Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.I o ron i as Gotth vis. > Unsere gesammte moderne Literatur, wenn uta" sie im (Ganzen betrachtet, In beiden Fällen kam es z" dein ganz natürlichen Resultat, daß die Inspi¬ Die Romantiker, die an das Wirkliche nicht glaubten, u"d die daher für Es war ein wüstes Wesen mit diese" Empfiudnnge" ohne Gegenstand, diesen Erzählungen und Bilder aus dem Volksleben der Schweiz. 1. Bd. Berlin, Springer. Grenzboten. II. I8S0. 62
I o ron i as Gotth vis. > Unsere gesammte moderne Literatur, wenn uta» sie im (Ganzen betrachtet, In beiden Fällen kam es z» dein ganz natürlichen Resultat, daß die Inspi¬ Die Romantiker, die an das Wirkliche nicht glaubten, u»d die daher für Es war ein wüstes Wesen mit diese» Empfiudnnge» ohne Gegenstand, diesen Erzählungen und Bilder aus dem Volksleben der Schweiz. 1. Bd. Berlin, Springer. Grenzboten. II. I8S0. 62
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I o ron i as Gotth vis. >
Unsere gesammte moderne Literatur, wenn uta» sie im (Ganzen betrachtet,
setzt eine Trennung der realen Welt von der Welt der Gedanken, Empfindungen,
Ideale voraus. Auf der einen Seite stehen die Dichter, Denker »»d Propheten,
welche die göttliche» Keime deö Schönen, Große» und Guten voller Werdelnst in
ihrem Herzen trage», ans der andern die Masse, die mit Staunen deu Visionen
einer ihr vollkommen fremden Welt zusieht. Die Romantiker schrieben geradezu
nur für Seelen, in denen sie eine gleichgestimmte Seite voraussetze» konnten,
Seelen, die sich sür einen ästhetischen Thee qnalifieirten; aber anch ihre Gegner,
die Aufklärer, setzten sich lediglich ans das Eatheder, nahmen den Rohrstock i» die
Ha»d, und ließen sich nur dazu herab, dem „dummen Volk" Verstand einzn-
bläuen, wie der Schulmeister seinen dickköpfigen Jungen.
In beiden Fällen kam es z» dein ganz natürlichen Resultat, daß die Inspi¬
ration aus Mattgel alt Stoss verkümmerte. Die Aufklärer, deren Weisheit auf
ein paar ziemlich leicht z» erkennende Recepte zurückzuführen war, wurden zuletzt
langweilig, weil sie sich beständig wiederHollen; sie gaben sich so unendliche Mühe,
sich herabzulassen, sich dem. vorausgesetzten kindlichen Verstand derer, die sie er¬
leuchte» wolle», anzubequemen, daß es am Ende aussah, als ob die ganze Welt
nur aus blöden, stammelnden Kindern zusauuneugesetzt sei, unter denen sich die
einen nur durch ein angenommenes, altkluges Wesen vor de» andern auszeichneten.
Die Romantiker, die an das Wirkliche nicht glaubten, u»d die daher für
den weite» Athem ihrer Sehnsucht keine Grenze, für die Unendlichkeit ihrer
ahnungsvollen Perspectiven leinen Horizont fa»de», verflüchtigte» sich zuletzt in
jenen conventionelle» Seufzer ohne Anfang und Ende, deu ma» Weltschmerz
nannte, oder i» jene Welt-Ironie, die auf el» fest gewordenes, blödsinniges
Lächeln über deu allgemeine» Blödsinn der Welt herauskam.
Es war ein wüstes Wesen mit diese» Empfiudnnge» ohne Gegenstand, diesen
Phantasien ohne Gestalt, diesem Denke» ohne Beziehung. Die Romantik em¬
pfand das selbst und verfiel-vo» Zeit zu Zeit aus den Gedanke», sich durch das
Positive, Endliche, Jrratiouelle zu ergänze». Sie sprang ans den Gemälden der
„Verklärung" ins Genre über, aus der Mystik des Universums in die Mystik
des Details. Sie octrvyirte dem Volk das Conterfey eines idealen Volks, das
ganz Aberglaube, ganz Volkslied, ganz Spinnstube mit obligatem Mährchen, ganz
Zunft, ganz Bethaus sei» sollte; ein Volt, das sie nicht ans dein Markt aufsuchten,
Erzählungen und Bilder aus dem Volksleben der Schweiz. 1. Bd. Berlin, Springer.
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