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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Seefläche schwimmend, erlabte sich Herz und Auge an den prächtigen Farben
des Abends, die See und Gebirge in purpurne und goldene Flammen setz¬
ten. Es war einer der Abende an dem man die Güte Gottes, den Ein¬
klang von Geist und Natur in wunderbarer Weise fühlt.


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Tage um Tage gingen an mir vorüber, seit dem Abende, an dem ich
in den Gasthof von Weissenbach eingezogen war. Ich zählte sie nicht, ich
schrieb sie nicht im Kalender an, ich weiß von ihnen kaum noch etwas zu
erzählen, aber sie liegen als lichte Stelle in meiner Seele. Die Morgen
verträumte ich meist in einer benachbarten Bucht des Sees, wo die Wellen
die lieblichste Musik machten. Ein Licht das in dem Wasser spielte, eine
Schaumwelle, die sich auf den Kieseln herumtrieb, konnten mich Stunden
lang beschäftigen. Ein Poctenleben besteht aus kleinen Freuden und großen
Schmerzen. -- Dann machte ich Ausflüge nach Nußdorf, an den herrlichen
Mondsee, uach Se. Heiligen am Se. Wolfgangersee. Eines Tages war ich so¬
gar, fast ohne daß ich's wußte wie, bis nach Salzburg gekommen. Salzburg
war mir schon ans früheren Reisen eine liebe Bekanntschaft. Ich liebe diese
Stadt mit den weißen Häusern, die einen fast italienischen Anstrich haben,
ich liebe ihre alten Klöster und Burgmauern, ihre grünen Rebenhügel rings¬
umher und deu wilden, hellgrünen Fluß, der rasch an dem alten Gemäner
vorüberjagt. Ich mochte hier nicht immer leben, aber einige Tage verträumen
sich recht süß. -- Es war Nacht als ich in Salzburg ankam und ein Wett¬
rennen, das für den nächsten Tag angesagt war und die ganze Nachbarschaft
herbeizog, hatte die Gasthöfe dermaßen angefüllt, daß ich mehrere Stunden¬
lang in den Gassen hcrumirrte, ohne ein Unterkommen finden zu können.
Endlich fand ich eines im Hütel zum goldenen Schiff, aber ich muß hier-
feierlichst vor diesem Gasthof alle Reisenden warnen, denen es kein Vergnü¬
gen macht, von Wanzen gebissen, von vornehmen Schlingeln, die sich Kell¬
ner nennen, schlecht bedient und zuletzt vom Wirth auf das schändlichste ge
prellt zu werden. -- Andere Städte haben ihre Promenaden, ihre Belnsti
Mugsörter, Salzburg, die gute erzbischöfliche Stadt, hat vor allen ihren
Kirchhof. Wer kennt nicht das Sonnet von Lenau, das ihn besingt? Ans
der einen Seite von Felsen eingeschlossen, zeigt auch er in einer geraden
abschüssigen Sandsteinwand die Klausen zweier heiligen Einstedler; unten
ziehen sich Arkaden, Familiengrüste und seltsame Monumente in langer Reihe
hin; ein schönes und wunderliches lÄm^o s-no. Das uralte Kirchlein in
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Seefläche schwimmend, erlabte sich Herz und Auge an den prächtigen Farben
des Abends, die See und Gebirge in purpurne und goldene Flammen setz¬
ten. Es war einer der Abende an dem man die Güte Gottes, den Ein¬
klang von Geist und Natur in wunderbarer Weise fühlt.


III

Tage um Tage gingen an mir vorüber, seit dem Abende, an dem ich
in den Gasthof von Weissenbach eingezogen war. Ich zählte sie nicht, ich
schrieb sie nicht im Kalender an, ich weiß von ihnen kaum noch etwas zu
erzählen, aber sie liegen als lichte Stelle in meiner Seele. Die Morgen
verträumte ich meist in einer benachbarten Bucht des Sees, wo die Wellen
die lieblichste Musik machten. Ein Licht das in dem Wasser spielte, eine
Schaumwelle, die sich auf den Kieseln herumtrieb, konnten mich Stunden
lang beschäftigen. Ein Poctenleben besteht aus kleinen Freuden und großen
Schmerzen. — Dann machte ich Ausflüge nach Nußdorf, an den herrlichen
Mondsee, uach Se. Heiligen am Se. Wolfgangersee. Eines Tages war ich so¬
gar, fast ohne daß ich's wußte wie, bis nach Salzburg gekommen. Salzburg
war mir schon ans früheren Reisen eine liebe Bekanntschaft. Ich liebe diese
Stadt mit den weißen Häusern, die einen fast italienischen Anstrich haben,
ich liebe ihre alten Klöster und Burgmauern, ihre grünen Rebenhügel rings¬
umher und deu wilden, hellgrünen Fluß, der rasch an dem alten Gemäner
vorüberjagt. Ich mochte hier nicht immer leben, aber einige Tage verträumen
sich recht süß. — Es war Nacht als ich in Salzburg ankam und ein Wett¬
rennen, das für den nächsten Tag angesagt war und die ganze Nachbarschaft
herbeizog, hatte die Gasthöfe dermaßen angefüllt, daß ich mehrere Stunden¬
lang in den Gassen hcrumirrte, ohne ein Unterkommen finden zu können.
Endlich fand ich eines im Hütel zum goldenen Schiff, aber ich muß hier-
feierlichst vor diesem Gasthof alle Reisenden warnen, denen es kein Vergnü¬
gen macht, von Wanzen gebissen, von vornehmen Schlingeln, die sich Kell¬
ner nennen, schlecht bedient und zuletzt vom Wirth auf das schändlichste ge
prellt zu werden. — Andere Städte haben ihre Promenaden, ihre Belnsti
Mugsörter, Salzburg, die gute erzbischöfliche Stadt, hat vor allen ihren
Kirchhof. Wer kennt nicht das Sonnet von Lenau, das ihn besingt? Ans
der einen Seite von Felsen eingeschlossen, zeigt auch er in einer geraden
abschüssigen Sandsteinwand die Klausen zweier heiligen Einstedler; unten
ziehen sich Arkaden, Familiengrüste und seltsame Monumente in langer Reihe
hin; ein schönes und wunderliches lÄm^o s-no. Das uralte Kirchlein in
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[0207] Seefläche schwimmend, erlabte sich Herz und Auge an den prächtigen Farben des Abends, die See und Gebirge in purpurne und goldene Flammen setz¬ ten. Es war einer der Abende an dem man die Güte Gottes, den Ein¬ klang von Geist und Natur in wunderbarer Weise fühlt. III Tage um Tage gingen an mir vorüber, seit dem Abende, an dem ich in den Gasthof von Weissenbach eingezogen war. Ich zählte sie nicht, ich schrieb sie nicht im Kalender an, ich weiß von ihnen kaum noch etwas zu erzählen, aber sie liegen als lichte Stelle in meiner Seele. Die Morgen verträumte ich meist in einer benachbarten Bucht des Sees, wo die Wellen die lieblichste Musik machten. Ein Licht das in dem Wasser spielte, eine Schaumwelle, die sich auf den Kieseln herumtrieb, konnten mich Stunden lang beschäftigen. Ein Poctenleben besteht aus kleinen Freuden und großen Schmerzen. — Dann machte ich Ausflüge nach Nußdorf, an den herrlichen Mondsee, uach Se. Heiligen am Se. Wolfgangersee. Eines Tages war ich so¬ gar, fast ohne daß ich's wußte wie, bis nach Salzburg gekommen. Salzburg war mir schon ans früheren Reisen eine liebe Bekanntschaft. Ich liebe diese Stadt mit den weißen Häusern, die einen fast italienischen Anstrich haben, ich liebe ihre alten Klöster und Burgmauern, ihre grünen Rebenhügel rings¬ umher und deu wilden, hellgrünen Fluß, der rasch an dem alten Gemäner vorüberjagt. Ich mochte hier nicht immer leben, aber einige Tage verträumen sich recht süß. — Es war Nacht als ich in Salzburg ankam und ein Wett¬ rennen, das für den nächsten Tag angesagt war und die ganze Nachbarschaft herbeizog, hatte die Gasthöfe dermaßen angefüllt, daß ich mehrere Stunden¬ lang in den Gassen hcrumirrte, ohne ein Unterkommen finden zu können. Endlich fand ich eines im Hütel zum goldenen Schiff, aber ich muß hier- feierlichst vor diesem Gasthof alle Reisenden warnen, denen es kein Vergnü¬ gen macht, von Wanzen gebissen, von vornehmen Schlingeln, die sich Kell¬ ner nennen, schlecht bedient und zuletzt vom Wirth auf das schändlichste ge prellt zu werden. — Andere Städte haben ihre Promenaden, ihre Belnsti Mugsörter, Salzburg, die gute erzbischöfliche Stadt, hat vor allen ihren Kirchhof. Wer kennt nicht das Sonnet von Lenau, das ihn besingt? Ans der einen Seite von Felsen eingeschlossen, zeigt auch er in einer geraden abschüssigen Sandsteinwand die Klausen zweier heiligen Einstedler; unten ziehen sich Arkaden, Familiengrüste und seltsame Monumente in langer Reihe hin; ein schönes und wunderliches lÄm^o s-no. Das uralte Kirchlein in '''' '26*- -

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/207>, abgerufen am 05.05.2024.