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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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steilem darbringen, sind ernst gemeint, es sollen wirkliche Huldigungen sein. Bei
solchen Gelegenheiten sind vorzüglich die Frauen reizend, und B^ranger war sehr
gerührt, als ihm so zu sagen die Heldinnen der besten seiner Poesien die Wange
zum Kusse hinhielten.

Mit dem eilften Schlage der Uhr geht Alles aus einander; die vielen Gas¬
lampen erlöschen mit einem Male, und unter dem lärmenden Rufe: do8 lampion!-!
clos lampioils l tobt man zur Thüre hinaus. Dieser Garten liegt hinter jenem
des Luxembourg, die ganze Gesellschaft wandert wie eine einzige Familie heim¬
wärts, und zwar nach den Gesetzen der Arche Noah's, Alles gepaart. Man merkt
es dieser tollen Caravane an, daß sie sich daheim eben so wenig langweilen
werde, als in der dloLörw M-i8. Die tanzcrhitzten Gesichter, die feuersprühenden
Augen der sauft am Arme des Freundes Hangenden Schelminnen sagen übrigens
noch ganz andere Dinge, die wir aber vorläufig uicht verrathen wollen. . - -
Und wenn der Leser zu seinem Erstaunen findet, daß ich mehr von den Lateine¬
rinnen, als von den Lateinern gesprochen, so mag er eben bedenken, daß die
größte Merkwürdigkeit des ()na>.lor lato eben Jene und nicht Diese seien. Die
Fran ist auch in der That ein interessantes Studium, und es wäre nur zu wün¬
schen, daß die hiesige Jugend sich weniger gründlich und weniger materiell nut
dieser schönen Wissenschaft befaßte.




Wer zum ersten Mal in die Schweiz kommt, verwundert sich in der Regel,
daß er überall ein ewiges Krachen und Krallen vernimmt. Ist man aber einige
Zeit im Lande, so gewohnt man sich an diese Sitte. Es ist wahr, zu manchen
Zeiten klingt es Einem vor dn, Ohren, als wenn die alten Schweizerberge ein¬
stürzen sollten, allein, wer die Verhältnisse kennt und weiß, daß bei Familien-
und öffentlichen Festen, groß oder klein, das Pulver nicht gespart wird, der läßt
sich durch diese kriegerischen Tone nicht mehr stören, und findet micht dieses
Böllern und Schießen eben so natürlich und nothwendig, wie es die Schweizer
im Allgemeinen finden. Nur selten wird man daher veranlaßt, nach dem Grunde
des Schießens zu fragen, wenn nicht gerade Kanonen von ungewöhnlichem Klänge
zur besondern Aufmerksamkeit auffordern. Hört man aber das regelmäßige Kra¬
chen des großen Kalibers und die gewöhnlich üblichen 22 Schüsse (zu Ehren der
vereinigten 22 Cantone), so kann, man annehmen, daß etwas Wichtigeres vor
sich gehen soll.

Auch uns machten vor einiger Zeit Abends kurz vor Sonnenuntergang
die Kanonen aufmerksam, und Aller Blicke richteten sich nach der äußersten


steilem darbringen, sind ernst gemeint, es sollen wirkliche Huldigungen sein. Bei
solchen Gelegenheiten sind vorzüglich die Frauen reizend, und B^ranger war sehr
gerührt, als ihm so zu sagen die Heldinnen der besten seiner Poesien die Wange
zum Kusse hinhielten.

Mit dem eilften Schlage der Uhr geht Alles aus einander; die vielen Gas¬
lampen erlöschen mit einem Male, und unter dem lärmenden Rufe: do8 lampion!-!
clos lampioils l tobt man zur Thüre hinaus. Dieser Garten liegt hinter jenem
des Luxembourg, die ganze Gesellschaft wandert wie eine einzige Familie heim¬
wärts, und zwar nach den Gesetzen der Arche Noah's, Alles gepaart. Man merkt
es dieser tollen Caravane an, daß sie sich daheim eben so wenig langweilen
werde, als in der dloLörw M-i8. Die tanzcrhitzten Gesichter, die feuersprühenden
Augen der sauft am Arme des Freundes Hangenden Schelminnen sagen übrigens
noch ganz andere Dinge, die wir aber vorläufig uicht verrathen wollen. . - -
Und wenn der Leser zu seinem Erstaunen findet, daß ich mehr von den Lateine¬
rinnen, als von den Lateinern gesprochen, so mag er eben bedenken, daß die
größte Merkwürdigkeit des ()na>.lor lato eben Jene und nicht Diese seien. Die
Fran ist auch in der That ein interessantes Studium, und es wäre nur zu wün¬
schen, daß die hiesige Jugend sich weniger gründlich und weniger materiell nut
dieser schönen Wissenschaft befaßte.




Wer zum ersten Mal in die Schweiz kommt, verwundert sich in der Regel,
daß er überall ein ewiges Krachen und Krallen vernimmt. Ist man aber einige
Zeit im Lande, so gewohnt man sich an diese Sitte. Es ist wahr, zu manchen
Zeiten klingt es Einem vor dn, Ohren, als wenn die alten Schweizerberge ein¬
stürzen sollten, allein, wer die Verhältnisse kennt und weiß, daß bei Familien-
und öffentlichen Festen, groß oder klein, das Pulver nicht gespart wird, der läßt
sich durch diese kriegerischen Tone nicht mehr stören, und findet micht dieses
Böllern und Schießen eben so natürlich und nothwendig, wie es die Schweizer
im Allgemeinen finden. Nur selten wird man daher veranlaßt, nach dem Grunde
des Schießens zu fragen, wenn nicht gerade Kanonen von ungewöhnlichem Klänge
zur besondern Aufmerksamkeit auffordern. Hört man aber das regelmäßige Kra¬
chen des großen Kalibers und die gewöhnlich üblichen 22 Schüsse (zu Ehren der
vereinigten 22 Cantone), so kann, man annehmen, daß etwas Wichtigeres vor
sich gehen soll.

Auch uns machten vor einiger Zeit Abends kurz vor Sonnenuntergang
die Kanonen aufmerksam, und Aller Blicke richteten sich nach der äußersten


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[0472] steilem darbringen, sind ernst gemeint, es sollen wirkliche Huldigungen sein. Bei solchen Gelegenheiten sind vorzüglich die Frauen reizend, und B^ranger war sehr gerührt, als ihm so zu sagen die Heldinnen der besten seiner Poesien die Wange zum Kusse hinhielten. Mit dem eilften Schlage der Uhr geht Alles aus einander; die vielen Gas¬ lampen erlöschen mit einem Male, und unter dem lärmenden Rufe: do8 lampion!-! clos lampioils l tobt man zur Thüre hinaus. Dieser Garten liegt hinter jenem des Luxembourg, die ganze Gesellschaft wandert wie eine einzige Familie heim¬ wärts, und zwar nach den Gesetzen der Arche Noah's, Alles gepaart. Man merkt es dieser tollen Caravane an, daß sie sich daheim eben so wenig langweilen werde, als in der dloLörw M-i8. Die tanzcrhitzten Gesichter, die feuersprühenden Augen der sauft am Arme des Freundes Hangenden Schelminnen sagen übrigens noch ganz andere Dinge, die wir aber vorläufig uicht verrathen wollen. . - - Und wenn der Leser zu seinem Erstaunen findet, daß ich mehr von den Lateine¬ rinnen, als von den Lateinern gesprochen, so mag er eben bedenken, daß die größte Merkwürdigkeit des ()na>.lor lato eben Jene und nicht Diese seien. Die Fran ist auch in der That ein interessantes Studium, und es wäre nur zu wün¬ schen, daß die hiesige Jugend sich weniger gründlich und weniger materiell nut dieser schönen Wissenschaft befaßte. Wer zum ersten Mal in die Schweiz kommt, verwundert sich in der Regel, daß er überall ein ewiges Krachen und Krallen vernimmt. Ist man aber einige Zeit im Lande, so gewohnt man sich an diese Sitte. Es ist wahr, zu manchen Zeiten klingt es Einem vor dn, Ohren, als wenn die alten Schweizerberge ein¬ stürzen sollten, allein, wer die Verhältnisse kennt und weiß, daß bei Familien- und öffentlichen Festen, groß oder klein, das Pulver nicht gespart wird, der läßt sich durch diese kriegerischen Tone nicht mehr stören, und findet micht dieses Böllern und Schießen eben so natürlich und nothwendig, wie es die Schweizer im Allgemeinen finden. Nur selten wird man daher veranlaßt, nach dem Grunde des Schießens zu fragen, wenn nicht gerade Kanonen von ungewöhnlichem Klänge zur besondern Aufmerksamkeit auffordern. Hört man aber das regelmäßige Kra¬ chen des großen Kalibers und die gewöhnlich üblichen 22 Schüsse (zu Ehren der vereinigten 22 Cantone), so kann, man annehmen, daß etwas Wichtigeres vor sich gehen soll. Auch uns machten vor einiger Zeit Abends kurz vor Sonnenuntergang die Kanonen aufmerksam, und Aller Blicke richteten sich nach der äußersten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/472>, abgerufen am 04.05.2024.