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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band.

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Pvdhorsku singen bis zur Ungebühr, hohe Intendanz hält das angenehm, warum
sollten wir also murren, zahlen wir doch; zahlten wir nicht, müßte alles anders
werden.

Zwar bekrieget die gesammte Journalistik Prags die unartig rücksichtslose
Direction mit rastlosem Eifer, zwar hat unser Dramaturg nchig, gemessen und
unwiderleglich die Gebrechen des Institutes öffentlich besprochen, doch der Direk¬
tor flüchtete sich unter die Fittige der Intendanz, wie das Küchlein unter die
Äluckhcune, verklagte den Journalisten, und ständische Intendanz stieg in hoch-
eigener Person hinab in die Arena des Journals, nahm deu Handschuh aus für
Dame Kunigunde, und kämpfte selber mit dem Jourualbären, welcher mit kamps¬
geübter Tatze ohne sonderlichen Respect vor blanker Rüstung und buntem Helm-
busch den Paladin niederstreckte in den Sand.

Daß hohe Intendanz nicht wohl gethan, sich mit den Dcfccten und Ge¬
brechen der ungeschickten Direction zu identifiziren, ist wohl klar und gibt uns
wenig Hoffnung für die Verbesserungen des nächsten Jahres; doch immerhin, dann
ist ja die Bahn vollendet und wir fahren nach Dresden, wenn wir in's Theater
^ ^ gehen wollen.


V.

Der Juli und drr Augustmonat. -- Die Russinnen. -- Eine Hundcgcschichte. -- LictcSabcutcucr.
-- Die Spielbank und ihre Ernährer. -- Fremde Gäste. -- Lcwnld.

Endlich komme ich dazu, Ihnen einen kurzen Bericht über unsere diesjährige
Saison mit ihren Freuden und Leiden zu geben. Ungewöhnlich spät gegen frü¬
here Jahre stellte sich diesmal der Fremdenzng hier ein, und bis zum ersten Drit¬
tel des Juli hatte es allen Anschein, als würde Baden von der Ungunst des
letzten Winters anch hart betroffen, und die Saison so schwach besucht werden,
wie seit einem Decennium nicht mehr der Fall gewesen. Quartiere, sonst um
diese Zeit schon übervoll, standen leer; die Tische der Gasthöfe waren verhältni߬
mäßig schwach besetzt, die Abende vor dem Cvnversationshause gegen sonstige Zei¬
ten nur spärlich besucht, die Croupier's legten ost die Hände müßig in den Schooß;
Baden war kaum wieder zu erkennen. Gegen Mitte Juli änderte sich dies plötz¬
lich: in ganzen Schwärmen kamen Reisende aus allen Landen Enropa's, dies
caserneuartigen Hotels füllten sich bald, die Zimmervcrunethcr steigerten von Tage
zu Tage ihre Preise, und Anfangs August war die SÄdt so besetzt, daß russische
Fürstinnen aus Mangel an Raum 4 Treppen hoch unterm Dach einquartirt wur¬
den. Dazu das herrliche Wetter, das mit einigen wenigen Regentagen, gerade
hinreichend, die Luft abzukühlen, den ganzen Sommer herrschte. So entfaltete
Baden abermals seine mannigfachen Reize, die ihm einen so großen Namen ver¬
liehen, eS zum König aller europäischen Bäder erhoben haben. Besonders die
Versammlungen vor dem Cvnversationshause boten viel Glanz; schöne Frauen in
leichten geschmackvollen Toiletten, wie berühmte Männer verschiedener Nationen


Pvdhorsku singen bis zur Ungebühr, hohe Intendanz hält das angenehm, warum
sollten wir also murren, zahlen wir doch; zahlten wir nicht, müßte alles anders
werden.

Zwar bekrieget die gesammte Journalistik Prags die unartig rücksichtslose
Direction mit rastlosem Eifer, zwar hat unser Dramaturg nchig, gemessen und
unwiderleglich die Gebrechen des Institutes öffentlich besprochen, doch der Direk¬
tor flüchtete sich unter die Fittige der Intendanz, wie das Küchlein unter die
Äluckhcune, verklagte den Journalisten, und ständische Intendanz stieg in hoch-
eigener Person hinab in die Arena des Journals, nahm deu Handschuh aus für
Dame Kunigunde, und kämpfte selber mit dem Jourualbären, welcher mit kamps¬
geübter Tatze ohne sonderlichen Respect vor blanker Rüstung und buntem Helm-
busch den Paladin niederstreckte in den Sand.

Daß hohe Intendanz nicht wohl gethan, sich mit den Dcfccten und Ge¬
brechen der ungeschickten Direction zu identifiziren, ist wohl klar und gibt uns
wenig Hoffnung für die Verbesserungen des nächsten Jahres; doch immerhin, dann
ist ja die Bahn vollendet und wir fahren nach Dresden, wenn wir in's Theater
^ ^ gehen wollen.


V.

Der Juli und drr Augustmonat. — Die Russinnen. — Eine Hundcgcschichte. — LictcSabcutcucr.
— Die Spielbank und ihre Ernährer. — Fremde Gäste. — Lcwnld.

Endlich komme ich dazu, Ihnen einen kurzen Bericht über unsere diesjährige
Saison mit ihren Freuden und Leiden zu geben. Ungewöhnlich spät gegen frü¬
here Jahre stellte sich diesmal der Fremdenzng hier ein, und bis zum ersten Drit¬
tel des Juli hatte es allen Anschein, als würde Baden von der Ungunst des
letzten Winters anch hart betroffen, und die Saison so schwach besucht werden,
wie seit einem Decennium nicht mehr der Fall gewesen. Quartiere, sonst um
diese Zeit schon übervoll, standen leer; die Tische der Gasthöfe waren verhältni߬
mäßig schwach besetzt, die Abende vor dem Cvnversationshause gegen sonstige Zei¬
ten nur spärlich besucht, die Croupier's legten ost die Hände müßig in den Schooß;
Baden war kaum wieder zu erkennen. Gegen Mitte Juli änderte sich dies plötz¬
lich: in ganzen Schwärmen kamen Reisende aus allen Landen Enropa's, dies
caserneuartigen Hotels füllten sich bald, die Zimmervcrunethcr steigerten von Tage
zu Tage ihre Preise, und Anfangs August war die SÄdt so besetzt, daß russische
Fürstinnen aus Mangel an Raum 4 Treppen hoch unterm Dach einquartirt wur¬
den. Dazu das herrliche Wetter, das mit einigen wenigen Regentagen, gerade
hinreichend, die Luft abzukühlen, den ganzen Sommer herrschte. So entfaltete
Baden abermals seine mannigfachen Reize, die ihm einen so großen Namen ver¬
liehen, eS zum König aller europäischen Bäder erhoben haben. Besonders die
Versammlungen vor dem Cvnversationshause boten viel Glanz; schöne Frauen in
leichten geschmackvollen Toiletten, wie berühmte Männer verschiedener Nationen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_309659/399>, abgerufen am 07.05.2024.