Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

rei und Beamtendespotismus müßten naturgemäß schwinden, wenn
eine naturgemäße Entwicklung des Volkes in materieller Hinsicht ge¬
stattet wäre -- diese Nichtgestattung war das Werk Cancrin's.


- A ^-
VII.
Notiz.
Advocat Büky in der Times.

Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Correspondenz aus
Pesth in Ur. 48 unseres vorigen Jahrgangs, worin die Rede von
einem jungen ungarischen Advocaten war, welcher für einige in Pre߬
burg aufgefundene Dokumente die er nach Paris sendete/ den Orden
der Ehrenlegion erhielt. Jetzt lesen wir nachträglich in der 1'lines
unter der Ueberschrift: Merkwürdige Endeckung folgende Corre¬
spondenz: Wien vom I. Januar. "Ein junger Ungar aus Presburg
Namens Buky (der Correspondent der Grenzboten nannte ihn Büky
Von Felsöbük). welcher eben nicht durch scharfes Urtheil und Talent-
zu glänzen scheint (?), wurde vor einigen Monaten von seiner Groß,
tunke, der Wittwe eines in der erwähnten Stadt wohlbekannten Advo-
caten, ersucht, einige Familienpapiere welche auf dem Speicher lagen,
durchzusehen. Während er die Papiere durchstöberte, machte ihn ein
Freund der zugegen war, auf einige Documente aufmerksam, die meh¬
rere ausländische Personen vom allerhöchsten Range betrafen. Der-
junge Buky, der von selbst schwerlich die Bedeutung dieser Papiere
beachtet hatte, wickelte sie zusammen und sendete einen Theil davon
dem König der Franzosen zu. Diese Papiere mußten in der That
von hohem Interesse sein, denn der junge Mann, der eine Geldbeloh¬
nung zurückgewiesen hat, wurde mit dem Kreuze der Ehrenlegion
beschenkt und erhielt von Louis Philippe ein freundliches Schreiben,
worin ihm bei etwaiger Lust zu einer Nei^e nach Paris Ersatz für
alle Reisekosten und eine Wohnung im Schloße angeboten wurde.
Buky theilte auch noch einige andere Papiere den regierenden Häu¬
sern von Baden, Lucca und Toscana mit. Esscheint, daß diese Mit¬
theilungen gleichfalls nicht ohne Werth waren, denn der junge Mann,
der auch von dieser Seite alle pecuniäre Belohnung sich verbeten hatte,
wurde mit Ordcnsdecorationen von jedem dieser Länder belohnt. Die
Großherzogin von Baden fügte überdieß noch eine goldne mit Bril¬
lanten reich verzierte Dose bei, und nun kann man den jungen Advo-
caten ohne Ruf und ohne irgend ein Verdienst mit vier Ordensbän¬
dern im Knopfloch durch die! Straßen seiner Vaterstadt gravitätisch ein¬
herschreiten sehen. Was den Inhalt dieser wichtigen Papiere betrifft,
so kann man sich nur Muthmaßungen überlassen. Man behauptet,
daß die das Haus Orleans betreffenden Papiere aus Briefen bestehen,
die der berüchtigte Philippe-Egali^ während der Republik einem öfter-


rei und Beamtendespotismus müßten naturgemäß schwinden, wenn
eine naturgemäße Entwicklung des Volkes in materieller Hinsicht ge¬
stattet wäre — diese Nichtgestattung war das Werk Cancrin's.


- A ^-
VII.
Notiz.
Advocat Büky in der Times.

Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Correspondenz aus
Pesth in Ur. 48 unseres vorigen Jahrgangs, worin die Rede von
einem jungen ungarischen Advocaten war, welcher für einige in Pre߬
burg aufgefundene Dokumente die er nach Paris sendete/ den Orden
der Ehrenlegion erhielt. Jetzt lesen wir nachträglich in der 1'lines
unter der Ueberschrift: Merkwürdige Endeckung folgende Corre¬
spondenz: Wien vom I. Januar. „Ein junger Ungar aus Presburg
Namens Buky (der Correspondent der Grenzboten nannte ihn Büky
Von Felsöbük). welcher eben nicht durch scharfes Urtheil und Talent-
zu glänzen scheint (?), wurde vor einigen Monaten von seiner Groß,
tunke, der Wittwe eines in der erwähnten Stadt wohlbekannten Advo-
caten, ersucht, einige Familienpapiere welche auf dem Speicher lagen,
durchzusehen. Während er die Papiere durchstöberte, machte ihn ein
Freund der zugegen war, auf einige Documente aufmerksam, die meh¬
rere ausländische Personen vom allerhöchsten Range betrafen. Der-
junge Buky, der von selbst schwerlich die Bedeutung dieser Papiere
beachtet hatte, wickelte sie zusammen und sendete einen Theil davon
dem König der Franzosen zu. Diese Papiere mußten in der That
von hohem Interesse sein, denn der junge Mann, der eine Geldbeloh¬
nung zurückgewiesen hat, wurde mit dem Kreuze der Ehrenlegion
beschenkt und erhielt von Louis Philippe ein freundliches Schreiben,
worin ihm bei etwaiger Lust zu einer Nei^e nach Paris Ersatz für
alle Reisekosten und eine Wohnung im Schloße angeboten wurde.
Buky theilte auch noch einige andere Papiere den regierenden Häu¬
sern von Baden, Lucca und Toscana mit. Esscheint, daß diese Mit¬
theilungen gleichfalls nicht ohne Werth waren, denn der junge Mann,
der auch von dieser Seite alle pecuniäre Belohnung sich verbeten hatte,
wurde mit Ordcnsdecorationen von jedem dieser Länder belohnt. Die
Großherzogin von Baden fügte überdieß noch eine goldne mit Bril¬
lanten reich verzierte Dose bei, und nun kann man den jungen Advo-
caten ohne Ruf und ohne irgend ein Verdienst mit vier Ordensbän¬
dern im Knopfloch durch die! Straßen seiner Vaterstadt gravitätisch ein¬
herschreiten sehen. Was den Inhalt dieser wichtigen Papiere betrifft,
so kann man sich nur Muthmaßungen überlassen. Man behauptet,
daß die das Haus Orleans betreffenden Papiere aus Briefen bestehen,
die der berüchtigte Philippe-Egali^ während der Republik einem öfter-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0295" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182105"/>
            <p xml:id="ID_651" prev="#ID_650"> rei und Beamtendespotismus müßten naturgemäß schwinden, wenn<lb/>
eine naturgemäße Entwicklung des Volkes in materieller Hinsicht ge¬<lb/>
stattet wäre &#x2014; diese Nichtgestattung war das Werk Cancrin's.</p><lb/>
            <note type="byline"> - A ^-</note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> VII.<lb/>
Notiz.</head><lb/>
            <div n="3">
              <head> Advocat Büky in der Times.</head><lb/>
              <p xml:id="ID_652" next="#ID_653"> Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Correspondenz aus<lb/>
Pesth in Ur. 48 unseres vorigen Jahrgangs, worin die Rede von<lb/>
einem jungen ungarischen Advocaten war, welcher für einige in Pre߬<lb/>
burg aufgefundene Dokumente die er nach Paris sendete/ den Orden<lb/>
der Ehrenlegion erhielt. Jetzt lesen wir nachträglich in der 1'lines<lb/>
unter der Ueberschrift: Merkwürdige Endeckung folgende Corre¬<lb/>
spondenz: Wien vom I. Januar. &#x201E;Ein junger Ungar aus Presburg<lb/>
Namens Buky (der Correspondent der Grenzboten nannte ihn Büky<lb/>
Von Felsöbük). welcher eben nicht durch scharfes Urtheil und Talent-<lb/>
zu glänzen scheint (?), wurde vor einigen Monaten von seiner Groß,<lb/>
tunke, der Wittwe eines in der erwähnten Stadt wohlbekannten Advo-<lb/>
caten, ersucht, einige Familienpapiere welche auf dem Speicher lagen,<lb/>
durchzusehen. Während er die Papiere durchstöberte, machte ihn ein<lb/>
Freund der zugegen war, auf einige Documente aufmerksam, die meh¬<lb/>
rere ausländische Personen vom allerhöchsten Range betrafen. Der-<lb/>
junge Buky, der von selbst schwerlich die Bedeutung dieser Papiere<lb/>
beachtet hatte, wickelte sie zusammen und sendete einen Theil davon<lb/>
dem König der Franzosen zu. Diese Papiere mußten in der That<lb/>
von hohem Interesse sein, denn der junge Mann, der eine Geldbeloh¬<lb/>
nung zurückgewiesen hat, wurde mit dem Kreuze der Ehrenlegion<lb/>
beschenkt und erhielt von Louis Philippe ein freundliches Schreiben,<lb/>
worin ihm bei etwaiger Lust zu einer Nei^e nach Paris Ersatz für<lb/>
alle Reisekosten und eine Wohnung im Schloße angeboten wurde.<lb/>
Buky theilte auch noch einige andere Papiere den regierenden Häu¬<lb/>
sern von Baden, Lucca und Toscana mit. Esscheint, daß diese Mit¬<lb/>
theilungen gleichfalls nicht ohne Werth waren, denn der junge Mann,<lb/>
der auch von dieser Seite alle pecuniäre Belohnung sich verbeten hatte,<lb/>
wurde mit Ordcnsdecorationen von jedem dieser Länder belohnt. Die<lb/>
Großherzogin von Baden fügte überdieß noch eine goldne mit Bril¬<lb/>
lanten reich verzierte Dose bei, und nun kann man den jungen Advo-<lb/>
caten ohne Ruf und ohne irgend ein Verdienst mit vier Ordensbän¬<lb/>
dern im Knopfloch durch die! Straßen seiner Vaterstadt gravitätisch ein¬<lb/>
herschreiten sehen. Was den Inhalt dieser wichtigen Papiere betrifft,<lb/>
so kann man sich nur Muthmaßungen überlassen. Man behauptet,<lb/>
daß die das Haus Orleans betreffenden Papiere aus Briefen bestehen,<lb/>
die der berüchtigte Philippe-Egali^ während der Republik einem öfter-</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0295] rei und Beamtendespotismus müßten naturgemäß schwinden, wenn eine naturgemäße Entwicklung des Volkes in materieller Hinsicht ge¬ stattet wäre — diese Nichtgestattung war das Werk Cancrin's. - A ^- VII. Notiz. Advocat Büky in der Times. Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch einer Correspondenz aus Pesth in Ur. 48 unseres vorigen Jahrgangs, worin die Rede von einem jungen ungarischen Advocaten war, welcher für einige in Pre߬ burg aufgefundene Dokumente die er nach Paris sendete/ den Orden der Ehrenlegion erhielt. Jetzt lesen wir nachträglich in der 1'lines unter der Ueberschrift: Merkwürdige Endeckung folgende Corre¬ spondenz: Wien vom I. Januar. „Ein junger Ungar aus Presburg Namens Buky (der Correspondent der Grenzboten nannte ihn Büky Von Felsöbük). welcher eben nicht durch scharfes Urtheil und Talent- zu glänzen scheint (?), wurde vor einigen Monaten von seiner Groß, tunke, der Wittwe eines in der erwähnten Stadt wohlbekannten Advo- caten, ersucht, einige Familienpapiere welche auf dem Speicher lagen, durchzusehen. Während er die Papiere durchstöberte, machte ihn ein Freund der zugegen war, auf einige Documente aufmerksam, die meh¬ rere ausländische Personen vom allerhöchsten Range betrafen. Der- junge Buky, der von selbst schwerlich die Bedeutung dieser Papiere beachtet hatte, wickelte sie zusammen und sendete einen Theil davon dem König der Franzosen zu. Diese Papiere mußten in der That von hohem Interesse sein, denn der junge Mann, der eine Geldbeloh¬ nung zurückgewiesen hat, wurde mit dem Kreuze der Ehrenlegion beschenkt und erhielt von Louis Philippe ein freundliches Schreiben, worin ihm bei etwaiger Lust zu einer Nei^e nach Paris Ersatz für alle Reisekosten und eine Wohnung im Schloße angeboten wurde. Buky theilte auch noch einige andere Papiere den regierenden Häu¬ sern von Baden, Lucca und Toscana mit. Esscheint, daß diese Mit¬ theilungen gleichfalls nicht ohne Werth waren, denn der junge Mann, der auch von dieser Seite alle pecuniäre Belohnung sich verbeten hatte, wurde mit Ordcnsdecorationen von jedem dieser Länder belohnt. Die Großherzogin von Baden fügte überdieß noch eine goldne mit Bril¬ lanten reich verzierte Dose bei, und nun kann man den jungen Advo- caten ohne Ruf und ohne irgend ein Verdienst mit vier Ordensbän¬ dern im Knopfloch durch die! Straßen seiner Vaterstadt gravitätisch ein¬ herschreiten sehen. Was den Inhalt dieser wichtigen Papiere betrifft, so kann man sich nur Muthmaßungen überlassen. Man behauptet, daß die das Haus Orleans betreffenden Papiere aus Briefen bestehen, die der berüchtigte Philippe-Egali^ während der Republik einem öfter-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/295
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/295>, abgerufen am 28.04.2024.