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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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Ein Buchbinder.
Handwerkernovelle.
Bon Eduard Boas.



Fünftes Capitel.

Trappe und seine Frau hatten öfters von ihrer Tochter ge¬
sprochen, und als Bims etwa vier Wochen im Hause war, wur¬
den zur Heimkehr des Mädchens Vorbereitungen getroffen. Die Mei¬
sterin hatte einen Bruder, der Theologe war und seit sechs Jahren
die Predigerstelle im Dorfe Wilhelmsruh bekleidete. Bei diesem be¬
fand sich Georgine, um von ihm erzogen und ausgebildet zu wer¬
den. Wenn die Eltern ihrer erwähnten, geschah es immer, als ob
es sich um ein kleines Kind handle, und der Gesell hatte deshalb
geringe Rücksicht darauf genommen. Jetzt wunderte er sich wohl,
als man im ersten Stockwerk des Häuschens ein Zimmer, welches
bisher leer gestanden, für das Mädchen einrichtete, und eine große
Sorgfalt verwendete, es geschmackvoll, wenn auch einfach, zu verzie¬
ren, doch Bims schlug sich das bald aus dem Sinne, und hielt die
überflüssige Zärtlichkeit den beiden Alten zu gut.

Die Meisterin reiste ab, und sollte an einem bestimmten Tage
mit ihrer Tochter zurückkommen. Trappe, sonst ein ruhiger, arbeit¬
samer Mann, hatte heut keine Ausdauer an der Heftlade, er kramte
in der Werkstatt umher, ohne zu wissen, was er eigentlich suche, und
sobald ein Wagen durch die Straße rollte, flog er an's Fenster.
Aber es war ihm nicht zu verdenken, denn er erwartete ja Georgi¬
nen, sein einziges Kind, für das allein er gespart und gearbeitet
hatte. Nachmittags ließ sich von neuem Gerassel vernehmen, der
Meister schaute durch die Scheiben und lief eilig vor die Thüre
hinaus. Da hielt auch der Kutscher bereits die Pferde an, und
aus dem grünen Korbwagen warf Georgine sich in ihres Vaters Arme.


Ein Buchbinder.
Handwerkernovelle.
Bon Eduard Boas.



Fünftes Capitel.

Trappe und seine Frau hatten öfters von ihrer Tochter ge¬
sprochen, und als Bims etwa vier Wochen im Hause war, wur¬
den zur Heimkehr des Mädchens Vorbereitungen getroffen. Die Mei¬
sterin hatte einen Bruder, der Theologe war und seit sechs Jahren
die Predigerstelle im Dorfe Wilhelmsruh bekleidete. Bei diesem be¬
fand sich Georgine, um von ihm erzogen und ausgebildet zu wer¬
den. Wenn die Eltern ihrer erwähnten, geschah es immer, als ob
es sich um ein kleines Kind handle, und der Gesell hatte deshalb
geringe Rücksicht darauf genommen. Jetzt wunderte er sich wohl,
als man im ersten Stockwerk des Häuschens ein Zimmer, welches
bisher leer gestanden, für das Mädchen einrichtete, und eine große
Sorgfalt verwendete, es geschmackvoll, wenn auch einfach, zu verzie¬
ren, doch Bims schlug sich das bald aus dem Sinne, und hielt die
überflüssige Zärtlichkeit den beiden Alten zu gut.

Die Meisterin reiste ab, und sollte an einem bestimmten Tage
mit ihrer Tochter zurückkommen. Trappe, sonst ein ruhiger, arbeit¬
samer Mann, hatte heut keine Ausdauer an der Heftlade, er kramte
in der Werkstatt umher, ohne zu wissen, was er eigentlich suche, und
sobald ein Wagen durch die Straße rollte, flog er an's Fenster.
Aber es war ihm nicht zu verdenken, denn er erwartete ja Georgi¬
nen, sein einziges Kind, für das allein er gespart und gearbeitet
hatte. Nachmittags ließ sich von neuem Gerassel vernehmen, der
Meister schaute durch die Scheiben und lief eilig vor die Thüre
hinaus. Da hielt auch der Kutscher bereits die Pferde an, und
aus dem grünen Korbwagen warf Georgine sich in ihres Vaters Arme.


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[0382] Ein Buchbinder. Handwerkernovelle. Bon Eduard Boas. Fünftes Capitel. Trappe und seine Frau hatten öfters von ihrer Tochter ge¬ sprochen, und als Bims etwa vier Wochen im Hause war, wur¬ den zur Heimkehr des Mädchens Vorbereitungen getroffen. Die Mei¬ sterin hatte einen Bruder, der Theologe war und seit sechs Jahren die Predigerstelle im Dorfe Wilhelmsruh bekleidete. Bei diesem be¬ fand sich Georgine, um von ihm erzogen und ausgebildet zu wer¬ den. Wenn die Eltern ihrer erwähnten, geschah es immer, als ob es sich um ein kleines Kind handle, und der Gesell hatte deshalb geringe Rücksicht darauf genommen. Jetzt wunderte er sich wohl, als man im ersten Stockwerk des Häuschens ein Zimmer, welches bisher leer gestanden, für das Mädchen einrichtete, und eine große Sorgfalt verwendete, es geschmackvoll, wenn auch einfach, zu verzie¬ ren, doch Bims schlug sich das bald aus dem Sinne, und hielt die überflüssige Zärtlichkeit den beiden Alten zu gut. Die Meisterin reiste ab, und sollte an einem bestimmten Tage mit ihrer Tochter zurückkommen. Trappe, sonst ein ruhiger, arbeit¬ samer Mann, hatte heut keine Ausdauer an der Heftlade, er kramte in der Werkstatt umher, ohne zu wissen, was er eigentlich suche, und sobald ein Wagen durch die Straße rollte, flog er an's Fenster. Aber es war ihm nicht zu verdenken, denn er erwartete ja Georgi¬ nen, sein einziges Kind, für das allein er gespart und gearbeitet hatte. Nachmittags ließ sich von neuem Gerassel vernehmen, der Meister schaute durch die Scheiben und lief eilig vor die Thüre hinaus. Da hielt auch der Kutscher bereits die Pferde an, und aus dem grünen Korbwagen warf Georgine sich in ihres Vaters Arme.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/382>, abgerufen am 27.04.2024.