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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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i.
Hamburger Person", "ut Zustände.
Drei Frauen.

Berlin ist von Künstlern und Literaten unzählige Male durchstreift
worden; man hat seine Portraits und Personen bis in's Unendliche ge¬
zeichnet und beschrieben und mit den reizendsten und schmeichelhaftesten Vig¬
netten umgeben. Wir wissen, wie jede nur irgend berühmt- oder auch nur in
diesem oder jenem Buche, in dieser und jener Beziehung genannte Person
dort aussieht, welche Gesichtszüge sie hat, wie sie gekleidet geht, ob sie im
Thiergarten oder unter den Linden, am Morgen oder am Mittag zu
spazieren pflegt. Und solche Portraits und Beschreibungen, wie sehr sie
oft auch in's Kleinliche, Unbedeutende und Lakaienmäßige gingen, durften
doch immer auf ein allgemeines Interesse rechnen, denn man läßt sich
in müssigen Stunden gerne Personen veranschaulichen, von denen man
nur irgend einmal etwas eört

.
Von Hamburg aber geschah in dieser Beziehung kaum etwas, das
der Erwähnung werth wäre. Hamburg blieb auch in dieser Beziehung
eine teir-t meo^nit".

In frühern Jahren hatte Hamburgs Frauenwelt eine edle, weithin
genannte Repräsentantin an "Rosa Maria," oder, wie sie im bürger¬
lichen Leben hieß, Frau Doctorin Ussing, obschon die hamburgische Comp¬
toir-Bildung erst über Berlin her erfuhr,, welche Beziehungen diese ihre
Mitbürgerin zur deutschen Literatur und ihren Hauptvertretern hatte.
Dieser Stern ist jedoch längst in seinen Himmel gezogen. Bessere Fe¬
dern, als die meinige, haben ihn gewürdigt und so bleibt mir eben nur
das Recht, von den Lebenden zu sprechen.

Zuerst, glaube ich, ist hier Emilie Schröder zu nennen.

Wenn einst, wie von Friedrich Ludwig Schröder, auch eine um¬
fassende Lebensbeschreibung von Carl Maria Weber, Louis Spohr, Eber¬
wein, und von so vielen andern Künstlern, Dichtern und Componisten er¬
scheint, dann wird auch diese Frau oft darin genannt werden müssen,
weil sie die Beschützerin so vieler Talente war, weil sie es war, deren
Haus immer gastlich offen stand, wenn fremde Künstler und Dichter


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i.
Hamburger Person«, «ut Zustände.
Drei Frauen.

Berlin ist von Künstlern und Literaten unzählige Male durchstreift
worden; man hat seine Portraits und Personen bis in's Unendliche ge¬
zeichnet und beschrieben und mit den reizendsten und schmeichelhaftesten Vig¬
netten umgeben. Wir wissen, wie jede nur irgend berühmt- oder auch nur in
diesem oder jenem Buche, in dieser und jener Beziehung genannte Person
dort aussieht, welche Gesichtszüge sie hat, wie sie gekleidet geht, ob sie im
Thiergarten oder unter den Linden, am Morgen oder am Mittag zu
spazieren pflegt. Und solche Portraits und Beschreibungen, wie sehr sie
oft auch in's Kleinliche, Unbedeutende und Lakaienmäßige gingen, durften
doch immer auf ein allgemeines Interesse rechnen, denn man läßt sich
in müssigen Stunden gerne Personen veranschaulichen, von denen man
nur irgend einmal etwas eört

.
Von Hamburg aber geschah in dieser Beziehung kaum etwas, das
der Erwähnung werth wäre. Hamburg blieb auch in dieser Beziehung
eine teir-t meo^nit».

In frühern Jahren hatte Hamburgs Frauenwelt eine edle, weithin
genannte Repräsentantin an „Rosa Maria," oder, wie sie im bürger¬
lichen Leben hieß, Frau Doctorin Ussing, obschon die hamburgische Comp¬
toir-Bildung erst über Berlin her erfuhr,, welche Beziehungen diese ihre
Mitbürgerin zur deutschen Literatur und ihren Hauptvertretern hatte.
Dieser Stern ist jedoch längst in seinen Himmel gezogen. Bessere Fe¬
dern, als die meinige, haben ihn gewürdigt und so bleibt mir eben nur
das Recht, von den Lebenden zu sprechen.

Zuerst, glaube ich, ist hier Emilie Schröder zu nennen.

Wenn einst, wie von Friedrich Ludwig Schröder, auch eine um¬
fassende Lebensbeschreibung von Carl Maria Weber, Louis Spohr, Eber¬
wein, und von so vielen andern Künstlern, Dichtern und Componisten er¬
scheint, dann wird auch diese Frau oft darin genannt werden müssen,
weil sie die Beschützerin so vieler Talente war, weil sie es war, deren
Haus immer gastlich offen stand, wenn fremde Künstler und Dichter


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[0355] Tage b u c>>. i. Hamburger Person«, «ut Zustände. Drei Frauen. Berlin ist von Künstlern und Literaten unzählige Male durchstreift worden; man hat seine Portraits und Personen bis in's Unendliche ge¬ zeichnet und beschrieben und mit den reizendsten und schmeichelhaftesten Vig¬ netten umgeben. Wir wissen, wie jede nur irgend berühmt- oder auch nur in diesem oder jenem Buche, in dieser und jener Beziehung genannte Person dort aussieht, welche Gesichtszüge sie hat, wie sie gekleidet geht, ob sie im Thiergarten oder unter den Linden, am Morgen oder am Mittag zu spazieren pflegt. Und solche Portraits und Beschreibungen, wie sehr sie oft auch in's Kleinliche, Unbedeutende und Lakaienmäßige gingen, durften doch immer auf ein allgemeines Interesse rechnen, denn man läßt sich in müssigen Stunden gerne Personen veranschaulichen, von denen man nur irgend einmal etwas eört . Von Hamburg aber geschah in dieser Beziehung kaum etwas, das der Erwähnung werth wäre. Hamburg blieb auch in dieser Beziehung eine teir-t meo^nit». In frühern Jahren hatte Hamburgs Frauenwelt eine edle, weithin genannte Repräsentantin an „Rosa Maria," oder, wie sie im bürger¬ lichen Leben hieß, Frau Doctorin Ussing, obschon die hamburgische Comp¬ toir-Bildung erst über Berlin her erfuhr,, welche Beziehungen diese ihre Mitbürgerin zur deutschen Literatur und ihren Hauptvertretern hatte. Dieser Stern ist jedoch längst in seinen Himmel gezogen. Bessere Fe¬ dern, als die meinige, haben ihn gewürdigt und so bleibt mir eben nur das Recht, von den Lebenden zu sprechen. Zuerst, glaube ich, ist hier Emilie Schröder zu nennen. Wenn einst, wie von Friedrich Ludwig Schröder, auch eine um¬ fassende Lebensbeschreibung von Carl Maria Weber, Louis Spohr, Eber¬ wein, und von so vielen andern Künstlern, Dichtern und Componisten er¬ scheint, dann wird auch diese Frau oft darin genannt werden müssen, weil sie die Beschützerin so vieler Talente war, weil sie es war, deren Haus immer gastlich offen stand, wenn fremde Künstler und Dichter 44-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/355>, abgerufen am 19.04.2024.