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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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deren Ausarbeitung dem Minister Rother durch die Verordnung vom I I.
April aufgetragen war, ist in verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit zu Stande
gekommen und ist jetzt eben veröffentlicht worden. Die provisorische
Ausgabe von II) Millionen Noten hat nicht stattgefunden. Sie konnte
auch nicht stattfinden, da zwei Beamte der Staatsschuldenverwaltung, denen
die Eontrole der Notenanfcrtigung aufgetragen war, sich weigerten, die¬
sem Auftrage nachzukommen, indem sie meinten, daß darin eine Ver¬
letzung ihres geleisteten Eides liegen würde. Die Acitungscorresponden-
ten rühmen sich jetzt, die Abweichungen, welche sich in der neuen Bank¬
ordnung von den Bestimmungen der Cabinetsordre vom II. April fin¬
den, verursacht zu haben. > Mit Unrecht, denn die auf Betheiligung von
Privaten berechnete Ordnung mußte natürlich andere Bestimmungen er¬
halten, als die provisorische Abhülfe; wenn die Zeitungen etwas in die¬
ser Angelegenheit bewirkt haben sollten, so könnte es nur dies sein, daß
die gute Absicht in der Verordnung vom II. April, einstweilen zu hel¬
fen, vereitelt worden ist. Dieselben Korrespondenten lassen es sich auch
jetzt angelegen sein, die Stimmung der Betheiligten durch Herabwür¬
digung des neuen Bankplanes zu verderben. Sie finden besonders aus¬
zusetzen, daß der Staat zehn Millionen wolle von Privatpersonen zusammen¬
schießen lassen, wahrend er selbst nur den Ueberschuß der Activa über die Pas¬
siva der Bank, (am 13. März d. I. nicht ganz I. Million) einsetze. Wobei man
verschweigt, daß der Staat das ganze etablirte Geschäft mit einem Umsatz,
der sich schon jetzt auf etwa 30l) Millionen Nthlr. beläuft, hergibt, auch
die zukünftigen Dividenden, die auf seinen Eapitalantheil fallen werden,
seinem Einschuß zuwachsen lassen und erforderlichen Falls diesen Einschuß
aus anderweiten Staatsmitteln vergrößern will. Ferner werden Rechnun¬
gen aufgestellt, denen zufolge der Gewinn der Actionäre nicht viel über
5 !Z steigen würde; abgesehen aber davon, daß die Rechnung, selbst in
den Grenzen, welche sie sich selbst steckt, zu knapp ist, wird dabei außer
Acht gelassen, daß das Geschäft sich überhaupt erweitern und besonders
einen Zuwachs von Depositen, vielleicht auch eine beträchtliche Vergröße¬
rung seines Giroverkehrs aller Wahrscheinlichkeit nach gewinnen wird,
so daß sich der Ertrag für die Actionäre leicht auf 6--7 ^ anschlagen
lassen dürfte. Man prophezeiht nun, daß sich unter den von der Staats¬
regierung gestellten Bedingungen Niemand zu betheiligen Lust haben
werde. Wir wollen sehen.


II.
Aus Prag

Die Stände und die Theaterdirection. -- Russische Maximen. -- Alte und
neue Schauspieler. -- Kritik und Censur. -- Gparcasse. .Teplitz. -- Die Geist¬
lichkeit beim Landtage. --

In den Hundsiagen gewahrt kaum ein Theater seinem Publicum
Vergnügen, doch das unsere, das so zu sagen seit Ostern ein fortgesetz¬
tes Caniculum feiert, macht hierin rühmliche Ausnahme; wer sich des


deren Ausarbeitung dem Minister Rother durch die Verordnung vom I I.
April aufgetragen war, ist in verhältnißmäßig sehr kurzer Zeit zu Stande
gekommen und ist jetzt eben veröffentlicht worden. Die provisorische
Ausgabe von II) Millionen Noten hat nicht stattgefunden. Sie konnte
auch nicht stattfinden, da zwei Beamte der Staatsschuldenverwaltung, denen
die Eontrole der Notenanfcrtigung aufgetragen war, sich weigerten, die¬
sem Auftrage nachzukommen, indem sie meinten, daß darin eine Ver¬
letzung ihres geleisteten Eides liegen würde. Die Acitungscorresponden-
ten rühmen sich jetzt, die Abweichungen, welche sich in der neuen Bank¬
ordnung von den Bestimmungen der Cabinetsordre vom II. April fin¬
den, verursacht zu haben. > Mit Unrecht, denn die auf Betheiligung von
Privaten berechnete Ordnung mußte natürlich andere Bestimmungen er¬
halten, als die provisorische Abhülfe; wenn die Zeitungen etwas in die¬
ser Angelegenheit bewirkt haben sollten, so könnte es nur dies sein, daß
die gute Absicht in der Verordnung vom II. April, einstweilen zu hel¬
fen, vereitelt worden ist. Dieselben Korrespondenten lassen es sich auch
jetzt angelegen sein, die Stimmung der Betheiligten durch Herabwür¬
digung des neuen Bankplanes zu verderben. Sie finden besonders aus¬
zusetzen, daß der Staat zehn Millionen wolle von Privatpersonen zusammen¬
schießen lassen, wahrend er selbst nur den Ueberschuß der Activa über die Pas¬
siva der Bank, (am 13. März d. I. nicht ganz I. Million) einsetze. Wobei man
verschweigt, daß der Staat das ganze etablirte Geschäft mit einem Umsatz,
der sich schon jetzt auf etwa 30l) Millionen Nthlr. beläuft, hergibt, auch
die zukünftigen Dividenden, die auf seinen Eapitalantheil fallen werden,
seinem Einschuß zuwachsen lassen und erforderlichen Falls diesen Einschuß
aus anderweiten Staatsmitteln vergrößern will. Ferner werden Rechnun¬
gen aufgestellt, denen zufolge der Gewinn der Actionäre nicht viel über
5 !Z steigen würde; abgesehen aber davon, daß die Rechnung, selbst in
den Grenzen, welche sie sich selbst steckt, zu knapp ist, wird dabei außer
Acht gelassen, daß das Geschäft sich überhaupt erweitern und besonders
einen Zuwachs von Depositen, vielleicht auch eine beträchtliche Vergröße¬
rung seines Giroverkehrs aller Wahrscheinlichkeit nach gewinnen wird,
so daß sich der Ertrag für die Actionäre leicht auf 6—7 ^ anschlagen
lassen dürfte. Man prophezeiht nun, daß sich unter den von der Staats¬
regierung gestellten Bedingungen Niemand zu betheiligen Lust haben
werde. Wir wollen sehen.


II.
Aus Prag

Die Stände und die Theaterdirection. — Russische Maximen. — Alte und
neue Schauspieler. — Kritik und Censur. — Gparcasse. .Teplitz. — Die Geist¬
lichkeit beim Landtage. —

In den Hundsiagen gewahrt kaum ein Theater seinem Publicum
Vergnügen, doch das unsere, das so zu sagen seit Ostern ein fortgesetz¬
tes Caniculum feiert, macht hierin rühmliche Ausnahme; wer sich des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/180>, abgerufen am 04.05.2024.