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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Die niederöfterreichifchen Ständebewegungen.



Die Grenzboten einhielten ^ vor Kurzem einen Allfsatz "zur Be¬
urtheilung der ständischen Verhältnisse in Böhmen" (Ur. 28), der sei¬
ner Gründlichkeit und seiner würdigen, ächt staatsmännischen Haltung
wegen als das Bedeutendste und Umfassendste anerkannt werden muß,
was die Presse seit vielen Jahren zur Beleuchtung des Ständewesens
in den österreichischen Staateil gebracht hat. Dies Lob könnte, wenn
es nicht ehrlich gemeint wäre, fast wie Ironie klingen, da die ständi¬
schen Verhältnisse Oesterreichs (mit Ausnahme Ungarns, welches aber
als constitutionelles Reich mit den übrigen landständischen Provinzen
keine Aehnlichkeit hat) bisher noch gar keinen mit den ständischen Rechten
vertrauten Beurtheiler gefunden hat. Der oberflächliche, optimistische To--
ry-Tourist Turnbull, der polemische auf Reichsstände hinzielende Ver¬
fasser der Schrift: "Oesterreich und seine Zukunft" (Graf Andriani)
und der wackere, feurige Dr. Schuselka in seinem trefflichen Buche:
"Die preußische Verfassungöweise und das nordische Princip", haben
das Ständewesen nur im Vorbeigehen gestreift, in soweit sie es zu
dem anderweitigen Kern ihres Werks nöthig hatten. Die ständische
Bewegung in Böhmen und Niederösterreich hat aber in den letzten
zwei Jahren, namentlich aber in den letzten Monaten einen solchen
Fortschritt gemacht, daß es durchaus nöthig ist, auf die einzelnen
Thatsachen ein aufmerksames Auge zu richten. Bei der unglückseligen
Heimlichkeit, zu denen alle ständische Thätigkeit Oesterreichs sich ver¬
urtheilt sieht, ist es kein Wunder, wenn man diese verkennt und falsch
beurtheilt. Hat doch sogar Ihr Blatt -- das wir als einen getreuen
und entschiedenen Vorkämpfer für den Fortschritt in Oesterreich kennen
und als das einzige in der deutschen Presse, welches mit unsern Zu¬
ständen wahrhaft vertraut ist (natürlich mit Ausnahme der halb osfi.


Die niederöfterreichifchen Ständebewegungen.



Die Grenzboten einhielten ^ vor Kurzem einen Allfsatz „zur Be¬
urtheilung der ständischen Verhältnisse in Böhmen" (Ur. 28), der sei¬
ner Gründlichkeit und seiner würdigen, ächt staatsmännischen Haltung
wegen als das Bedeutendste und Umfassendste anerkannt werden muß,
was die Presse seit vielen Jahren zur Beleuchtung des Ständewesens
in den österreichischen Staateil gebracht hat. Dies Lob könnte, wenn
es nicht ehrlich gemeint wäre, fast wie Ironie klingen, da die ständi¬
schen Verhältnisse Oesterreichs (mit Ausnahme Ungarns, welches aber
als constitutionelles Reich mit den übrigen landständischen Provinzen
keine Aehnlichkeit hat) bisher noch gar keinen mit den ständischen Rechten
vertrauten Beurtheiler gefunden hat. Der oberflächliche, optimistische To--
ry-Tourist Turnbull, der polemische auf Reichsstände hinzielende Ver¬
fasser der Schrift: „Oesterreich und seine Zukunft" (Graf Andriani)
und der wackere, feurige Dr. Schuselka in seinem trefflichen Buche:
„Die preußische Verfassungöweise und das nordische Princip", haben
das Ständewesen nur im Vorbeigehen gestreift, in soweit sie es zu
dem anderweitigen Kern ihres Werks nöthig hatten. Die ständische
Bewegung in Böhmen und Niederösterreich hat aber in den letzten
zwei Jahren, namentlich aber in den letzten Monaten einen solchen
Fortschritt gemacht, daß es durchaus nöthig ist, auf die einzelnen
Thatsachen ein aufmerksames Auge zu richten. Bei der unglückseligen
Heimlichkeit, zu denen alle ständische Thätigkeit Oesterreichs sich ver¬
urtheilt sieht, ist es kein Wunder, wenn man diese verkennt und falsch
beurtheilt. Hat doch sogar Ihr Blatt — das wir als einen getreuen
und entschiedenen Vorkämpfer für den Fortschritt in Oesterreich kennen
und als das einzige in der deutschen Presse, welches mit unsern Zu¬
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[0334] Die niederöfterreichifchen Ständebewegungen. Die Grenzboten einhielten ^ vor Kurzem einen Allfsatz „zur Be¬ urtheilung der ständischen Verhältnisse in Böhmen" (Ur. 28), der sei¬ ner Gründlichkeit und seiner würdigen, ächt staatsmännischen Haltung wegen als das Bedeutendste und Umfassendste anerkannt werden muß, was die Presse seit vielen Jahren zur Beleuchtung des Ständewesens in den österreichischen Staateil gebracht hat. Dies Lob könnte, wenn es nicht ehrlich gemeint wäre, fast wie Ironie klingen, da die ständi¬ schen Verhältnisse Oesterreichs (mit Ausnahme Ungarns, welches aber als constitutionelles Reich mit den übrigen landständischen Provinzen keine Aehnlichkeit hat) bisher noch gar keinen mit den ständischen Rechten vertrauten Beurtheiler gefunden hat. Der oberflächliche, optimistische To-- ry-Tourist Turnbull, der polemische auf Reichsstände hinzielende Ver¬ fasser der Schrift: „Oesterreich und seine Zukunft" (Graf Andriani) und der wackere, feurige Dr. Schuselka in seinem trefflichen Buche: „Die preußische Verfassungöweise und das nordische Princip", haben das Ständewesen nur im Vorbeigehen gestreift, in soweit sie es zu dem anderweitigen Kern ihres Werks nöthig hatten. Die ständische Bewegung in Böhmen und Niederösterreich hat aber in den letzten zwei Jahren, namentlich aber in den letzten Monaten einen solchen Fortschritt gemacht, daß es durchaus nöthig ist, auf die einzelnen Thatsachen ein aufmerksames Auge zu richten. Bei der unglückseligen Heimlichkeit, zu denen alle ständische Thätigkeit Oesterreichs sich ver¬ urtheilt sieht, ist es kein Wunder, wenn man diese verkennt und falsch beurtheilt. Hat doch sogar Ihr Blatt — das wir als einen getreuen und entschiedenen Vorkämpfer für den Fortschritt in Oesterreich kennen und als das einzige in der deutschen Presse, welches mit unsern Zu¬ ständen wahrhaft vertraut ist (natürlich mit Ausnahme der halb osfi.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/334>, abgerufen am 04.05.2024.