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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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allen diesen Festen als Ursache unterschiebt, und den Man durch Illuminationen
und dergleichen auch unter die Massen verbreiten will. Ein Fremder, der davon
irgend einen Schluß ziehen wollte, würde sich sehr irren. Die Leute unterhalten
sich, geben viel Geld aus, und der Patriotismus hat damit weiter Nichts zu
schaffen, als daß der Arrangeur uach einiger Zeit und nach vielen solchen Festen
und vielen solchen Proben eines "verdienstvollen Eifers für das allgemeine Beste"
die Bürgermedaille bekömmt, die begeistert ihn zu patriotischen Illuminationen.

Unser armer Stephansthurm hat wieder seine gewöhnliche Sommerleiden-
schast, er läßt wieder an sich flicken, curiren, quacksalbern. Wir haben schon seit
Jahren keinen freien, ungeschmälerten Anblick seiner Herrlichkeit. Die ganze
Geschichte nimmt sich so bandagenmäßig ans.

Die Theater sind so leer als nur irgeud möglich. Zwei siud gesperrt. Die
andern bieten eben nichts Erquickliches. Wir haben eine Masse Tenore in unsern
Mauern. Kreutzer aus Darmstadt hat sehr gefalle". Die Lutzer-Dingelstedt, die,
wie wir hörten, schon hier engagirt sein sollte, wird nicht kommen. Andererseits
sagt man, daß Marschuer hierher komme, um mehrere seiner Opern zu dirigiren.
Das wäre wirklich sehr wünschenswerth, wir hatten nur seinen "Haus Helling"
ans dem Repertoire. Unsere Presse hat nicht einmal dieses winzige Theilchen
Macht, von einem unbefähigten Impresario eine Aenderung seines Repertoires zu
erhalten. Im Theater an der Wien spielt und singt die Hosschanspielerin Wil-
daucr in mehreren Opern leichteren Genre's. Sie ist eine vorzügliche Local-
säugerin, und singt auch andere Partien mit vielem Beifalle. Ende des Mo¬
nats wird sich die Sängerin wieder in eine Hofschauspielcrin verwandeln. Was
ist da Puppe, und was Schmetterling?

Maler Pollak aus Rom, einer der vorzüglichsten deutschen Genremaler, der
sich schon seit mehr als einem halben Jahre hier aufhält, war gefährlich krank,
befindet sich aber auf dezn Weg der Besserung.

Eine höchst komische Diatribe wegen einer mittelmäßigen Novelle eines un¬
bekannten hiesigen Scribenten, die einem hiesigen Blatte übergebend, und in einem
ungarischen gedruckt wurde, macht die Runde durch unsere Blätter, und gibt ihnen
sehr viel zu thun. Das Geheimniß von der Geschichte ist: daß sie von der
Eensnr gestrichen wurde. Dies ist die Ursache des ganzen Spektakels. Das
darf aber nicht gesagt werden. Ergötzlich ist es nun, wie die Herren, wie die
Katze um den Brei gehen, und allerlei verblümte Redensarten in Masse ver¬
schwenden. Es ist grade, wie wenn Jemand Schläge bekommen, und noch oben¬
drein sein Ehrenwort gegeben hat, Nichts davon auszuplaudern. Der Gegenstand
ist aber wichtig genug, viele Spalten damit zu füllen. Ich möchte nnr wissen,
ob die österreichischen Herren Redactoren, wenn sie unbemerkt und allein am
Schreibtisch sitzen, nicht über sich selbst herzlich lachen.


S2.
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Wie die Verwaltung Anklagen von Seiten der freien Presse aufnimmt.

Die Spitalmcmvircn, welche die Grenzboten in Nro. 26 mittheilten, haben
hier in der ärztlichen, wie in der nichtärztlichen Welt ungewöhnliches Aussehen


allen diesen Festen als Ursache unterschiebt, und den Man durch Illuminationen
und dergleichen auch unter die Massen verbreiten will. Ein Fremder, der davon
irgend einen Schluß ziehen wollte, würde sich sehr irren. Die Leute unterhalten
sich, geben viel Geld aus, und der Patriotismus hat damit weiter Nichts zu
schaffen, als daß der Arrangeur uach einiger Zeit und nach vielen solchen Festen
und vielen solchen Proben eines „verdienstvollen Eifers für das allgemeine Beste"
die Bürgermedaille bekömmt, die begeistert ihn zu patriotischen Illuminationen.

Unser armer Stephansthurm hat wieder seine gewöhnliche Sommerleiden-
schast, er läßt wieder an sich flicken, curiren, quacksalbern. Wir haben schon seit
Jahren keinen freien, ungeschmälerten Anblick seiner Herrlichkeit. Die ganze
Geschichte nimmt sich so bandagenmäßig ans.

Die Theater sind so leer als nur irgeud möglich. Zwei siud gesperrt. Die
andern bieten eben nichts Erquickliches. Wir haben eine Masse Tenore in unsern
Mauern. Kreutzer aus Darmstadt hat sehr gefalle». Die Lutzer-Dingelstedt, die,
wie wir hörten, schon hier engagirt sein sollte, wird nicht kommen. Andererseits
sagt man, daß Marschuer hierher komme, um mehrere seiner Opern zu dirigiren.
Das wäre wirklich sehr wünschenswerth, wir hatten nur seinen „Haus Helling"
ans dem Repertoire. Unsere Presse hat nicht einmal dieses winzige Theilchen
Macht, von einem unbefähigten Impresario eine Aenderung seines Repertoires zu
erhalten. Im Theater an der Wien spielt und singt die Hosschanspielerin Wil-
daucr in mehreren Opern leichteren Genre's. Sie ist eine vorzügliche Local-
säugerin, und singt auch andere Partien mit vielem Beifalle. Ende des Mo¬
nats wird sich die Sängerin wieder in eine Hofschauspielcrin verwandeln. Was
ist da Puppe, und was Schmetterling?

Maler Pollak aus Rom, einer der vorzüglichsten deutschen Genremaler, der
sich schon seit mehr als einem halben Jahre hier aufhält, war gefährlich krank,
befindet sich aber auf dezn Weg der Besserung.

Eine höchst komische Diatribe wegen einer mittelmäßigen Novelle eines un¬
bekannten hiesigen Scribenten, die einem hiesigen Blatte übergebend, und in einem
ungarischen gedruckt wurde, macht die Runde durch unsere Blätter, und gibt ihnen
sehr viel zu thun. Das Geheimniß von der Geschichte ist: daß sie von der
Eensnr gestrichen wurde. Dies ist die Ursache des ganzen Spektakels. Das
darf aber nicht gesagt werden. Ergötzlich ist es nun, wie die Herren, wie die
Katze um den Brei gehen, und allerlei verblümte Redensarten in Masse ver¬
schwenden. Es ist grade, wie wenn Jemand Schläge bekommen, und noch oben¬
drein sein Ehrenwort gegeben hat, Nichts davon auszuplaudern. Der Gegenstand
ist aber wichtig genug, viele Spalten damit zu füllen. Ich möchte nnr wissen,
ob die österreichischen Herren Redactoren, wenn sie unbemerkt und allein am
Schreibtisch sitzen, nicht über sich selbst herzlich lachen.


S2.
V^''. ''»M^kOWHHA^
Wie die Verwaltung Anklagen von Seiten der freien Presse aufnimmt.

Die Spitalmcmvircn, welche die Grenzboten in Nro. 26 mittheilten, haben
hier in der ärztlichen, wie in der nichtärztlichen Welt ungewöhnliches Aussehen


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[0220] allen diesen Festen als Ursache unterschiebt, und den Man durch Illuminationen und dergleichen auch unter die Massen verbreiten will. Ein Fremder, der davon irgend einen Schluß ziehen wollte, würde sich sehr irren. Die Leute unterhalten sich, geben viel Geld aus, und der Patriotismus hat damit weiter Nichts zu schaffen, als daß der Arrangeur uach einiger Zeit und nach vielen solchen Festen und vielen solchen Proben eines „verdienstvollen Eifers für das allgemeine Beste" die Bürgermedaille bekömmt, die begeistert ihn zu patriotischen Illuminationen. Unser armer Stephansthurm hat wieder seine gewöhnliche Sommerleiden- schast, er läßt wieder an sich flicken, curiren, quacksalbern. Wir haben schon seit Jahren keinen freien, ungeschmälerten Anblick seiner Herrlichkeit. Die ganze Geschichte nimmt sich so bandagenmäßig ans. Die Theater sind so leer als nur irgeud möglich. Zwei siud gesperrt. Die andern bieten eben nichts Erquickliches. Wir haben eine Masse Tenore in unsern Mauern. Kreutzer aus Darmstadt hat sehr gefalle». Die Lutzer-Dingelstedt, die, wie wir hörten, schon hier engagirt sein sollte, wird nicht kommen. Andererseits sagt man, daß Marschuer hierher komme, um mehrere seiner Opern zu dirigiren. Das wäre wirklich sehr wünschenswerth, wir hatten nur seinen „Haus Helling" ans dem Repertoire. Unsere Presse hat nicht einmal dieses winzige Theilchen Macht, von einem unbefähigten Impresario eine Aenderung seines Repertoires zu erhalten. Im Theater an der Wien spielt und singt die Hosschanspielerin Wil- daucr in mehreren Opern leichteren Genre's. Sie ist eine vorzügliche Local- säugerin, und singt auch andere Partien mit vielem Beifalle. Ende des Mo¬ nats wird sich die Sängerin wieder in eine Hofschauspielcrin verwandeln. Was ist da Puppe, und was Schmetterling? Maler Pollak aus Rom, einer der vorzüglichsten deutschen Genremaler, der sich schon seit mehr als einem halben Jahre hier aufhält, war gefährlich krank, befindet sich aber auf dezn Weg der Besserung. Eine höchst komische Diatribe wegen einer mittelmäßigen Novelle eines un¬ bekannten hiesigen Scribenten, die einem hiesigen Blatte übergebend, und in einem ungarischen gedruckt wurde, macht die Runde durch unsere Blätter, und gibt ihnen sehr viel zu thun. Das Geheimniß von der Geschichte ist: daß sie von der Eensnr gestrichen wurde. Dies ist die Ursache des ganzen Spektakels. Das darf aber nicht gesagt werden. Ergötzlich ist es nun, wie die Herren, wie die Katze um den Brei gehen, und allerlei verblümte Redensarten in Masse ver¬ schwenden. Es ist grade, wie wenn Jemand Schläge bekommen, und noch oben¬ drein sein Ehrenwort gegeben hat, Nichts davon auszuplaudern. Der Gegenstand ist aber wichtig genug, viele Spalten damit zu füllen. Ich möchte nnr wissen, ob die österreichischen Herren Redactoren, wenn sie unbemerkt und allein am Schreibtisch sitzen, nicht über sich selbst herzlich lachen. S2. V^''. ''»M^kOWHHA^ Wie die Verwaltung Anklagen von Seiten der freien Presse aufnimmt. Die Spitalmcmvircn, welche die Grenzboten in Nro. 26 mittheilten, haben hier in der ärztlichen, wie in der nichtärztlichen Welt ungewöhnliches Aussehen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/220>, abgerufen am 08.05.2024.