2024.