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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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i.

Verschiedene Urtheile über den Prozeß Cubiöres. -- Rihr ponr ri"n! -- Ein neues
Revolutions-Vaudeville. -- Gefahren im Westen.

Nachdem der Scandalprozcß endlich zum Schlüsse gelangt ist, bringen nun
die Organe der Oeffentlichkeit auch ihr Urtheil über den Prozeß selbst. Je nach
der Stellung der Parteien ist dies natürlich ein anderes. Die Dvbats wissen
die Sache so zu drehen, daß sie am Ende dennoch unserer Zeit und besonders
der Regierung zum Ruhme gereicht. Nach ihr haben die Minister die hohen Ver¬
brecher verfolgt, und so der Welt nicht nur einen Beweis geliefert, daß sie selbst
reinen Gewissens sind, sondern auch, daß heute kein Unterschied mehr vor dem
Gesetze stattfinde. Die Times spricht den Gegenfüßler dieser Ansicht am klarsten
aus, indem sie einfach behauptet, daß, wo zwei ehemalige Minister sich solcher
Verbrechen und so offen schuldig machen können, wo eine Gesellschaft, wie die
von Gauhcnans, fast offenbar Actien zur Bestechung creire; -- da müsse, wie
Herr Cubivres gesagt habe, die Regierung "in selten und schnöden Händen" sein.
Zwischen diesen beiden Endringcn aller Bemerkungen über den Prozeß liegen eine
Menge von Abstufungen der verschiedenen Ansichten, die sämmtlich in den hiesigen
Blättern ihre Vertreter finden, die ich aber Ihren Lesern ersparen will. Alle
diese Urtheile, von den Dubais herab bis zur Times, haben ihre innere Wahr¬
heit und werden auch nicht ohne Einfluß aus die Zukunft bleiben. Das Volk
theilt in Massen die Ansicht der Times und Herrn Cubivres. Sie hält die
Regierung sogar für schlechter als sie ist. Dies Urtheil würde unter andern
Verhältnissen von höchster Bedeutung sein, wird aber vorerst unter den gegen¬
wärtigen nur wenig Einfluß haben. Es regt sich zwar ein neuer, drohender
Geist unter der Masse, aber es scheint uns, daß derselbe rein verneinender, rein
egoistischer Natur ist. Kien xour i-ihn! ist nicht nur die Ansicht Hrn. Guizot's
und der Regierung, sondern leider auch die der unendlichen Mehrzahl des Volkes
bis zu den Declamatoren der Democratie und des Communismus herab. Und
ein solcher Grundsatz kommt nothwendig durch die beiden R.i"-ri wieder zu einem
Wen, zwei Mal Null ist Null. Es ist eine trostlose Aussicht in die Zukunft.


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i.

Verschiedene Urtheile über den Prozeß Cubiöres. — Rihr ponr ri«n! — Ein neues
Revolutions-Vaudeville. — Gefahren im Westen.

Nachdem der Scandalprozcß endlich zum Schlüsse gelangt ist, bringen nun
die Organe der Oeffentlichkeit auch ihr Urtheil über den Prozeß selbst. Je nach
der Stellung der Parteien ist dies natürlich ein anderes. Die Dvbats wissen
die Sache so zu drehen, daß sie am Ende dennoch unserer Zeit und besonders
der Regierung zum Ruhme gereicht. Nach ihr haben die Minister die hohen Ver¬
brecher verfolgt, und so der Welt nicht nur einen Beweis geliefert, daß sie selbst
reinen Gewissens sind, sondern auch, daß heute kein Unterschied mehr vor dem
Gesetze stattfinde. Die Times spricht den Gegenfüßler dieser Ansicht am klarsten
aus, indem sie einfach behauptet, daß, wo zwei ehemalige Minister sich solcher
Verbrechen und so offen schuldig machen können, wo eine Gesellschaft, wie die
von Gauhcnans, fast offenbar Actien zur Bestechung creire; — da müsse, wie
Herr Cubivres gesagt habe, die Regierung „in selten und schnöden Händen" sein.
Zwischen diesen beiden Endringcn aller Bemerkungen über den Prozeß liegen eine
Menge von Abstufungen der verschiedenen Ansichten, die sämmtlich in den hiesigen
Blättern ihre Vertreter finden, die ich aber Ihren Lesern ersparen will. Alle
diese Urtheile, von den Dubais herab bis zur Times, haben ihre innere Wahr¬
heit und werden auch nicht ohne Einfluß aus die Zukunft bleiben. Das Volk
theilt in Massen die Ansicht der Times und Herrn Cubivres. Sie hält die
Regierung sogar für schlechter als sie ist. Dies Urtheil würde unter andern
Verhältnissen von höchster Bedeutung sein, wird aber vorerst unter den gegen¬
wärtigen nur wenig Einfluß haben. Es regt sich zwar ein neuer, drohender
Geist unter der Masse, aber es scheint uns, daß derselbe rein verneinender, rein
egoistischer Natur ist. Kien xour i-ihn! ist nicht nur die Ansicht Hrn. Guizot's
und der Regierung, sondern leider auch die der unendlichen Mehrzahl des Volkes
bis zu den Declamatoren der Democratie und des Communismus herab. Und
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Wen, zwei Mal Null ist Null. Es ist eine trostlose Aussicht in die Zukunft.


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[0170] T a g e b u es. i. Verschiedene Urtheile über den Prozeß Cubiöres. — Rihr ponr ri«n! — Ein neues Revolutions-Vaudeville. — Gefahren im Westen. Nachdem der Scandalprozcß endlich zum Schlüsse gelangt ist, bringen nun die Organe der Oeffentlichkeit auch ihr Urtheil über den Prozeß selbst. Je nach der Stellung der Parteien ist dies natürlich ein anderes. Die Dvbats wissen die Sache so zu drehen, daß sie am Ende dennoch unserer Zeit und besonders der Regierung zum Ruhme gereicht. Nach ihr haben die Minister die hohen Ver¬ brecher verfolgt, und so der Welt nicht nur einen Beweis geliefert, daß sie selbst reinen Gewissens sind, sondern auch, daß heute kein Unterschied mehr vor dem Gesetze stattfinde. Die Times spricht den Gegenfüßler dieser Ansicht am klarsten aus, indem sie einfach behauptet, daß, wo zwei ehemalige Minister sich solcher Verbrechen und so offen schuldig machen können, wo eine Gesellschaft, wie die von Gauhcnans, fast offenbar Actien zur Bestechung creire; — da müsse, wie Herr Cubivres gesagt habe, die Regierung „in selten und schnöden Händen" sein. Zwischen diesen beiden Endringcn aller Bemerkungen über den Prozeß liegen eine Menge von Abstufungen der verschiedenen Ansichten, die sämmtlich in den hiesigen Blättern ihre Vertreter finden, die ich aber Ihren Lesern ersparen will. Alle diese Urtheile, von den Dubais herab bis zur Times, haben ihre innere Wahr¬ heit und werden auch nicht ohne Einfluß aus die Zukunft bleiben. Das Volk theilt in Massen die Ansicht der Times und Herrn Cubivres. Sie hält die Regierung sogar für schlechter als sie ist. Dies Urtheil würde unter andern Verhältnissen von höchster Bedeutung sein, wird aber vorerst unter den gegen¬ wärtigen nur wenig Einfluß haben. Es regt sich zwar ein neuer, drohender Geist unter der Masse, aber es scheint uns, daß derselbe rein verneinender, rein egoistischer Natur ist. Kien xour i-ihn! ist nicht nur die Ansicht Hrn. Guizot's und der Regierung, sondern leider auch die der unendlichen Mehrzahl des Volkes bis zu den Declamatoren der Democratie und des Communismus herab. Und ein solcher Grundsatz kommt nothwendig durch die beiden R.i«-ri wieder zu einem Wen, zwei Mal Null ist Null. Es ist eine trostlose Aussicht in die Zukunft.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/170>, abgerufen am 07.05.2024.