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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band.

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Obristlieutenant Hummel.

Man hat mit Recht die Vertheidigung des Pachthofeö von 1^
kullo saintv durch die Hannoveraner in der Schlacht von Waterloo
als eine der standhaftesten Vertheidigungen eines Postens angeführt
(siehe Prokesch: Beschreibung der Schlacht von Waterloo, militärische
Zeitschriften, dann dessen kleine Schriften), aber wir haben ihr eine
ähnliche an die Seite zu setzen; eS ist die des Meierhofs Kis Megyer
in der Schlacht von Raab am 14. Juni 18W. Sie ist um so be¬
wunderungswürdiger, als der größte Theil der Vertheidiger nicht aus
Linientruppen, sondern größtentheils aus Landwehren, und zwar ans
steirischen, formirt war. Ans der Natur der Schlachtordnung, welche
auseinanderzusetzen hier nicht der Ort ist, geht die Wichtigkeit dieses
Punktes hervor, welchen der Erzherzog Johann dem Obristlieutenant
Hummel mit dem zweiten Grätzer Landwehr-Bataillon, zwei Com¬
pagnien Straßoldo und zwei Compagnien Se. Julien anvertraute.
Der Meierhof bestand aus einigen Wirtschaftsgebäuden, nebst einem
abseits liegenden gemauerten Schneelasten, welche eine etwa sechs
Fuß hohe Einfassungsmauer umgab. Sogleich nach Besetzung des
Punktes traf Obristlieutenant Hummel Anstalten zu kräftiger und stand¬
hafter Vertheidigung. Er ließ hinter die Mauer, welche den Hof
umgab, Fässer rollen und darüber Bretter legen, wodurch dieselbe als
Brustwehr benutzt und über sie hinaus gefeuert werden konnte. Im
Schneelasten wurde in alle Geschosse Mannschaft vertheilt, die Thore
des Hofes verrammelt. Es zeigte sich bald, wie zweckdienlich diese
Vorbereitungen waren, denn gleich von Anfang der Schlacht hatte
der Feind die Wichtigkeit dieses Postens erkannt. Drei Mal stürmte
ihn die Division Serras, und drei Mal wurde sie zurückgeschlagen.
Standhaft behauptete Obristlieutenant Hummel den Punkt, als schon
die Jnsurrections-Truppen das Schlachtfeld verlassen hatten und jene
des Erzherzogs Johann im vollen Rückzüge waren, den zu decken
allein die Behauptung dieses Punktes vermochte. Endlich, durch den
unglücklichen Gang der Schlacht sich selbst überlassen, zogen der tapfere
Commandant und seine brave Mannschaft rühmlichen Tod der Ge¬
fangenschaft vor, und als die durch solche Wendung der Ereignisse
ermunterten Truppen der Division Serras siegjubelnd zum vierten
Sturm anrückten, auch bereits ein Bataillon der Brigade Reussel die


Grciljbotcn, I84S. II. 74
Obristlieutenant Hummel.

Man hat mit Recht die Vertheidigung des Pachthofeö von 1^
kullo saintv durch die Hannoveraner in der Schlacht von Waterloo
als eine der standhaftesten Vertheidigungen eines Postens angeführt
(siehe Prokesch: Beschreibung der Schlacht von Waterloo, militärische
Zeitschriften, dann dessen kleine Schriften), aber wir haben ihr eine
ähnliche an die Seite zu setzen; eS ist die des Meierhofs Kis Megyer
in der Schlacht von Raab am 14. Juni 18W. Sie ist um so be¬
wunderungswürdiger, als der größte Theil der Vertheidiger nicht aus
Linientruppen, sondern größtentheils aus Landwehren, und zwar ans
steirischen, formirt war. Ans der Natur der Schlachtordnung, welche
auseinanderzusetzen hier nicht der Ort ist, geht die Wichtigkeit dieses
Punktes hervor, welchen der Erzherzog Johann dem Obristlieutenant
Hummel mit dem zweiten Grätzer Landwehr-Bataillon, zwei Com¬
pagnien Straßoldo und zwei Compagnien Se. Julien anvertraute.
Der Meierhof bestand aus einigen Wirtschaftsgebäuden, nebst einem
abseits liegenden gemauerten Schneelasten, welche eine etwa sechs
Fuß hohe Einfassungsmauer umgab. Sogleich nach Besetzung des
Punktes traf Obristlieutenant Hummel Anstalten zu kräftiger und stand¬
hafter Vertheidigung. Er ließ hinter die Mauer, welche den Hof
umgab, Fässer rollen und darüber Bretter legen, wodurch dieselbe als
Brustwehr benutzt und über sie hinaus gefeuert werden konnte. Im
Schneelasten wurde in alle Geschosse Mannschaft vertheilt, die Thore
des Hofes verrammelt. Es zeigte sich bald, wie zweckdienlich diese
Vorbereitungen waren, denn gleich von Anfang der Schlacht hatte
der Feind die Wichtigkeit dieses Postens erkannt. Drei Mal stürmte
ihn die Division Serras, und drei Mal wurde sie zurückgeschlagen.
Standhaft behauptete Obristlieutenant Hummel den Punkt, als schon
die Jnsurrections-Truppen das Schlachtfeld verlassen hatten und jene
des Erzherzogs Johann im vollen Rückzüge waren, den zu decken
allein die Behauptung dieses Punktes vermochte. Endlich, durch den
unglücklichen Gang der Schlacht sich selbst überlassen, zogen der tapfere
Commandant und seine brave Mannschaft rühmlichen Tod der Ge¬
fangenschaft vor, und als die durch solche Wendung der Ereignisse
ermunterten Truppen der Division Serras siegjubelnd zum vierten
Sturm anrückten, auch bereits ein Bataillon der Brigade Reussel die


Grciljbotcn, I84S. II. 74
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[0577] Obristlieutenant Hummel. Man hat mit Recht die Vertheidigung des Pachthofeö von 1^ kullo saintv durch die Hannoveraner in der Schlacht von Waterloo als eine der standhaftesten Vertheidigungen eines Postens angeführt (siehe Prokesch: Beschreibung der Schlacht von Waterloo, militärische Zeitschriften, dann dessen kleine Schriften), aber wir haben ihr eine ähnliche an die Seite zu setzen; eS ist die des Meierhofs Kis Megyer in der Schlacht von Raab am 14. Juni 18W. Sie ist um so be¬ wunderungswürdiger, als der größte Theil der Vertheidiger nicht aus Linientruppen, sondern größtentheils aus Landwehren, und zwar ans steirischen, formirt war. Ans der Natur der Schlachtordnung, welche auseinanderzusetzen hier nicht der Ort ist, geht die Wichtigkeit dieses Punktes hervor, welchen der Erzherzog Johann dem Obristlieutenant Hummel mit dem zweiten Grätzer Landwehr-Bataillon, zwei Com¬ pagnien Straßoldo und zwei Compagnien Se. Julien anvertraute. Der Meierhof bestand aus einigen Wirtschaftsgebäuden, nebst einem abseits liegenden gemauerten Schneelasten, welche eine etwa sechs Fuß hohe Einfassungsmauer umgab. Sogleich nach Besetzung des Punktes traf Obristlieutenant Hummel Anstalten zu kräftiger und stand¬ hafter Vertheidigung. Er ließ hinter die Mauer, welche den Hof umgab, Fässer rollen und darüber Bretter legen, wodurch dieselbe als Brustwehr benutzt und über sie hinaus gefeuert werden konnte. Im Schneelasten wurde in alle Geschosse Mannschaft vertheilt, die Thore des Hofes verrammelt. Es zeigte sich bald, wie zweckdienlich diese Vorbereitungen waren, denn gleich von Anfang der Schlacht hatte der Feind die Wichtigkeit dieses Postens erkannt. Drei Mal stürmte ihn die Division Serras, und drei Mal wurde sie zurückgeschlagen. Standhaft behauptete Obristlieutenant Hummel den Punkt, als schon die Jnsurrections-Truppen das Schlachtfeld verlassen hatten und jene des Erzherzogs Johann im vollen Rückzüge waren, den zu decken allein die Behauptung dieses Punktes vermochte. Endlich, durch den unglücklichen Gang der Schlacht sich selbst überlassen, zogen der tapfere Commandant und seine brave Mannschaft rühmlichen Tod der Ge¬ fangenschaft vor, und als die durch solche Wendung der Ereignisse ermunterten Truppen der Division Serras siegjubelnd zum vierten Sturm anrückten, auch bereits ein Bataillon der Brigade Reussel die Grciljbotcn, I84S. II. 74

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_270058/577>, abgerufen am 27.04.2024.