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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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ich Jbi er lieben Brief, für dessen kostbare Bcisage ich zum allervcr"
bindlichsten danke, in Karlsbad erhielt, war mir leider schon der uner¬
setzliche Verlust bekannt, von dem Sie noch nicht als Sie schrieben
unterrichtet waren. Frühere Nachrichten, durch Curgäste von Wien,
ließen mir wenig Hoffnung, wie traurig ist eS aber zu vernehmen,
daß leine mehr sei. Sie leimen meine Liebe und Verehrung für Ihre
unvergeßliche Schwester, ich kenne Ihre Anhänglichkeit. Lassen Sie
sich das, was Sie noch gegen das Ende für sie gethan, bei diesem
Verluste zu einem Trostgründe dienen, den die entfernten Freunde ent¬
behren, und wenden mir um so mehr Ihr Wohlwollen und Ihr Ver¬
trauen zu, als ich es von jener Seite zu entbehren lernen muß. Die
besten Wünsche für daS Wohl Ihres Hrn. Gemahls, dem ich mich
angelegentlich zu empfehlen bitte, und noch tausend Dank für das
U Goethe. ebersendete.

(Nach Tharant.)


14.

Weimar, den I. December 1813.

Was ich für Sie seit mehreren Monaten gefürchtet, was ich bei
vielfachen Erkundigungen theilweise vernommen, davon gibt mir nun
Ihr lieber Brief leider eine vollständige Gewißheit. Waren Sie nicht,
verehrte Freundin, mit dieser seltsamen Mischung von Stärke und Zart¬
heit, von Uebersicht und Gefühl begabt, so würden Sie so große Uebel
nicht ertragen können. Möge, wie sich die dresdener Luft wieder rei¬
nigt, auch um Sie der Himmel heiterer werden und in bessern Tagen
die Gesundheit Ihres werthen Gatten sich glücklich herstellen.

Die ungeheuern Schicksale sind, verhälmißmäßig, gelind an uns
vorübergegangen, und ich war, mit allen denen mir zunächst Verbun¬
denen, durch diese unruhigen Wochen wenigstens gesund,'und man half
sich wechselsweise selbst die schlimmsten Stunden ertragen.

Wo man hin sieht und Hort, woher auch Briefe zu uns gelangen,
Alles klingt wieder von Jammer und Noth, und nur die Hoffnung,
daß aus diesem Chaos eine neue Ordnung der Dinge hervortreten
werde und müsse, erhält noch die Jüngeren aufrecht, indem die Älte¬
ren eS wahrscheinlich finden, daß sie erst aus glücklicheren Regionen
auf dieses neue Gluck herabsehen werde".

Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit, wie Sie sich mit Ihrem theu¬
ren Gemahl, dem ich much bestens empfehle, befinden,


ich Jbi er lieben Brief, für dessen kostbare Bcisage ich zum allervcr»
bindlichsten danke, in Karlsbad erhielt, war mir leider schon der uner¬
setzliche Verlust bekannt, von dem Sie noch nicht als Sie schrieben
unterrichtet waren. Frühere Nachrichten, durch Curgäste von Wien,
ließen mir wenig Hoffnung, wie traurig ist eS aber zu vernehmen,
daß leine mehr sei. Sie leimen meine Liebe und Verehrung für Ihre
unvergeßliche Schwester, ich kenne Ihre Anhänglichkeit. Lassen Sie
sich das, was Sie noch gegen das Ende für sie gethan, bei diesem
Verluste zu einem Trostgründe dienen, den die entfernten Freunde ent¬
behren, und wenden mir um so mehr Ihr Wohlwollen und Ihr Ver¬
trauen zu, als ich es von jener Seite zu entbehren lernen muß. Die
besten Wünsche für daS Wohl Ihres Hrn. Gemahls, dem ich mich
angelegentlich zu empfehlen bitte, und noch tausend Dank für das
U Goethe. ebersendete.

(Nach Tharant.)


14.

Weimar, den I. December 1813.

Was ich für Sie seit mehreren Monaten gefürchtet, was ich bei
vielfachen Erkundigungen theilweise vernommen, davon gibt mir nun
Ihr lieber Brief leider eine vollständige Gewißheit. Waren Sie nicht,
verehrte Freundin, mit dieser seltsamen Mischung von Stärke und Zart¬
heit, von Uebersicht und Gefühl begabt, so würden Sie so große Uebel
nicht ertragen können. Möge, wie sich die dresdener Luft wieder rei¬
nigt, auch um Sie der Himmel heiterer werden und in bessern Tagen
die Gesundheit Ihres werthen Gatten sich glücklich herstellen.

Die ungeheuern Schicksale sind, verhälmißmäßig, gelind an uns
vorübergegangen, und ich war, mit allen denen mir zunächst Verbun¬
denen, durch diese unruhigen Wochen wenigstens gesund,'und man half
sich wechselsweise selbst die schlimmsten Stunden ertragen.

Wo man hin sieht und Hort, woher auch Briefe zu uns gelangen,
Alles klingt wieder von Jammer und Noth, und nur die Hoffnung,
daß aus diesem Chaos eine neue Ordnung der Dinge hervortreten
werde und müsse, erhält noch die Jüngeren aufrecht, indem die Älte¬
ren eS wahrscheinlich finden, daß sie erst aus glücklicheren Regionen
auf dieses neue Gluck herabsehen werde».

Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit, wie Sie sich mit Ihrem theu¬
ren Gemahl, dem ich much bestens empfehle, befinden,


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[0521] ich Jbi er lieben Brief, für dessen kostbare Bcisage ich zum allervcr» bindlichsten danke, in Karlsbad erhielt, war mir leider schon der uner¬ setzliche Verlust bekannt, von dem Sie noch nicht als Sie schrieben unterrichtet waren. Frühere Nachrichten, durch Curgäste von Wien, ließen mir wenig Hoffnung, wie traurig ist eS aber zu vernehmen, daß leine mehr sei. Sie leimen meine Liebe und Verehrung für Ihre unvergeßliche Schwester, ich kenne Ihre Anhänglichkeit. Lassen Sie sich das, was Sie noch gegen das Ende für sie gethan, bei diesem Verluste zu einem Trostgründe dienen, den die entfernten Freunde ent¬ behren, und wenden mir um so mehr Ihr Wohlwollen und Ihr Ver¬ trauen zu, als ich es von jener Seite zu entbehren lernen muß. Die besten Wünsche für daS Wohl Ihres Hrn. Gemahls, dem ich mich angelegentlich zu empfehlen bitte, und noch tausend Dank für das U Goethe. ebersendete. (Nach Tharant.) 14. Weimar, den I. December 1813. Was ich für Sie seit mehreren Monaten gefürchtet, was ich bei vielfachen Erkundigungen theilweise vernommen, davon gibt mir nun Ihr lieber Brief leider eine vollständige Gewißheit. Waren Sie nicht, verehrte Freundin, mit dieser seltsamen Mischung von Stärke und Zart¬ heit, von Uebersicht und Gefühl begabt, so würden Sie so große Uebel nicht ertragen können. Möge, wie sich die dresdener Luft wieder rei¬ nigt, auch um Sie der Himmel heiterer werden und in bessern Tagen die Gesundheit Ihres werthen Gatten sich glücklich herstellen. Die ungeheuern Schicksale sind, verhälmißmäßig, gelind an uns vorübergegangen, und ich war, mit allen denen mir zunächst Verbun¬ denen, durch diese unruhigen Wochen wenigstens gesund,'und man half sich wechselsweise selbst die schlimmsten Stunden ertragen. Wo man hin sieht und Hort, woher auch Briefe zu uns gelangen, Alles klingt wieder von Jammer und Noth, und nur die Hoffnung, daß aus diesem Chaos eine neue Ordnung der Dinge hervortreten werde und müsse, erhält noch die Jüngeren aufrecht, indem die Älte¬ ren eS wahrscheinlich finden, daß sie erst aus glücklicheren Regionen auf dieses neue Gluck herabsehen werde». Sagen Sie mir von Zeit zu Zeit, wie Sie sich mit Ihrem theu¬ ren Gemahl, dem ich much bestens empfehle, befinden,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/521>, abgerufen am 26.04.2024.