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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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gegenüber besaß, durch das Patent vom 3. Februar aber einbüßte, gegen wenige
Stimmen, die sich dafür erklärten, durchgefallen. Der Landtag hat ans diese
Weise erklärt, er billige das Prinzip der Ausschließung zwischen ihm und dem Volke.

Ein Antrag des Herrn von Sareten-Julienfeldc, daß bei Ausübung seiner poli¬
tischen Rechte Niemand nach seiner Religion gefragt werden solle, ist mit der Mo¬
difikation, daß jeder, der sich zum Christenthum bekenne, d. i> sich selbst als Christen
bezeichne, die vollständige Ausübung aller bürgerlichen und politischen Rechte genießen
solle, nach einer hinreißenden Rede des Herrn v. Beckerath, trotz der größten
Anstrengungen des Enltusminister Eichhorn sast einstimmig von der zweiten Curie
angenommen worden. Die Modifikation soll keine Verwerfung der Juden-
emanzipation in sich begreifen, mir wollte man eine Frage, über welche eine kö¬
nigliche Propositiow vorliegt, nicht gelegentlich vor Berathung derselben abschneiden,
und das, wie es uns scheint, mit Recht. Das von der Regierung vorgelegt"
Jndcngesetz hat übrigens so gut wie gar keine Aussichten auf Annahme.

In der am 15. stattgefundenen Sitzung erklärte der Minister des Auswärti¬
gen, v. Canitz, das Patent vom Februar wäre fälschlich so ausgelegt worden,
als gestatte es dem Landtage nicht die Verhandlung der auswärtigen Verhält¬
nisse. Der Marschall v. Rochow antwortete darauf, er habe allerdings auch diese
Auslegung getheilt, und daher dähinzielcnde Petitionen verschiedener Abgeordneten
abgewiesen, werde dieselben aber jetzt sogleich zulassen und den Abtheilungen über¬
weisen. Merkwürdigerweise versuchte Herr von Canitz seine Erklärung in der
Sitzung vom 21. wieder zurückzunehmen, als nur aus seiner Privatansicht ge¬
flossen und keineswegs offiziell. Die Versammlung ging aber darauf nicht ein,
"s wurden vielmehr dem Herrn Minister die Widersprüche, in die er sich verwickelt
habe, nachgewiesen, und die Schleswig-Holstein'sche, so wie die Krakauer Frage
werden daher vor das Forum der ständischen Berathung kommen. Eine Petition,
die diplomatischen Verbindungen mit Spanien wieder anzuknüpfen, der wichtigen
dabei betheiligten Handelsinteressen wegen, wurde zwar als zu spät eingebracht
vom Marschall zurückgewiesen, jedoch zeigte die Versammlung sich völlig einver¬
standen mit dem Inhalt derselben.

Morgen, den 25., nehmen die Stände ihre durch die Feiertage unterbro¬
chenen Sitzungen wieder aus. Es ist uoch nicht bekannt, womit sie sich zuerst
beschäftigen werden. Eben so wenig weiß man bis jetzt, welchen Entschluß die
Regierung betreffs der Vertagung oder Verlängerung der Session, deren acht-
wöchcntliche Frist den 7. Juni abläuft, gefaßt hat.


Die böhmische Stäudeversammlmig"

Am 17. Mai wurden die Sitzungen der Ständeversammlung durch die feier¬
liche Eröffnung des Postulatenlandtagcs für das Jahr unterbrochen, welche
ganz in der althergebrachten Rvcocowcift stattfand, und den zum Theil noch an-


gegenüber besaß, durch das Patent vom 3. Februar aber einbüßte, gegen wenige
Stimmen, die sich dafür erklärten, durchgefallen. Der Landtag hat ans diese
Weise erklärt, er billige das Prinzip der Ausschließung zwischen ihm und dem Volke.

Ein Antrag des Herrn von Sareten-Julienfeldc, daß bei Ausübung seiner poli¬
tischen Rechte Niemand nach seiner Religion gefragt werden solle, ist mit der Mo¬
difikation, daß jeder, der sich zum Christenthum bekenne, d. i> sich selbst als Christen
bezeichne, die vollständige Ausübung aller bürgerlichen und politischen Rechte genießen
solle, nach einer hinreißenden Rede des Herrn v. Beckerath, trotz der größten
Anstrengungen des Enltusminister Eichhorn sast einstimmig von der zweiten Curie
angenommen worden. Die Modifikation soll keine Verwerfung der Juden-
emanzipation in sich begreifen, mir wollte man eine Frage, über welche eine kö¬
nigliche Propositiow vorliegt, nicht gelegentlich vor Berathung derselben abschneiden,
und das, wie es uns scheint, mit Recht. Das von der Regierung vorgelegt«
Jndcngesetz hat übrigens so gut wie gar keine Aussichten auf Annahme.

In der am 15. stattgefundenen Sitzung erklärte der Minister des Auswärti¬
gen, v. Canitz, das Patent vom Februar wäre fälschlich so ausgelegt worden,
als gestatte es dem Landtage nicht die Verhandlung der auswärtigen Verhält¬
nisse. Der Marschall v. Rochow antwortete darauf, er habe allerdings auch diese
Auslegung getheilt, und daher dähinzielcnde Petitionen verschiedener Abgeordneten
abgewiesen, werde dieselben aber jetzt sogleich zulassen und den Abtheilungen über¬
weisen. Merkwürdigerweise versuchte Herr von Canitz seine Erklärung in der
Sitzung vom 21. wieder zurückzunehmen, als nur aus seiner Privatansicht ge¬
flossen und keineswegs offiziell. Die Versammlung ging aber darauf nicht ein,
«s wurden vielmehr dem Herrn Minister die Widersprüche, in die er sich verwickelt
habe, nachgewiesen, und die Schleswig-Holstein'sche, so wie die Krakauer Frage
werden daher vor das Forum der ständischen Berathung kommen. Eine Petition,
die diplomatischen Verbindungen mit Spanien wieder anzuknüpfen, der wichtigen
dabei betheiligten Handelsinteressen wegen, wurde zwar als zu spät eingebracht
vom Marschall zurückgewiesen, jedoch zeigte die Versammlung sich völlig einver¬
standen mit dem Inhalt derselben.

Morgen, den 25., nehmen die Stände ihre durch die Feiertage unterbro¬
chenen Sitzungen wieder aus. Es ist uoch nicht bekannt, womit sie sich zuerst
beschäftigen werden. Eben so wenig weiß man bis jetzt, welchen Entschluß die
Regierung betreffs der Vertagung oder Verlängerung der Session, deren acht-
wöchcntliche Frist den 7. Juni abläuft, gefaßt hat.


Die böhmische Stäudeversammlmig»

Am 17. Mai wurden die Sitzungen der Ständeversammlung durch die feier¬
liche Eröffnung des Postulatenlandtagcs für das Jahr unterbrochen, welche
ganz in der althergebrachten Rvcocowcift stattfand, und den zum Theil noch an-


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[0361] gegenüber besaß, durch das Patent vom 3. Februar aber einbüßte, gegen wenige Stimmen, die sich dafür erklärten, durchgefallen. Der Landtag hat ans diese Weise erklärt, er billige das Prinzip der Ausschließung zwischen ihm und dem Volke. Ein Antrag des Herrn von Sareten-Julienfeldc, daß bei Ausübung seiner poli¬ tischen Rechte Niemand nach seiner Religion gefragt werden solle, ist mit der Mo¬ difikation, daß jeder, der sich zum Christenthum bekenne, d. i> sich selbst als Christen bezeichne, die vollständige Ausübung aller bürgerlichen und politischen Rechte genießen solle, nach einer hinreißenden Rede des Herrn v. Beckerath, trotz der größten Anstrengungen des Enltusminister Eichhorn sast einstimmig von der zweiten Curie angenommen worden. Die Modifikation soll keine Verwerfung der Juden- emanzipation in sich begreifen, mir wollte man eine Frage, über welche eine kö¬ nigliche Propositiow vorliegt, nicht gelegentlich vor Berathung derselben abschneiden, und das, wie es uns scheint, mit Recht. Das von der Regierung vorgelegt« Jndcngesetz hat übrigens so gut wie gar keine Aussichten auf Annahme. In der am 15. stattgefundenen Sitzung erklärte der Minister des Auswärti¬ gen, v. Canitz, das Patent vom Februar wäre fälschlich so ausgelegt worden, als gestatte es dem Landtage nicht die Verhandlung der auswärtigen Verhält¬ nisse. Der Marschall v. Rochow antwortete darauf, er habe allerdings auch diese Auslegung getheilt, und daher dähinzielcnde Petitionen verschiedener Abgeordneten abgewiesen, werde dieselben aber jetzt sogleich zulassen und den Abtheilungen über¬ weisen. Merkwürdigerweise versuchte Herr von Canitz seine Erklärung in der Sitzung vom 21. wieder zurückzunehmen, als nur aus seiner Privatansicht ge¬ flossen und keineswegs offiziell. Die Versammlung ging aber darauf nicht ein, «s wurden vielmehr dem Herrn Minister die Widersprüche, in die er sich verwickelt habe, nachgewiesen, und die Schleswig-Holstein'sche, so wie die Krakauer Frage werden daher vor das Forum der ständischen Berathung kommen. Eine Petition, die diplomatischen Verbindungen mit Spanien wieder anzuknüpfen, der wichtigen dabei betheiligten Handelsinteressen wegen, wurde zwar als zu spät eingebracht vom Marschall zurückgewiesen, jedoch zeigte die Versammlung sich völlig einver¬ standen mit dem Inhalt derselben. Morgen, den 25., nehmen die Stände ihre durch die Feiertage unterbro¬ chenen Sitzungen wieder aus. Es ist uoch nicht bekannt, womit sie sich zuerst beschäftigen werden. Eben so wenig weiß man bis jetzt, welchen Entschluß die Regierung betreffs der Vertagung oder Verlängerung der Session, deren acht- wöchcntliche Frist den 7. Juni abläuft, gefaßt hat. Die böhmische Stäudeversammlmig» Am 17. Mai wurden die Sitzungen der Ständeversammlung durch die feier¬ liche Eröffnung des Postulatenlandtagcs für das Jahr unterbrochen, welche ganz in der althergebrachten Rvcocowcift stattfand, und den zum Theil noch an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/361>, abgerufen am 05.05.2024.