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Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band.

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Aufzeichnungen
eines
Icsuitcilzöglings im deutschen Colleg M Rom
von
I. Georg Köderte.



Dritte Abtheilung.
I.

Das deutsche Eolleg befindet fich in dem alten ?!"l.t//c" "l
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bewohnen die Jesuiten und ihre Laienbrüder, der vierte Stock ist
den Zöglingen augm.'lesen. Jeder besitzt hier seine geräumige, be¬
sondere Zelle, deren Fenster gleich jenen der untern Stockwerke, so
mit Brettern umzäunt sind, daß nur die Aussicht an den Himmel
offen bleibt, und ein Blick auf die Straße oder in ein benachbartes
Haus unmöglich ist. In einer Ecke jeder Zelle steht ein Bett von
Stroh und Wolle, mit leichter Decke, den Anforderungen einer be¬
quemen Ruhe entsprechend. Im Vordergrund ist ein Betstuhl sammt
Knieschemmel; darauf ein Christusbild am Kreuze und einige Sym¬
bole des Todes. Die Wand zieren vier bis sechs Heiligenbilder,
meist alte Kupferstiche. Auf der entgegengesetzten Seite steht ein
Tisch mit Tintenzeug und ein Stuhl. Sonst ist außer einigen Be¬
trachtungsbüchern des Jesuiterordens und der Wiener Redemvtoristen-
cvngregation beim Eintritt deS neuen Zöglings nichts in der übri¬
gens freundlichen Zelle zu sehen. Das Studienmaterial erhält er in
lithographirten Bogen nach und nach, so wie es die Vorträge im
Verlaufe des Jahres ergeben. Er kann also auf diese Art nie einen


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Icsuitcilzöglings im deutschen Colleg M Rom
von
I. Georg Köderte.



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sondere Zelle, deren Fenster gleich jenen der untern Stockwerke, so
mit Brettern umzäunt sind, daß nur die Aussicht an den Himmel
offen bleibt, und ein Blick auf die Straße oder in ein benachbartes
Haus unmöglich ist. In einer Ecke jeder Zelle steht ein Bett von
Stroh und Wolle, mit leichter Decke, den Anforderungen einer be¬
quemen Ruhe entsprechend. Im Vordergrund ist ein Betstuhl sammt
Knieschemmel; darauf ein Christusbild am Kreuze und einige Sym¬
bole des Todes. Die Wand zieren vier bis sechs Heiligenbilder,
meist alte Kupferstiche. Auf der entgegengesetzten Seite steht ein
Tisch mit Tintenzeug und ein Stuhl. Sonst ist außer einigen Be¬
trachtungsbüchern des Jesuiterordens und der Wiener Redemvtoristen-
cvngregation beim Eintritt deS neuen Zöglings nichts in der übri¬
gens freundlichen Zelle zu sehen. Das Studienmaterial erhält er in
lithographirten Bogen nach und nach, so wie es die Vorträge im
Verlaufe des Jahres ergeben. Er kann also auf diese Art nie einen


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[0251] Aufzeichnungen eines Icsuitcilzöglings im deutschen Colleg M Rom von I. Georg Köderte. Dritte Abtheilung. I. Das deutsche Eolleg befindet fich in dem alten ?!»l.t//c» »l <Zv8», l)^sa ^i-a^Sö-t Kos» genannt. Die ersten drei Stockwerke bewohnen die Jesuiten und ihre Laienbrüder, der vierte Stock ist den Zöglingen augm.'lesen. Jeder besitzt hier seine geräumige, be¬ sondere Zelle, deren Fenster gleich jenen der untern Stockwerke, so mit Brettern umzäunt sind, daß nur die Aussicht an den Himmel offen bleibt, und ein Blick auf die Straße oder in ein benachbartes Haus unmöglich ist. In einer Ecke jeder Zelle steht ein Bett von Stroh und Wolle, mit leichter Decke, den Anforderungen einer be¬ quemen Ruhe entsprechend. Im Vordergrund ist ein Betstuhl sammt Knieschemmel; darauf ein Christusbild am Kreuze und einige Sym¬ bole des Todes. Die Wand zieren vier bis sechs Heiligenbilder, meist alte Kupferstiche. Auf der entgegengesetzten Seite steht ein Tisch mit Tintenzeug und ein Stuhl. Sonst ist außer einigen Be¬ trachtungsbüchern des Jesuiterordens und der Wiener Redemvtoristen- cvngregation beim Eintritt deS neuen Zöglings nichts in der übri¬ gens freundlichen Zelle zu sehen. Das Studienmaterial erhält er in lithographirten Bogen nach und nach, so wie es die Vorträge im Verlaufe des Jahres ergeben. Er kann also auf diese Art nie einen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 4, 1845, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341548_271260/251>, abgerufen am 02.05.2024.