Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Dort drüben los el" Andrer gar
Im heil'gar Katechismus,
Nun schnarcht der Gute wunderbar,
Thut das der Pietismus ?
Die Andern schlafen fest und gut
Auf harter Lagerstätte, --
Wer weiß, ob mancher Fürst so ruht
Im seidnen Daunenbette.
Nur Einer noch vor Allen wacht,
An's Fensterlein gelehnet-,
Er blicket in die helle Nackt, --
Mir scheint, sein Auge thränet.
Als er zu uns gekommen, war
Der Lenz auf seinen Wangen,
Und jetzt seit diesem halben Jahr
Ist alles Roth vergangen.
Ob er nach liebe Heimath will,
Nach fernem Lieb sich sehnet? --
Ich weiß es nicht, doch -- stille, still!
Wie leiser Schritt es donet ...
Die Route ist's; -- sie schleicht so sacht,
Als ob sie tücdsid wäre, --
Ihr Schläfer, hotta! aufgewacht!
Marsch unter die Gewehre!

IV.
Notiz e n.

Frankreich und die kleinern Sccstaatcn. -- Jtzsicin und Hecker. -- Romane
von Wilhelmine Lorenz, Louise Otto und Gustav vom See. -- Des "Herolds"
Replik. -- Heinrich Landesmann. -- Die Kölnische Zeitung und ihre Rathge¬
ber. -- Schlimme Lisel und Hexenprocesse. -- A. Weilt und Cormenin. -- Rüge.

-- Man schreibt uns eins Brüssel: "Zwischen Belgien, Holland, Sar¬
dinien, Neapel und Frankreich werden wichtige Negociationen gepflegt,
die zwar für den Augenblick keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen,
die aber, wenn sie gelingen, von großen Folgen sein werden. Louis
Phillipp hat nämlich die Lieblingsidee, die Mariner der kleinern See¬
staaten zu einem großen gemeinsamen Schutz - und Trutzbündniß unter
der Aegide Frankreichs zu vereinen. Den meisten Widerstand hat die
französische Diplomatie in dieser Beziehung in Neapel und bei uns
gefunden. Der König von Neapel will es mit Oesterreich, aus dessen
Macht in Italien er zwar sehr eifersüchtig ist, nicht geradezu ver¬
derben und sich eine Hinterthür offen lassen, durch die er bald mit
Wien, bald mit Paris verhandeln kann -- je nachdem der Moment
die eine oder die andere Politik nothwendig macht. Durch die Heirath
des Herzogs von Aumale soll jedoch die französische Politik einen großen
Stein im Brette gewonnen haben. Hier in Brüssel andererseits fürchtet


Dort drüben los el» Andrer gar
Im heil'gar Katechismus,
Nun schnarcht der Gute wunderbar,
Thut das der Pietismus ?
Die Andern schlafen fest und gut
Auf harter Lagerstätte, —
Wer weiß, ob mancher Fürst so ruht
Im seidnen Daunenbette.
Nur Einer noch vor Allen wacht,
An's Fensterlein gelehnet-,
Er blicket in die helle Nackt, —
Mir scheint, sein Auge thränet.
Als er zu uns gekommen, war
Der Lenz auf seinen Wangen,
Und jetzt seit diesem halben Jahr
Ist alles Roth vergangen.
Ob er nach liebe Heimath will,
Nach fernem Lieb sich sehnet? —
Ich weiß es nicht, doch — stille, still!
Wie leiser Schritt es donet ...
Die Route ist's; — sie schleicht so sacht,
Als ob sie tücdsid wäre, —
Ihr Schläfer, hotta! aufgewacht!
Marsch unter die Gewehre!

IV.
Notiz e n.

Frankreich und die kleinern Sccstaatcn. — Jtzsicin und Hecker. — Romane
von Wilhelmine Lorenz, Louise Otto und Gustav vom See. — Des „Herolds"
Replik. — Heinrich Landesmann. — Die Kölnische Zeitung und ihre Rathge¬
ber. — Schlimme Lisel und Hexenprocesse. — A. Weilt und Cormenin. — Rüge.

— Man schreibt uns eins Brüssel: „Zwischen Belgien, Holland, Sar¬
dinien, Neapel und Frankreich werden wichtige Negociationen gepflegt,
die zwar für den Augenblick keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen,
die aber, wenn sie gelingen, von großen Folgen sein werden. Louis
Phillipp hat nämlich die Lieblingsidee, die Mariner der kleinern See¬
staaten zu einem großen gemeinsamen Schutz - und Trutzbündniß unter
der Aegide Frankreichs zu vereinen. Den meisten Widerstand hat die
französische Diplomatie in dieser Beziehung in Neapel und bei uns
gefunden. Der König von Neapel will es mit Oesterreich, aus dessen
Macht in Italien er zwar sehr eifersüchtig ist, nicht geradezu ver¬
derben und sich eine Hinterthür offen lassen, durch die er bald mit
Wien, bald mit Paris verhandeln kann — je nachdem der Moment
die eine oder die andere Politik nothwendig macht. Durch die Heirath
des Herzogs von Aumale soll jedoch die französische Politik einen großen
Stein im Brette gewonnen haben. Hier in Brüssel andererseits fürchtet


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/270529"/>
            <lg xml:id="POEMID_19" type="poem">
              <l> Dort drüben los el» Andrer gar<lb/>
Im heil'gar Katechismus,<lb/>
Nun schnarcht der Gute wunderbar,<lb/>
Thut das der Pietismus ?</l>
              <l> Die Andern schlafen fest und gut<lb/>
Auf harter Lagerstätte, &#x2014;<lb/>
Wer weiß, ob mancher Fürst so ruht<lb/>
Im seidnen Daunenbette.</l>
              <l> Nur Einer noch vor Allen wacht,<lb/>
An's Fensterlein gelehnet-,<lb/>
Er blicket in die helle Nackt, &#x2014;<lb/>
Mir scheint, sein Auge thränet.</l>
              <l> Als er zu uns gekommen, war<lb/>
Der Lenz auf seinen Wangen,<lb/>
Und jetzt seit diesem halben Jahr<lb/>
Ist alles Roth vergangen.</l>
              <l> Ob er nach liebe Heimath will,<lb/>
Nach fernem Lieb sich sehnet? &#x2014;<lb/>
Ich weiß es nicht, doch &#x2014; stille, still!<lb/>
Wie leiser Schritt es donet ...</l>
              <l> Die Route ist's; &#x2014; sie schleicht so sacht,<lb/>
Als ob sie tücdsid wäre, &#x2014;<lb/>
Ihr Schläfer, hotta! aufgewacht!<lb/>
Marsch unter die Gewehre!</l>
            </lg><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> IV.<lb/>
Notiz e n.</head><lb/>
            <note type="argument"> Frankreich und die kleinern Sccstaatcn. &#x2014; Jtzsicin und Hecker. &#x2014; Romane<lb/>
von Wilhelmine Lorenz, Louise Otto und Gustav vom See. &#x2014; Des &#x201E;Herolds"<lb/>
Replik. &#x2014; Heinrich Landesmann. &#x2014; Die Kölnische Zeitung und ihre Rathge¬<lb/>
ber. &#x2014; Schlimme Lisel und Hexenprocesse. &#x2014; A. Weilt und Cormenin. &#x2014; Rüge.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_1317" next="#ID_1318"> &#x2014; Man schreibt uns eins Brüssel: &#x201E;Zwischen Belgien, Holland, Sar¬<lb/>
dinien, Neapel und Frankreich werden wichtige Negociationen gepflegt,<lb/>
die zwar für den Augenblick keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen,<lb/>
die aber, wenn sie gelingen, von großen Folgen sein werden. Louis<lb/>
Phillipp hat nämlich die Lieblingsidee, die Mariner der kleinern See¬<lb/>
staaten zu einem großen gemeinsamen Schutz - und Trutzbündniß unter<lb/>
der Aegide Frankreichs zu vereinen. Den meisten Widerstand hat die<lb/>
französische Diplomatie in dieser Beziehung in Neapel und bei uns<lb/>
gefunden. Der König von Neapel will es mit Oesterreich, aus dessen<lb/>
Macht in Italien er zwar sehr eifersüchtig ist, nicht geradezu ver¬<lb/>
derben und sich eine Hinterthür offen lassen, durch die er bald mit<lb/>
Wien, bald mit Paris verhandeln kann &#x2014; je nachdem der Moment<lb/>
die eine oder die andere Politik nothwendig macht. Durch die Heirath<lb/>
des Herzogs von Aumale soll jedoch die französische Politik einen großen<lb/>
Stein im Brette gewonnen haben. Hier in Brüssel andererseits fürchtet</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0470] Dort drüben los el» Andrer gar Im heil'gar Katechismus, Nun schnarcht der Gute wunderbar, Thut das der Pietismus ? Die Andern schlafen fest und gut Auf harter Lagerstätte, — Wer weiß, ob mancher Fürst so ruht Im seidnen Daunenbette. Nur Einer noch vor Allen wacht, An's Fensterlein gelehnet-, Er blicket in die helle Nackt, — Mir scheint, sein Auge thränet. Als er zu uns gekommen, war Der Lenz auf seinen Wangen, Und jetzt seit diesem halben Jahr Ist alles Roth vergangen. Ob er nach liebe Heimath will, Nach fernem Lieb sich sehnet? — Ich weiß es nicht, doch — stille, still! Wie leiser Schritt es donet ... Die Route ist's; — sie schleicht so sacht, Als ob sie tücdsid wäre, — Ihr Schläfer, hotta! aufgewacht! Marsch unter die Gewehre! IV. Notiz e n. Frankreich und die kleinern Sccstaatcn. — Jtzsicin und Hecker. — Romane von Wilhelmine Lorenz, Louise Otto und Gustav vom See. — Des „Herolds" Replik. — Heinrich Landesmann. — Die Kölnische Zeitung und ihre Rathge¬ ber. — Schlimme Lisel und Hexenprocesse. — A. Weilt und Cormenin. — Rüge. — Man schreibt uns eins Brüssel: „Zwischen Belgien, Holland, Sar¬ dinien, Neapel und Frankreich werden wichtige Negociationen gepflegt, die zwar für den Augenblick keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die aber, wenn sie gelingen, von großen Folgen sein werden. Louis Phillipp hat nämlich die Lieblingsidee, die Mariner der kleinern See¬ staaten zu einem großen gemeinsamen Schutz - und Trutzbündniß unter der Aegide Frankreichs zu vereinen. Den meisten Widerstand hat die französische Diplomatie in dieser Beziehung in Neapel und bei uns gefunden. Der König von Neapel will es mit Oesterreich, aus dessen Macht in Italien er zwar sehr eifersüchtig ist, nicht geradezu ver¬ derben und sich eine Hinterthür offen lassen, durch die er bald mit Wien, bald mit Paris verhandeln kann — je nachdem der Moment die eine oder die andere Politik nothwendig macht. Durch die Heirath des Herzogs von Aumale soll jedoch die französische Politik einen großen Stein im Brette gewonnen haben. Hier in Brüssel andererseits fürchtet

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/470
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/470>, abgerufen am 27.04.2024.