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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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anderes Gebiet begünstigend, so ist es eben nicht mehr als ein Zufall, der nach
Russischer Manier freilich aber sogleich als eine Absicht des Edelsinns in die
Welt hinausgeschrien wird.




Ans dem Münchener Ständehans.
3.
Der Mimi stertisch.

Bekanntlich haben wir mit der Revolution eben so gut gebrochen, als
Preußen. Aergerlich ist dabei, daß die böse Welt sich hartnäckig einbildet,
Preußen habe uns zuerst die Revolution in der Pfalz gebrochen. Und dies
s°aar, nachdem vom Ministertische aus aufs Gründlichste bewiesen worden ist, 1)
daß damals die achtmaligen Gesuche um Preußische Hilfe keine Hilssgesuche wa-
^u; daß folglich 2) die Preußische Intervention in der Pfalz nur aufgedrungen
"^r; daß 3) die Preußen eigentlich gar keine revolntionirte Pfalz vorfanden;
daß i) y,ihn Armeecorps keineswegs zu spät am Rheinübergange zu der bereits
6 Tage von den Preußen besetzten Provinz anlangten. Ans solche uuwiderleg-
"che Beweisführungen gestützt, können wir also mit Fug und Recht behaupten:
^r haben zuerst unter allen Europäischen Staaten, etwa das Neapolitanische
Königreich ausgenommen, der "Schlange" den Kopf zertreten. Wer es trotzdem
'M g^übt, dem wird es dereinst der Unterricht in der Bayerischen Geschichte
^ut Ministerialverordnung vom 13. Januar 18S1 beweisen. Auch hat zu diesem
Zwecke Hr. Pfarrer K. Sayler zu Eschbach in der Pfalz bereits ein vortreffliches
Handbuch geliefert. Davon soll durch Patrioten aus dem Krystallisationskerne
^ echten Bayerthums eine von Franz Pocal illustrirre Ausgabe besorgt werden,
Welche als Motto folgende Sätze jenes Ministerialrescripts trägt.--"Die Geschichte
^ neuesten Zeit hat wiederholt die providentielle Bestimmung Bayerns in Deutsch-
^ut dargethan, indem es aufs Neue, wie in der Vorzeit mehr als einmal, der
'Evolution und den Gelüsten nach einer Zerreißung Deutschlands mit Entschie¬
denheit und Erfolg entgegengetreten ist... . In diesem Sinne soll die Baye-
Ge Geschichte gelehrt, und hierdurch bei der Jugend das Bayerische national¬
en)! geweckt, genährt und gefordert werden." -- Uebrigens ist unser Bruch
^ der Revolution ein vollkommen gemäßigter. Das neue Strafgesetzbuch, wenn
^ auch die verheißene Abschaffung der Todesstrafe vergißt, wird doch weder die
a,es/s^ gesetzmäßig angewendete Folter bei Untersuchungen, noch die 1830
I^Kab abgeschaffte Strafe der Brandmarkung wieder einführen. Im übrigen
atSleben wird unser Bruch ebenfalls nicht weiter, als bis dahin gehen, wo


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anderes Gebiet begünstigend, so ist es eben nicht mehr als ein Zufall, der nach
Russischer Manier freilich aber sogleich als eine Absicht des Edelsinns in die
Welt hinausgeschrien wird.




Ans dem Münchener Ständehans.
3.
Der Mimi stertisch.

Bekanntlich haben wir mit der Revolution eben so gut gebrochen, als
Preußen. Aergerlich ist dabei, daß die böse Welt sich hartnäckig einbildet,
Preußen habe uns zuerst die Revolution in der Pfalz gebrochen. Und dies
s°aar, nachdem vom Ministertische aus aufs Gründlichste bewiesen worden ist, 1)
daß damals die achtmaligen Gesuche um Preußische Hilfe keine Hilssgesuche wa-
^u; daß folglich 2) die Preußische Intervention in der Pfalz nur aufgedrungen
"^r; daß 3) die Preußen eigentlich gar keine revolntionirte Pfalz vorfanden;
daß i) y,ihn Armeecorps keineswegs zu spät am Rheinübergange zu der bereits
6 Tage von den Preußen besetzten Provinz anlangten. Ans solche uuwiderleg-
"che Beweisführungen gestützt, können wir also mit Fug und Recht behaupten:
^r haben zuerst unter allen Europäischen Staaten, etwa das Neapolitanische
Königreich ausgenommen, der „Schlange" den Kopf zertreten. Wer es trotzdem
'M g^übt, dem wird es dereinst der Unterricht in der Bayerischen Geschichte
^ut Ministerialverordnung vom 13. Januar 18S1 beweisen. Auch hat zu diesem
Zwecke Hr. Pfarrer K. Sayler zu Eschbach in der Pfalz bereits ein vortreffliches
Handbuch geliefert. Davon soll durch Patrioten aus dem Krystallisationskerne
^ echten Bayerthums eine von Franz Pocal illustrirre Ausgabe besorgt werden,
Welche als Motto folgende Sätze jenes Ministerialrescripts trägt.--„Die Geschichte
^ neuesten Zeit hat wiederholt die providentielle Bestimmung Bayerns in Deutsch-
^ut dargethan, indem es aufs Neue, wie in der Vorzeit mehr als einmal, der
'Evolution und den Gelüsten nach einer Zerreißung Deutschlands mit Entschie¬
denheit und Erfolg entgegengetreten ist... . In diesem Sinne soll die Baye-
Ge Geschichte gelehrt, und hierdurch bei der Jugend das Bayerische national¬
en)! geweckt, genährt und gefordert werden." — Uebrigens ist unser Bruch
^ der Revolution ein vollkommen gemäßigter. Das neue Strafgesetzbuch, wenn
^ auch die verheißene Abschaffung der Todesstrafe vergißt, wird doch weder die
a,es/s^ gesetzmäßig angewendete Folter bei Untersuchungen, noch die 1830
I^Kab abgeschaffte Strafe der Brandmarkung wieder einführen. Im übrigen
atSleben wird unser Bruch ebenfalls nicht weiter, als bis dahin gehen, wo


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/21>, abgerufen am 19.04.2024.