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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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Das Denkmal Friedrich Wilhelm des Dritten
Kiß vonin

Die Errichtung eines ehernen Standbildes Friedrich Wilhelm III. in Königs¬
berg war im Jahre 1841 von den Prvvinzialständen der Provinz Preußen be¬
schlossen worden. Mit der Ausführung wurde August Kiß beauftragt; eine Com-
nnssivn wählte unter zwei von ihm eingesandten Modellen. Von der Vollendung,
dem Transport und der Enthüllung der Smtue (am 3. August dieses Jahres)
haben die Zeitungen berichtet; seitdem ist auch eine Beschreibung nebst historischer
Einleitung und vorläufigen Abbildungen erschienen/) die hoffentlich das Interesse
für das bedeutende Werk so weit verbreitet hat, daß eine nähere Besprechung
desselben Vielen nicht unwillkommen sein wird. ,

Das 34 Fuß hohe Denkmal ist von einem Eisengitter eingeschlossen. Auf
drei Granitstufen ruht ein oblouger Granituntersatz, an dessen beiden Längeuseitcn
je drei Sockel hervortreten; aus diesem erhebt sich das Postament von Bronze.
Die sechs Sockel tragen sechs lebensgroße Figuren, die Seitenflächen des Posta¬
ments enthalte" eben so viele Bildfelder in erhabener Arbeit. Ans dieser Basis
steht die kolossale Reiterstatue.

Von den sechs am Postament stehenden Figuren stellen vier die christlichen
Eardinaltngendcn vor, Glaube, Gerechtigkeit, Liebe und Weisheit, die beiden
übrigen die Borussia und Abundantia; diese sind in die Mitte der beiden Läu-
lwlseiteu, jene an die vier Ecken gestellt. Gegen dergl. Allegorien kauu nicht
entschieden genug protestirt werde". Pcrsouifieatiouc" von Begriffe" gehören nnn
einmal nicht in die bildende Kunst. Die unendliche Kluft zwischen Begriff und
Gestalt läßt sich nicht ausfüllen, die Bezeichnung des einen durch die andere ist
°nie rein willkürliche, conventionelle, und äußerlich hinzugefügte Attribute, die dem
Verständniß nachhelfen sollen, zeige" "ur ihre Unzulänglichkeit; immer müssen
"tho solche Allegorien weseiilose Zwitter bleiben, denen das erste - Erfordernis; des



-) Denkmal König Friedrich Wilhelm des Dritte", in Königsberg enthüllt am ,',!, August
^l>l. Mit !> Zeichnungen von F. BUS und einer historisch-artistischen Beschreibung vom
Geheimen Rath Professor Ur. Schubert. Königsberg, Verlag vou H. L. Voigt.
Grenzboten. IV. -I8!i->. it
Das Denkmal Friedrich Wilhelm des Dritten
Kiß vonin

Die Errichtung eines ehernen Standbildes Friedrich Wilhelm III. in Königs¬
berg war im Jahre 1841 von den Prvvinzialständen der Provinz Preußen be¬
schlossen worden. Mit der Ausführung wurde August Kiß beauftragt; eine Com-
nnssivn wählte unter zwei von ihm eingesandten Modellen. Von der Vollendung,
dem Transport und der Enthüllung der Smtue (am 3. August dieses Jahres)
haben die Zeitungen berichtet; seitdem ist auch eine Beschreibung nebst historischer
Einleitung und vorläufigen Abbildungen erschienen/) die hoffentlich das Interesse
für das bedeutende Werk so weit verbreitet hat, daß eine nähere Besprechung
desselben Vielen nicht unwillkommen sein wird. ,

Das 34 Fuß hohe Denkmal ist von einem Eisengitter eingeschlossen. Auf
drei Granitstufen ruht ein oblouger Granituntersatz, an dessen beiden Längeuseitcn
je drei Sockel hervortreten; aus diesem erhebt sich das Postament von Bronze.
Die sechs Sockel tragen sechs lebensgroße Figuren, die Seitenflächen des Posta¬
ments enthalte» eben so viele Bildfelder in erhabener Arbeit. Ans dieser Basis
steht die kolossale Reiterstatue.

Von den sechs am Postament stehenden Figuren stellen vier die christlichen
Eardinaltngendcn vor, Glaube, Gerechtigkeit, Liebe und Weisheit, die beiden
übrigen die Borussia und Abundantia; diese sind in die Mitte der beiden Läu-
lwlseiteu, jene an die vier Ecken gestellt. Gegen dergl. Allegorien kauu nicht
entschieden genug protestirt werde». Pcrsouifieatiouc» von Begriffe» gehören nnn
einmal nicht in die bildende Kunst. Die unendliche Kluft zwischen Begriff und
Gestalt läßt sich nicht ausfüllen, die Bezeichnung des einen durch die andere ist
°nie rein willkürliche, conventionelle, und äußerlich hinzugefügte Attribute, die dem
Verständniß nachhelfen sollen, zeige» »ur ihre Unzulänglichkeit; immer müssen
"tho solche Allegorien weseiilose Zwitter bleiben, denen das erste - Erfordernis; des



-) Denkmal König Friedrich Wilhelm des Dritte», in Königsberg enthüllt am ,',!, August
^l>l. Mit !> Zeichnungen von F. BUS und einer historisch-artistischen Beschreibung vom
Geheimen Rath Professor Ur. Schubert. Königsberg, Verlag vou H. L. Voigt.
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[0325] Das Denkmal Friedrich Wilhelm des Dritten Kiß vonin Die Errichtung eines ehernen Standbildes Friedrich Wilhelm III. in Königs¬ berg war im Jahre 1841 von den Prvvinzialständen der Provinz Preußen be¬ schlossen worden. Mit der Ausführung wurde August Kiß beauftragt; eine Com- nnssivn wählte unter zwei von ihm eingesandten Modellen. Von der Vollendung, dem Transport und der Enthüllung der Smtue (am 3. August dieses Jahres) haben die Zeitungen berichtet; seitdem ist auch eine Beschreibung nebst historischer Einleitung und vorläufigen Abbildungen erschienen/) die hoffentlich das Interesse für das bedeutende Werk so weit verbreitet hat, daß eine nähere Besprechung desselben Vielen nicht unwillkommen sein wird. , Das 34 Fuß hohe Denkmal ist von einem Eisengitter eingeschlossen. Auf drei Granitstufen ruht ein oblouger Granituntersatz, an dessen beiden Längeuseitcn je drei Sockel hervortreten; aus diesem erhebt sich das Postament von Bronze. Die sechs Sockel tragen sechs lebensgroße Figuren, die Seitenflächen des Posta¬ ments enthalte» eben so viele Bildfelder in erhabener Arbeit. Ans dieser Basis steht die kolossale Reiterstatue. Von den sechs am Postament stehenden Figuren stellen vier die christlichen Eardinaltngendcn vor, Glaube, Gerechtigkeit, Liebe und Weisheit, die beiden übrigen die Borussia und Abundantia; diese sind in die Mitte der beiden Läu- lwlseiteu, jene an die vier Ecken gestellt. Gegen dergl. Allegorien kauu nicht entschieden genug protestirt werde». Pcrsouifieatiouc» von Begriffe» gehören nnn einmal nicht in die bildende Kunst. Die unendliche Kluft zwischen Begriff und Gestalt läßt sich nicht ausfüllen, die Bezeichnung des einen durch die andere ist °nie rein willkürliche, conventionelle, und äußerlich hinzugefügte Attribute, die dem Verständniß nachhelfen sollen, zeige» »ur ihre Unzulänglichkeit; immer müssen "tho solche Allegorien weseiilose Zwitter bleiben, denen das erste - Erfordernis; des -) Denkmal König Friedrich Wilhelm des Dritte», in Königsberg enthüllt am ,',!, August ^l>l. Mit !> Zeichnungen von F. BUS und einer historisch-artistischen Beschreibung vom Geheimen Rath Professor Ur. Schubert. Königsberg, Verlag vou H. L. Voigt. Grenzboten. IV. -I8!i->. it

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/325>, abgerufen am 19.04.2024.