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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band.

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poniren zu können, mit welchen außerordentliche Gehalte verbunden sind. Oder
sie erscheinen als Colporteure. In dieser Eigenschaft bieten sie oftmals revolu¬
tionäre Schriften oder doch solche an, welche nimmermehr das Imprimatur der
kaiserlichen Ceusurcommission erhalten könnten. Das schmählichste ist, daß sie
ihre Hilfsmittel, die verpöntem Schriften, von der Behörde selbst erhalten, welche
dieselben verboten hat. Wehe Demjenigen, welcher von ihnen dergleichen kauft,
oder dem Colporteur irgend ein verbotenes Eigenthum ähnlicher Art sehen läßt.
Es thut dem Gewissen der Späher gar nichts, ob das Schlachtopfer von ihnen
selbst die verbotene Schrift empfangen oder dieselbe schon besessen hat.




Mr. Prid ha in.



Das ungarische Militärgouvernement ist einer neuen antiöstreichischcn Machi¬
nation Englands auf die Spur gekommen. Lord Palmerston -- dafür sprechen
klare Jndicien -- hat den Kampf gegen die Throne des Continents uoch nicht
aufgegeben und unterhält einen gefährlichen Agenten im Herzen Ungarns, einen
Mr. Pridham, der nach der Besiegung der Insurrektion als Correspondent der
loyalen Times sich bei uns einschmuggelte und, während er in seinen Berichten
an das Londoner Blatt die Armee und das Ministerium in den Himmel hob, das
auf diese Weise erschlichene Vertrauen schmählich getäuscht hat, indem er mit aller
Gewalt Oestreich zu "untergraben" anfing. Er grub und grub Tag und Nacht,
wie ein Maulwurf, wie ein Schatzgräber, wie ein Californier in den "liMn^s,
und hat bereits unberechenbaren Schaden gestiftet. Er soll so gar Kossuth's Frau
zur Flucht über die Greuze verhelfen haben. In diesem Augenblick wühlt er in
der Umgegend von Arad, ohne daß mau seiner habhaft werden könnte. Steckbriefe
sind ihm jedoch auf den Fersen, Khcvenhüller in Prag, Hammerstein in Galizien,
Melden in Wien, Wohlgemut!) in Siebenbürgen haben Befehl, auf ih" zu fahn¬
den, der Hafen von Fiume und die Militärgrenze stehen unter strenger Bewachung,
auf daß er nicht entrinne. Wird er "zu Stande gebracht", bevor es ihm gelingt,
seine geheimen Instruktionen zu verbrennen oder zu verschlucken, so kann man wich¬
tigen Aufschlüssen über die Plane des großen europäischen Wühlhuber in London,
des Lord Höllenfeuerbrand entgegensehen; der "Oestreichische Korrespondent" ar¬
beitet im Stillen schon jetzt an den Dokumenten, die man bei ihm finden wird.

Scherz bei Seite, der Mr. Pridham, von dem die hiesigen Correspondenten
auswärtiger Blätter so viel zu sagen wissen, existirt in Fleisch und Blut, und da
ich das Vergnügen hatte, ihn im Sommer 1849 persönlich kennen zu lernen, so


poniren zu können, mit welchen außerordentliche Gehalte verbunden sind. Oder
sie erscheinen als Colporteure. In dieser Eigenschaft bieten sie oftmals revolu¬
tionäre Schriften oder doch solche an, welche nimmermehr das Imprimatur der
kaiserlichen Ceusurcommission erhalten könnten. Das schmählichste ist, daß sie
ihre Hilfsmittel, die verpöntem Schriften, von der Behörde selbst erhalten, welche
dieselben verboten hat. Wehe Demjenigen, welcher von ihnen dergleichen kauft,
oder dem Colporteur irgend ein verbotenes Eigenthum ähnlicher Art sehen läßt.
Es thut dem Gewissen der Späher gar nichts, ob das Schlachtopfer von ihnen
selbst die verbotene Schrift empfangen oder dieselbe schon besessen hat.




Mr. Prid ha in.



Das ungarische Militärgouvernement ist einer neuen antiöstreichischcn Machi¬
nation Englands auf die Spur gekommen. Lord Palmerston — dafür sprechen
klare Jndicien — hat den Kampf gegen die Throne des Continents uoch nicht
aufgegeben und unterhält einen gefährlichen Agenten im Herzen Ungarns, einen
Mr. Pridham, der nach der Besiegung der Insurrektion als Correspondent der
loyalen Times sich bei uns einschmuggelte und, während er in seinen Berichten
an das Londoner Blatt die Armee und das Ministerium in den Himmel hob, das
auf diese Weise erschlichene Vertrauen schmählich getäuscht hat, indem er mit aller
Gewalt Oestreich zu „untergraben" anfing. Er grub und grub Tag und Nacht,
wie ein Maulwurf, wie ein Schatzgräber, wie ein Californier in den «liMn^s,
und hat bereits unberechenbaren Schaden gestiftet. Er soll so gar Kossuth's Frau
zur Flucht über die Greuze verhelfen haben. In diesem Augenblick wühlt er in
der Umgegend von Arad, ohne daß mau seiner habhaft werden könnte. Steckbriefe
sind ihm jedoch auf den Fersen, Khcvenhüller in Prag, Hammerstein in Galizien,
Melden in Wien, Wohlgemut!) in Siebenbürgen haben Befehl, auf ih» zu fahn¬
den, der Hafen von Fiume und die Militärgrenze stehen unter strenger Bewachung,
auf daß er nicht entrinne. Wird er „zu Stande gebracht", bevor es ihm gelingt,
seine geheimen Instruktionen zu verbrennen oder zu verschlucken, so kann man wich¬
tigen Aufschlüssen über die Plane des großen europäischen Wühlhuber in London,
des Lord Höllenfeuerbrand entgegensehen; der „Oestreichische Korrespondent" ar¬
beitet im Stillen schon jetzt an den Dokumenten, die man bei ihm finden wird.

Scherz bei Seite, der Mr. Pridham, von dem die hiesigen Correspondenten
auswärtiger Blätter so viel zu sagen wissen, existirt in Fleisch und Blut, und da
ich das Vergnügen hatte, ihn im Sommer 1849 persönlich kennen zu lernen, so


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[0317] poniren zu können, mit welchen außerordentliche Gehalte verbunden sind. Oder sie erscheinen als Colporteure. In dieser Eigenschaft bieten sie oftmals revolu¬ tionäre Schriften oder doch solche an, welche nimmermehr das Imprimatur der kaiserlichen Ceusurcommission erhalten könnten. Das schmählichste ist, daß sie ihre Hilfsmittel, die verpöntem Schriften, von der Behörde selbst erhalten, welche dieselben verboten hat. Wehe Demjenigen, welcher von ihnen dergleichen kauft, oder dem Colporteur irgend ein verbotenes Eigenthum ähnlicher Art sehen läßt. Es thut dem Gewissen der Späher gar nichts, ob das Schlachtopfer von ihnen selbst die verbotene Schrift empfangen oder dieselbe schon besessen hat. Mr. Prid ha in. Das ungarische Militärgouvernement ist einer neuen antiöstreichischcn Machi¬ nation Englands auf die Spur gekommen. Lord Palmerston — dafür sprechen klare Jndicien — hat den Kampf gegen die Throne des Continents uoch nicht aufgegeben und unterhält einen gefährlichen Agenten im Herzen Ungarns, einen Mr. Pridham, der nach der Besiegung der Insurrektion als Correspondent der loyalen Times sich bei uns einschmuggelte und, während er in seinen Berichten an das Londoner Blatt die Armee und das Ministerium in den Himmel hob, das auf diese Weise erschlichene Vertrauen schmählich getäuscht hat, indem er mit aller Gewalt Oestreich zu „untergraben" anfing. Er grub und grub Tag und Nacht, wie ein Maulwurf, wie ein Schatzgräber, wie ein Californier in den «liMn^s, und hat bereits unberechenbaren Schaden gestiftet. Er soll so gar Kossuth's Frau zur Flucht über die Greuze verhelfen haben. In diesem Augenblick wühlt er in der Umgegend von Arad, ohne daß mau seiner habhaft werden könnte. Steckbriefe sind ihm jedoch auf den Fersen, Khcvenhüller in Prag, Hammerstein in Galizien, Melden in Wien, Wohlgemut!) in Siebenbürgen haben Befehl, auf ih» zu fahn¬ den, der Hafen von Fiume und die Militärgrenze stehen unter strenger Bewachung, auf daß er nicht entrinne. Wird er „zu Stande gebracht", bevor es ihm gelingt, seine geheimen Instruktionen zu verbrennen oder zu verschlucken, so kann man wich¬ tigen Aufschlüssen über die Plane des großen europäischen Wühlhuber in London, des Lord Höllenfeuerbrand entgegensehen; der „Oestreichische Korrespondent" ar¬ beitet im Stillen schon jetzt an den Dokumenten, die man bei ihm finden wird. Scherz bei Seite, der Mr. Pridham, von dem die hiesigen Correspondenten auswärtiger Blätter so viel zu sagen wissen, existirt in Fleisch und Blut, und da ich das Vergnügen hatte, ihn im Sommer 1849 persönlich kennen zu lernen, so

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92822/317>, abgerufen am 04.05.2024.