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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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der treugehorsamsten Stände von dem wichtigen Einflüsse derselben auf die öffentliche
Moralität und den Nothstand der untern Bevölkcrungsklasscn allergnädigst entschuldigt
zu halten, und zu gestatten, daß die trcugchorsamstcn Stände einige nähere Daten
über das Wesen und die Nachtheile zu der Zahlcnlotterie Ew. Majestät in der hier an¬
geschlossenen Denkschrift mit der allerunterthänigster Bitte unterbreiten, insbesondere die
darin vorkommende Bemerkung über die Nothwendigkeit einer baldigen Be¬
schränkung der Zahlcnlotteric allergnädigst würdigen zu wollen, und
bis zum möglichen Eintritt der Aushebung dieser Staatscinnehmungs-
quelle vorläufig jede Vermehrung der Kollekturcn und die Ausdeh¬
nung des Lotto spie is in Böhmen auf die Ziehungen anderer Provin¬
zen allergnädigst den betreffenden k. k. Behörden auf das Strengste
zu untersagen.

Geruhen Ew. Maj, den trcugchorsamsten Ständen zu erlauben, mit dieser Vorlage
ihre wiederholte allerunterthänigste Erklärung zu verbinden, das? die trengehvrsani-
sten Staude Böhmens stets pflichtmäßig bereit find n"d sein werden,
die Mittel und Wege, durch welche bei Aufhebung der Zahlenlottcrie
der Ausfall im Staatscinkommc" gedeckt werden könnte, im Falle ei¬
ner allerhöchsten Nuffordernng, mit allein Eifer und Förderlichkeit
zu berathen.


Beilage
Denkschrift der böhmischen Stände über die Aahleulotterie.

Unter den Uebeln der Gegenwart hat wohl keines die allgemeine Aufmerksamkeit
so sehr in Anspruch genommen, als die täglich zunehmende Verarmung des Volkes,
welche bereits einen so hohen Grad erreicht hat, daß Noth und Elend im Verein mit
einer, gleichen Schritt haltenden Demoralisation ernste und begründete Besorgnisse für
die Zukunft einflößen müssen.

Wenn diesem höchst bedenklichen Zustande auch mehrfache Ursachen zum Grunde
liegen, so hat doch die öffentliche Meinung, diese wichtige Stimme, längst schon das
Lottospiel als eine der zunächst einflußreichsten, zugleich aber auch bedauernswürdigsten
Ursachen der hierdurch physisch und moralisch zerrütteten Existenz des Volkes entschieden
anerkannt, und die Erfahrungen der letzten Jahre haben nur dazu beigetragen, dieses
Urtheil unwiderlegbar festzustellen.

Das Lottospiel, welches mit allen Attributen der gefährlichsten Vcrführungskunst
ausgestattet, vorzugsweise Leidenschaften und Begiert en aller Art, insbesondere aber die
Gewinnsucht, zum Erntefeld ihrer Ausbeute sich ausersehen hat, welches mit den trü¬
gerischesten Lockungen eines in Aussicht gestellten Gewinnes, selbst dem Bettler Gelegen¬
heit zur Theilnahme bietet, indem es jeden auch noch so geringen Betrag als Einsatz
gestattet, hat bereits eine so ausgedehnte Verbreitung und eine so traurige Berühmtheit
erlangt, baß die jetzt schon schrecklichen, weiterhin aber gar nicht berechenbaren Folgen
desselben, selbst von jenen, die sich noch berufen glauben, das Fortbestehen des Lotto's
vertheidigen zu müssen, nicht mehr geleugnet werden können.

Die auf höhere Veranlassung im Jahre 1843 von den k. k. Krcisämtern des leit-


der treugehorsamsten Stände von dem wichtigen Einflüsse derselben auf die öffentliche
Moralität und den Nothstand der untern Bevölkcrungsklasscn allergnädigst entschuldigt
zu halten, und zu gestatten, daß die trcugchorsamstcn Stände einige nähere Daten
über das Wesen und die Nachtheile zu der Zahlcnlotterie Ew. Majestät in der hier an¬
geschlossenen Denkschrift mit der allerunterthänigster Bitte unterbreiten, insbesondere die
darin vorkommende Bemerkung über die Nothwendigkeit einer baldigen Be¬
schränkung der Zahlcnlotteric allergnädigst würdigen zu wollen, und
bis zum möglichen Eintritt der Aushebung dieser Staatscinnehmungs-
quelle vorläufig jede Vermehrung der Kollekturcn und die Ausdeh¬
nung des Lotto spie is in Böhmen auf die Ziehungen anderer Provin¬
zen allergnädigst den betreffenden k. k. Behörden auf das Strengste
zu untersagen.

Geruhen Ew. Maj, den trcugchorsamsten Ständen zu erlauben, mit dieser Vorlage
ihre wiederholte allerunterthänigste Erklärung zu verbinden, das? die trengehvrsani-
sten Staude Böhmens stets pflichtmäßig bereit find n»d sein werden,
die Mittel und Wege, durch welche bei Aufhebung der Zahlenlottcrie
der Ausfall im Staatscinkommc» gedeckt werden könnte, im Falle ei¬
ner allerhöchsten Nuffordernng, mit allein Eifer und Förderlichkeit
zu berathen.


Beilage
Denkschrift der böhmischen Stände über die Aahleulotterie.

Unter den Uebeln der Gegenwart hat wohl keines die allgemeine Aufmerksamkeit
so sehr in Anspruch genommen, als die täglich zunehmende Verarmung des Volkes,
welche bereits einen so hohen Grad erreicht hat, daß Noth und Elend im Verein mit
einer, gleichen Schritt haltenden Demoralisation ernste und begründete Besorgnisse für
die Zukunft einflößen müssen.

Wenn diesem höchst bedenklichen Zustande auch mehrfache Ursachen zum Grunde
liegen, so hat doch die öffentliche Meinung, diese wichtige Stimme, längst schon das
Lottospiel als eine der zunächst einflußreichsten, zugleich aber auch bedauernswürdigsten
Ursachen der hierdurch physisch und moralisch zerrütteten Existenz des Volkes entschieden
anerkannt, und die Erfahrungen der letzten Jahre haben nur dazu beigetragen, dieses
Urtheil unwiderlegbar festzustellen.

Das Lottospiel, welches mit allen Attributen der gefährlichsten Vcrführungskunst
ausgestattet, vorzugsweise Leidenschaften und Begiert en aller Art, insbesondere aber die
Gewinnsucht, zum Erntefeld ihrer Ausbeute sich ausersehen hat, welches mit den trü¬
gerischesten Lockungen eines in Aussicht gestellten Gewinnes, selbst dem Bettler Gelegen¬
heit zur Theilnahme bietet, indem es jeden auch noch so geringen Betrag als Einsatz
gestattet, hat bereits eine so ausgedehnte Verbreitung und eine so traurige Berühmtheit
erlangt, baß die jetzt schon schrecklichen, weiterhin aber gar nicht berechenbaren Folgen
desselben, selbst von jenen, die sich noch berufen glauben, das Fortbestehen des Lotto's
vertheidigen zu müssen, nicht mehr geleugnet werden können.

Die auf höhere Veranlassung im Jahre 1843 von den k. k. Krcisämtern des leit-


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[0330] der treugehorsamsten Stände von dem wichtigen Einflüsse derselben auf die öffentliche Moralität und den Nothstand der untern Bevölkcrungsklasscn allergnädigst entschuldigt zu halten, und zu gestatten, daß die trcugchorsamstcn Stände einige nähere Daten über das Wesen und die Nachtheile zu der Zahlcnlotterie Ew. Majestät in der hier an¬ geschlossenen Denkschrift mit der allerunterthänigster Bitte unterbreiten, insbesondere die darin vorkommende Bemerkung über die Nothwendigkeit einer baldigen Be¬ schränkung der Zahlcnlotteric allergnädigst würdigen zu wollen, und bis zum möglichen Eintritt der Aushebung dieser Staatscinnehmungs- quelle vorläufig jede Vermehrung der Kollekturcn und die Ausdeh¬ nung des Lotto spie is in Böhmen auf die Ziehungen anderer Provin¬ zen allergnädigst den betreffenden k. k. Behörden auf das Strengste zu untersagen. Geruhen Ew. Maj, den trcugchorsamsten Ständen zu erlauben, mit dieser Vorlage ihre wiederholte allerunterthänigste Erklärung zu verbinden, das? die trengehvrsani- sten Staude Böhmens stets pflichtmäßig bereit find n»d sein werden, die Mittel und Wege, durch welche bei Aufhebung der Zahlenlottcrie der Ausfall im Staatscinkommc» gedeckt werden könnte, im Falle ei¬ ner allerhöchsten Nuffordernng, mit allein Eifer und Förderlichkeit zu berathen. Beilage Denkschrift der böhmischen Stände über die Aahleulotterie. Unter den Uebeln der Gegenwart hat wohl keines die allgemeine Aufmerksamkeit so sehr in Anspruch genommen, als die täglich zunehmende Verarmung des Volkes, welche bereits einen so hohen Grad erreicht hat, daß Noth und Elend im Verein mit einer, gleichen Schritt haltenden Demoralisation ernste und begründete Besorgnisse für die Zukunft einflößen müssen. Wenn diesem höchst bedenklichen Zustande auch mehrfache Ursachen zum Grunde liegen, so hat doch die öffentliche Meinung, diese wichtige Stimme, längst schon das Lottospiel als eine der zunächst einflußreichsten, zugleich aber auch bedauernswürdigsten Ursachen der hierdurch physisch und moralisch zerrütteten Existenz des Volkes entschieden anerkannt, und die Erfahrungen der letzten Jahre haben nur dazu beigetragen, dieses Urtheil unwiderlegbar festzustellen. Das Lottospiel, welches mit allen Attributen der gefährlichsten Vcrführungskunst ausgestattet, vorzugsweise Leidenschaften und Begiert en aller Art, insbesondere aber die Gewinnsucht, zum Erntefeld ihrer Ausbeute sich ausersehen hat, welches mit den trü¬ gerischesten Lockungen eines in Aussicht gestellten Gewinnes, selbst dem Bettler Gelegen¬ heit zur Theilnahme bietet, indem es jeden auch noch so geringen Betrag als Einsatz gestattet, hat bereits eine so ausgedehnte Verbreitung und eine so traurige Berühmtheit erlangt, baß die jetzt schon schrecklichen, weiterhin aber gar nicht berechenbaren Folgen desselben, selbst von jenen, die sich noch berufen glauben, das Fortbestehen des Lotto's vertheidigen zu müssen, nicht mehr geleugnet werden können. Die auf höhere Veranlassung im Jahre 1843 von den k. k. Krcisämtern des leit-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/330>, abgerufen am 07.05.2024.