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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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und zu wollen, weil die beständige Jagd nach dein Vergnügen weder dem Gefühl,
noch der Intelligenz, noch dem Willen die Zeit läßt, sich zu entwickeln. Die
Figuren, in denen dieser Gedanke individualisirt ist, sind ans ein Minimum be¬
schränkt; trotz dem ist die Spannung mit großem künstlerischen Geschick ausge¬
arbeitet, und wir werden gerührt und erhoben, wenn auch die Sprache sich zu
sehr im Lyrischen bewegt und zuweilen in Schwulst verfällt.




Die conservative Opposition in Preußen.

Unsre Tageblätter haben von ihrem Parteistandpüukt aus das Votum des
Herrn v. Bethmann-Hvllweg ^) vielfach besprochen, aber sie haben den Eindruck
doch nicht vollständig geschildert, den diese kleine und doch so schwer ins Gewicht
sollende Schrift auf die Leser aller Parteien ausübt, denn sie haben wenig Worte
stefuudeu, dem braven und ehrlichen Mann, der ein Herz für sein Vaterland und
k>n lebhaftes Gefühl für die Ehre Preußens zeigt, Anerkennung und Dank zu
^gen. Ja, Dank, denn die Verhältnisse in Preußen sind gegenwärtig so, daß
politische Parteistaudpunkt weniger Bedeutung hat, als das Hervortreten einer
wichtigen und männlichen Gesinnung, welcher Seite sie auch angehöre. Auch der
^vnvurf, welchen befreundete Blätter Herrn von Bethmann machten, daß seiue
Überzeugung von der Ungesetzlichkeit der letzten Negierungömaßregel so spät
Worte gefunden habe, ist ungerecht. Lange muß der Mann mit sich gekämpft
!Alt Vieles muß seinen preußischen Stolz verwundet haben, bevor' ihm die Pietät
gegen die Person seines geliebten Monarchen und die Anerkennung früherer Un-
^niehmnngen des Ministeriums, welche von seinem Standpunkt aus natürlich
gestatteten, seinen Bedenken einen so entschiedenen Ausdruck zu geben. Daß
^ es doch that, und gerade zu dieser Zeit, und gerade er, das soll ihm Preußen
vergessen. Wir gehören nicht seiner Partei an, aber wir würden es für ein
großes Glück halten, wenn sich das Gerücht als wahr erwiese, daß er im Verein
mehreren Gleichgesinnten eine conservative OppositivnSzcituug einrichten und
protegiren wolle. Es giebt gegenwärtig in Preußen so Vieles, was gesagt wer-
mnß und was die liberalen Blätter nicht mehr sagen können, weil die Maß-
^gelu gegen die Presse gegenwärtig so rücksichtslos, kleinlich und heftig sind, daß
jedem freien Wort die Existenz großer und solider Blätter auf dem Spiel
^de. , Zwar fürchten wir nicht einen autokratischen Umsturz der Verfassung. Denn
^lbst die Regierung muß durchfühlen, daß diese Verfassung, wie sie anch nach
dem Willen des Ministeriums geworden ist, doch das einzige Band bildet, wei-
^6 gegenwärtig die Krone mit dem größten Theile des Volkes zusammenhält.



Die Neactivwmg der preußischen Provmzicüwndtage, Berlin, W. Herz. 4831.

und zu wollen, weil die beständige Jagd nach dein Vergnügen weder dem Gefühl,
noch der Intelligenz, noch dem Willen die Zeit läßt, sich zu entwickeln. Die
Figuren, in denen dieser Gedanke individualisirt ist, sind ans ein Minimum be¬
schränkt; trotz dem ist die Spannung mit großem künstlerischen Geschick ausge¬
arbeitet, und wir werden gerührt und erhoben, wenn auch die Sprache sich zu
sehr im Lyrischen bewegt und zuweilen in Schwulst verfällt.




Die conservative Opposition in Preußen.

Unsre Tageblätter haben von ihrem Parteistandpüukt aus das Votum des
Herrn v. Bethmann-Hvllweg ^) vielfach besprochen, aber sie haben den Eindruck
doch nicht vollständig geschildert, den diese kleine und doch so schwer ins Gewicht
sollende Schrift auf die Leser aller Parteien ausübt, denn sie haben wenig Worte
stefuudeu, dem braven und ehrlichen Mann, der ein Herz für sein Vaterland und
k>n lebhaftes Gefühl für die Ehre Preußens zeigt, Anerkennung und Dank zu
^gen. Ja, Dank, denn die Verhältnisse in Preußen sind gegenwärtig so, daß
politische Parteistaudpunkt weniger Bedeutung hat, als das Hervortreten einer
wichtigen und männlichen Gesinnung, welcher Seite sie auch angehöre. Auch der
^vnvurf, welchen befreundete Blätter Herrn von Bethmann machten, daß seiue
Überzeugung von der Ungesetzlichkeit der letzten Negierungömaßregel so spät
Worte gefunden habe, ist ungerecht. Lange muß der Mann mit sich gekämpft
!Alt Vieles muß seinen preußischen Stolz verwundet haben, bevor' ihm die Pietät
gegen die Person seines geliebten Monarchen und die Anerkennung früherer Un-
^niehmnngen des Ministeriums, welche von seinem Standpunkt aus natürlich
gestatteten, seinen Bedenken einen so entschiedenen Ausdruck zu geben. Daß
^ es doch that, und gerade zu dieser Zeit, und gerade er, das soll ihm Preußen
vergessen. Wir gehören nicht seiner Partei an, aber wir würden es für ein
großes Glück halten, wenn sich das Gerücht als wahr erwiese, daß er im Verein
mehreren Gleichgesinnten eine conservative OppositivnSzcituug einrichten und
protegiren wolle. Es giebt gegenwärtig in Preußen so Vieles, was gesagt wer-
mnß und was die liberalen Blätter nicht mehr sagen können, weil die Maß-
^gelu gegen die Presse gegenwärtig so rücksichtslos, kleinlich und heftig sind, daß
jedem freien Wort die Existenz großer und solider Blätter auf dem Spiel
^de. , Zwar fürchten wir nicht einen autokratischen Umsturz der Verfassung. Denn
^lbst die Regierung muß durchfühlen, daß diese Verfassung, wie sie anch nach
dem Willen des Ministeriums geworden ist, doch das einzige Band bildet, wei-
^6 gegenwärtig die Krone mit dem größten Theile des Volkes zusammenhält.



Die Neactivwmg der preußischen Provmzicüwndtage, Berlin, W. Herz. 4831.
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[0227] und zu wollen, weil die beständige Jagd nach dein Vergnügen weder dem Gefühl, noch der Intelligenz, noch dem Willen die Zeit läßt, sich zu entwickeln. Die Figuren, in denen dieser Gedanke individualisirt ist, sind ans ein Minimum be¬ schränkt; trotz dem ist die Spannung mit großem künstlerischen Geschick ausge¬ arbeitet, und wir werden gerührt und erhoben, wenn auch die Sprache sich zu sehr im Lyrischen bewegt und zuweilen in Schwulst verfällt. Die conservative Opposition in Preußen. Unsre Tageblätter haben von ihrem Parteistandpüukt aus das Votum des Herrn v. Bethmann-Hvllweg ^) vielfach besprochen, aber sie haben den Eindruck doch nicht vollständig geschildert, den diese kleine und doch so schwer ins Gewicht sollende Schrift auf die Leser aller Parteien ausübt, denn sie haben wenig Worte stefuudeu, dem braven und ehrlichen Mann, der ein Herz für sein Vaterland und k>n lebhaftes Gefühl für die Ehre Preußens zeigt, Anerkennung und Dank zu ^gen. Ja, Dank, denn die Verhältnisse in Preußen sind gegenwärtig so, daß politische Parteistaudpunkt weniger Bedeutung hat, als das Hervortreten einer wichtigen und männlichen Gesinnung, welcher Seite sie auch angehöre. Auch der ^vnvurf, welchen befreundete Blätter Herrn von Bethmann machten, daß seiue Überzeugung von der Ungesetzlichkeit der letzten Negierungömaßregel so spät Worte gefunden habe, ist ungerecht. Lange muß der Mann mit sich gekämpft !Alt Vieles muß seinen preußischen Stolz verwundet haben, bevor' ihm die Pietät gegen die Person seines geliebten Monarchen und die Anerkennung früherer Un- ^niehmnngen des Ministeriums, welche von seinem Standpunkt aus natürlich gestatteten, seinen Bedenken einen so entschiedenen Ausdruck zu geben. Daß ^ es doch that, und gerade zu dieser Zeit, und gerade er, das soll ihm Preußen vergessen. Wir gehören nicht seiner Partei an, aber wir würden es für ein großes Glück halten, wenn sich das Gerücht als wahr erwiese, daß er im Verein mehreren Gleichgesinnten eine conservative OppositivnSzcituug einrichten und protegiren wolle. Es giebt gegenwärtig in Preußen so Vieles, was gesagt wer- mnß und was die liberalen Blätter nicht mehr sagen können, weil die Maß- ^gelu gegen die Presse gegenwärtig so rücksichtslos, kleinlich und heftig sind, daß jedem freien Wort die Existenz großer und solider Blätter auf dem Spiel ^de. , Zwar fürchten wir nicht einen autokratischen Umsturz der Verfassung. Denn ^lbst die Regierung muß durchfühlen, daß diese Verfassung, wie sie anch nach dem Willen des Ministeriums geworden ist, doch das einzige Band bildet, wei- ^6 gegenwärtig die Krone mit dem größten Theile des Volkes zusammenhält. Die Neactivwmg der preußischen Provmzicüwndtage, Berlin, W. Herz. 4831.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/227>, abgerufen am 28.03.2024.