Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.Die Ereignisse in Portugal. Die Intervention in Portugal war das große Ereigniß der letzten acht Die Ereignisse in Portugal. Die Intervention in Portugal war das große Ereigniß der letzten acht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0522" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272421"/> </div> <div n="1"> <head> Die Ereignisse in Portugal.</head><lb/> <p xml:id="ID_1681" next="#ID_1682"> Die Intervention in Portugal war das große Ereigniß der letzten acht<lb/> Tage. Alle Organe der Öffentlichkeit haben sich über dieselbe ausgespro¬<lb/> chen; die Presse, die diuo book«, und die Kammern selbst. Als Quintessenz<lb/> dieser Ueberschwemmung von Nachrichten und Erklärungen in der portugie¬<lb/> sischen Angelegenheit siud die beiden Reden zu betrachten, die Herr Guizot<lb/> und Lord John Rüssel dies- und jenseits des Canals vom Stapel gelassen<lb/> haben. Man sollte eigentlich nicht sagen: die beiden Reden, sondern einfach:<lb/> die Rede. Denn beide Redner haben so vollkommen dasselbe gesagt, daß<lb/> Lord John die Rede Herrn Guizot's, und Herr Guizot die Lord John's,<lb/> mit ein Paar Aenderungen in Nebensachen, nur hätte zu übersetzen gebraucht.<lb/> In Bezug aus die portugiesischen Angelegenheiten selbst sind die beiden<lb/> ersten Minister vollkommen einverstanden, daß die Königin die Constitution<lb/> mit Fußen getreten und dadurch die Revolution veranlaßt habe. Die Junta<lb/> war somit in ihren Angen halbwegs berechtigt zum Aufstande, und wenn sie,<lb/> jetzt fast siegreich, auf die Cabinete von England und Frankreich stoßt, so<lb/> geschieht dies uicht aus Feindschaft gegen die Volksfteiheit in Portugal,<lb/> sondern eigentlich nur zum Besten derselben, da mau von beiden Seiten be¬<lb/> hauptet, mau fürchte, die junge Freiheit könne sich überschlagen, und des¬<lb/> wegen wolle mau ihr mit den guten Erfahrungen Englands und Frankreichs<lb/> zu Hülfe kommen. Auch in Bezug auf den Grundsatz der Intervention und<lb/> Nichtintervention siud die beiden ersten Minister vollkommen derselben An¬<lb/> sicht. Sie sind beide Anhänger der Nichtintervention, und Gegner der In¬<lb/> tervention. Das ist für England ein Nednergrnudsatz, für Frankreich „to<lb/> ilroit des Xations!" Nur gibt es von allen Regeln Ausnahmen, die —<lb/> eben Nichts als die Regeln bestätigen, wie unsere Väter nicht nur sagten,<lb/> sondern auch geglaubt zu haben scheinen. Diese Ausnahmen treten ein, wenn<lb/> ein mächtiges Volk sieht, daß ein schwaches dumme Streiche macht.<lb/> Dumme Streiche aber siud solche, die „vor Allem" dem schwachen Volk selbst</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0522]
Die Ereignisse in Portugal.
Die Intervention in Portugal war das große Ereigniß der letzten acht
Tage. Alle Organe der Öffentlichkeit haben sich über dieselbe ausgespro¬
chen; die Presse, die diuo book«, und die Kammern selbst. Als Quintessenz
dieser Ueberschwemmung von Nachrichten und Erklärungen in der portugie¬
sischen Angelegenheit siud die beiden Reden zu betrachten, die Herr Guizot
und Lord John Rüssel dies- und jenseits des Canals vom Stapel gelassen
haben. Man sollte eigentlich nicht sagen: die beiden Reden, sondern einfach:
die Rede. Denn beide Redner haben so vollkommen dasselbe gesagt, daß
Lord John die Rede Herrn Guizot's, und Herr Guizot die Lord John's,
mit ein Paar Aenderungen in Nebensachen, nur hätte zu übersetzen gebraucht.
In Bezug aus die portugiesischen Angelegenheiten selbst sind die beiden
ersten Minister vollkommen einverstanden, daß die Königin die Constitution
mit Fußen getreten und dadurch die Revolution veranlaßt habe. Die Junta
war somit in ihren Angen halbwegs berechtigt zum Aufstande, und wenn sie,
jetzt fast siegreich, auf die Cabinete von England und Frankreich stoßt, so
geschieht dies uicht aus Feindschaft gegen die Volksfteiheit in Portugal,
sondern eigentlich nur zum Besten derselben, da mau von beiden Seiten be¬
hauptet, mau fürchte, die junge Freiheit könne sich überschlagen, und des¬
wegen wolle mau ihr mit den guten Erfahrungen Englands und Frankreichs
zu Hülfe kommen. Auch in Bezug auf den Grundsatz der Intervention und
Nichtintervention siud die beiden ersten Minister vollkommen derselben An¬
sicht. Sie sind beide Anhänger der Nichtintervention, und Gegner der In¬
tervention. Das ist für England ein Nednergrnudsatz, für Frankreich „to
ilroit des Xations!" Nur gibt es von allen Regeln Ausnahmen, die —
eben Nichts als die Regeln bestätigen, wie unsere Väter nicht nur sagten,
sondern auch geglaubt zu haben scheinen. Diese Ausnahmen treten ein, wenn
ein mächtiges Volk sieht, daß ein schwaches dumme Streiche macht.
Dumme Streiche aber siud solche, die „vor Allem" dem schwachen Volk selbst
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