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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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in Bezug auf die gequälten Thiere vertreten? oder glaubt der Einla"
derbe dadurch die Herren der Wettrennen ins Netz zu locken? Ja,
was soll selbst der Priester in dieser Sache thun? Die Unsittlichkeit
des Thiermarterns liegt außerhalb aller theologischen Beweisfüh¬
rungen und wurzelt in dem moralischen Bewußtsein jedes Gebildeten,
und aus diesem, nicht aus dem Munde des Clerus stammt die Idee
dieser Vereine, deren Entstehen nicht mit dem des Christenthums
zusammenfällt, sondern eine Frucht der gereiften Volksbildung sein
muß. Ein Landwirth und ein Volksschullehrer wären da weit besser
am Platz, und die praktischen Erfahrungen dieser mit dem Volk in
der engsten Gemeinschaft lebenden Männer jedenfalls mehr geeignet,
bei der Berathung der Vereinsstatuten die erforderlichen Aufschlüsse
und Winke zu urtheilen, als ein städtischer Priester oder ein reicher
Cavalier, der höchstens eine gelehrte Abhandlung über Nacenunter-
schiede und die Kennzeichen des Vollbluts zu geben im Stande
wäre.

Die von der Redaction der Sonntagsblätter eingeleitete Sub-
scription zur Herstellung eines Grabsteins für Gluck, auf dem Matz-
leinsdorfer Kirchhofe hat in Verbindung mit dem zu demselben Aweck
veranstalteten Concert des Ritters von Dreyschock den zur Errichtung
eines Denkmals erforderlichen Betrag geliefert, so daß noch im Laufe
dieses Frühlings ans Werk geschritten werden kann. Da der be¬
schränkte Raum ein emporstrebendes Monument erheischt, so wurde
die Form eines Obelisks beliebt, der auf einem Felsen steht. Im
Würfel der Säule wird der alte rothmarmorne kleine Grabstein, der
eine entsprechende Renovation erhielt, eingefügt und an dem aus ge¬
schliffenem Granit bestehenden Obelisk das eherne Portrait des Mei¬
sters medaillonartig angebracht. Darunter kommen die Worte l Am
132. Geburtstage. Das aus dem Atelier des Herrn Wasserburger
hervorgeganqene Monument soll am 4. Juli l. I. als an dem Ge¬
burtstage des tongewaltigen Genius mit einer angemessenen kirchli¬
chen Feier auf dem Grabe des Gefeierten enthüllt werden.


I!.
Die deutschen Auswanderungen.
Ans Berlin.

Der Sturzsche Handel, dessen ich in meinem vorigen Briefe zu¬
letzt erwähnte, mahnt mich, bei einem gar wichtigen Thema noch et¬
was länger zu verweilen, den täglich immer mehr und mehr über¬
Hand nehmenden deutschen Auswanderungen. Ich kann bei dieser
Gelegenheit gleich eines vortrefflichen Buches erwähnen, mit welchem
ich mich grade in diesen Tagen beschäftigt habe und welches
ohne Zweifel die allgemeinste ^Beachtung in Deutschland finden


in Bezug auf die gequälten Thiere vertreten? oder glaubt der Einla«
derbe dadurch die Herren der Wettrennen ins Netz zu locken? Ja,
was soll selbst der Priester in dieser Sache thun? Die Unsittlichkeit
des Thiermarterns liegt außerhalb aller theologischen Beweisfüh¬
rungen und wurzelt in dem moralischen Bewußtsein jedes Gebildeten,
und aus diesem, nicht aus dem Munde des Clerus stammt die Idee
dieser Vereine, deren Entstehen nicht mit dem des Christenthums
zusammenfällt, sondern eine Frucht der gereiften Volksbildung sein
muß. Ein Landwirth und ein Volksschullehrer wären da weit besser
am Platz, und die praktischen Erfahrungen dieser mit dem Volk in
der engsten Gemeinschaft lebenden Männer jedenfalls mehr geeignet,
bei der Berathung der Vereinsstatuten die erforderlichen Aufschlüsse
und Winke zu urtheilen, als ein städtischer Priester oder ein reicher
Cavalier, der höchstens eine gelehrte Abhandlung über Nacenunter-
schiede und die Kennzeichen des Vollbluts zu geben im Stande
wäre.

Die von der Redaction der Sonntagsblätter eingeleitete Sub-
scription zur Herstellung eines Grabsteins für Gluck, auf dem Matz-
leinsdorfer Kirchhofe hat in Verbindung mit dem zu demselben Aweck
veranstalteten Concert des Ritters von Dreyschock den zur Errichtung
eines Denkmals erforderlichen Betrag geliefert, so daß noch im Laufe
dieses Frühlings ans Werk geschritten werden kann. Da der be¬
schränkte Raum ein emporstrebendes Monument erheischt, so wurde
die Form eines Obelisks beliebt, der auf einem Felsen steht. Im
Würfel der Säule wird der alte rothmarmorne kleine Grabstein, der
eine entsprechende Renovation erhielt, eingefügt und an dem aus ge¬
schliffenem Granit bestehenden Obelisk das eherne Portrait des Mei¬
sters medaillonartig angebracht. Darunter kommen die Worte l Am
132. Geburtstage. Das aus dem Atelier des Herrn Wasserburger
hervorgeganqene Monument soll am 4. Juli l. I. als an dem Ge¬
burtstage des tongewaltigen Genius mit einer angemessenen kirchli¬
chen Feier auf dem Grabe des Gefeierten enthüllt werden.


I!.
Die deutschen Auswanderungen.
Ans Berlin.

Der Sturzsche Handel, dessen ich in meinem vorigen Briefe zu¬
letzt erwähnte, mahnt mich, bei einem gar wichtigen Thema noch et¬
was länger zu verweilen, den täglich immer mehr und mehr über¬
Hand nehmenden deutschen Auswanderungen. Ich kann bei dieser
Gelegenheit gleich eines vortrefflichen Buches erwähnen, mit welchem
ich mich grade in diesen Tagen beschäftigt habe und welches
ohne Zweifel die allgemeinste ^Beachtung in Deutschland finden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/600>, abgerufen am 28.04.2024.