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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Reisebilder ausPolen.
von
C. Göhring.



in.

Mein Wille war, mich von Wlodawa "ach Raema zu begeben
und meine durch mancherlei Ereignisse bereits in starke Abwei¬
chung vom ursprünglichen Plane gerathene Reise durch das frucht¬
bare schöne Volvnien und Nordgalizien nach Krackau zu ziehen.
Allein ich mußte von meinem Willen abstehen; der mit der Grenz-
gcschaftsverwaltung hier beauftragte russische Offizier nahm meinen
preußischen, mit allem Nöthigen ausgerüsteten Paß nicht für voll¬
ständig genug, um mir darauf "nach meinem längern Aufenthalte im
Königreich Polen" den Eintritt in das russische Reich gestatten zu
können. Ich würde indeß die Erlaubniß zu diesem Eintritt wohl
erlangt haben, hätte ich nicht dem Offizier über seine unverschämte
Geldforderung meinen Unwillen so stark zu erkennen gegeben, daß er
sogleich mein heftiger Feind wurde.

So war ich zu meinem Leid gezwungen, meine Reise nach
Krakau im Königreich Polen, das ich bereits zur Genüge zu kennen
meinte, zu halten. Auf dieser Rücktonr nahm ich Gelegenheit, einen
podlachischen Grundherrn zu besuchen, mit dessen Sohne und dessen
Gouverneur, zwei liebenswürdigen Männern, ich zu Warschau in
warme Freundschaft getreten war. Dieser Grundherr war der Graf
Lewaowski, ein Mann, der bereits unter Koscinsyko seinem unglück¬
lichen Vaterlande gedient hatte, und in der siegreichen Schlacht bei
Beklawice, welche er als Fähndrich mitgemacht, tödtlich verwundet
worden "vor, ein Ereigniß, welches mit goldenen Buchstaben in das
Tagebuch, und mit unauslöschlichen in die Herzen der edlen Familie


Reisebilder ausPolen.
von
C. Göhring.



in.

Mein Wille war, mich von Wlodawa »ach Raema zu begeben
und meine durch mancherlei Ereignisse bereits in starke Abwei¬
chung vom ursprünglichen Plane gerathene Reise durch das frucht¬
bare schöne Volvnien und Nordgalizien nach Krackau zu ziehen.
Allein ich mußte von meinem Willen abstehen; der mit der Grenz-
gcschaftsverwaltung hier beauftragte russische Offizier nahm meinen
preußischen, mit allem Nöthigen ausgerüsteten Paß nicht für voll¬
ständig genug, um mir darauf „nach meinem längern Aufenthalte im
Königreich Polen" den Eintritt in das russische Reich gestatten zu
können. Ich würde indeß die Erlaubniß zu diesem Eintritt wohl
erlangt haben, hätte ich nicht dem Offizier über seine unverschämte
Geldforderung meinen Unwillen so stark zu erkennen gegeben, daß er
sogleich mein heftiger Feind wurde.

So war ich zu meinem Leid gezwungen, meine Reise nach
Krakau im Königreich Polen, das ich bereits zur Genüge zu kennen
meinte, zu halten. Auf dieser Rücktonr nahm ich Gelegenheit, einen
podlachischen Grundherrn zu besuchen, mit dessen Sohne und dessen
Gouverneur, zwei liebenswürdigen Männern, ich zu Warschau in
warme Freundschaft getreten war. Dieser Grundherr war der Graf
Lewaowski, ein Mann, der bereits unter Koscinsyko seinem unglück¬
lichen Vaterlande gedient hatte, und in der siegreichen Schlacht bei
Beklawice, welche er als Fähndrich mitgemacht, tödtlich verwundet
worden »vor, ein Ereigniß, welches mit goldenen Buchstaben in das
Tagebuch, und mit unauslöschlichen in die Herzen der edlen Familie


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[0015] Reisebilder ausPolen. von C. Göhring. in. Mein Wille war, mich von Wlodawa »ach Raema zu begeben und meine durch mancherlei Ereignisse bereits in starke Abwei¬ chung vom ursprünglichen Plane gerathene Reise durch das frucht¬ bare schöne Volvnien und Nordgalizien nach Krackau zu ziehen. Allein ich mußte von meinem Willen abstehen; der mit der Grenz- gcschaftsverwaltung hier beauftragte russische Offizier nahm meinen preußischen, mit allem Nöthigen ausgerüsteten Paß nicht für voll¬ ständig genug, um mir darauf „nach meinem längern Aufenthalte im Königreich Polen" den Eintritt in das russische Reich gestatten zu können. Ich würde indeß die Erlaubniß zu diesem Eintritt wohl erlangt haben, hätte ich nicht dem Offizier über seine unverschämte Geldforderung meinen Unwillen so stark zu erkennen gegeben, daß er sogleich mein heftiger Feind wurde. So war ich zu meinem Leid gezwungen, meine Reise nach Krakau im Königreich Polen, das ich bereits zur Genüge zu kennen meinte, zu halten. Auf dieser Rücktonr nahm ich Gelegenheit, einen podlachischen Grundherrn zu besuchen, mit dessen Sohne und dessen Gouverneur, zwei liebenswürdigen Männern, ich zu Warschau in warme Freundschaft getreten war. Dieser Grundherr war der Graf Lewaowski, ein Mann, der bereits unter Koscinsyko seinem unglück¬ lichen Vaterlande gedient hatte, und in der siegreichen Schlacht bei Beklawice, welche er als Fähndrich mitgemacht, tödtlich verwundet worden »vor, ein Ereigniß, welches mit goldenen Buchstaben in das Tagebuch, und mit unauslöschlichen in die Herzen der edlen Familie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/15>, abgerufen am 02.05.2024.