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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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aller Theaterangehörigen wie das Interesse der Kunst durch Bestimmungen über
die Contractövcrhältnisse, Theatercartell und über die Rechte der dramatischen
Autoren wahrzunehmen bestimmt war. Ein sür alle Mitglieder dieses Theater.
Verbandes, Schauspieler wie Theaternnternehmcr, zu begründender Pensionsfonds
sollte die künstlerische Gemeinschaft fester schließen, und auch in socialer Beziehung
die Heilung zahlreicher Uebel vorbereiten. Der Pensionsfondö sollte auf Gegen¬
seitigkeit aller Mitglieder ruhen und unter Garantie des Staates verwaltet werden.
Wer einige mehr als oberflächliche Blicke in unser Theaterwescn geworfen, wird
^''gestehen müssen, daß dnrch eine solche Sicherstellung der materiellen Zukunft
d"res eigene und gemeinsame Betheiligung der Schauspieler nothwendig mit der
praktischen Hilfe zugleich ein höchst bedeutender versittlichcnder Einfluß gewonnen
wäre; und die sittliche Haltung der Schauspieler übt auf Kunst und Gesellschaft ihre
beachtenswerthen Wirkungen aus. Elend, Vagabundenthum und sittliche Ver¬
kommenheit fließen nicht selten aus einer Quelle, und die Pcnsionssucht wie die
Pensionsschen von Schauspielern und Theateruuternehmeru beeinträchtigen öfter,
"is man es ahnt, Kunst und Publicum. Auch der Wegfall aller Privatpeusionen
würde manche Mißstände beseitigen. Die Bestimmungen d^s Theatcrverbandes
waren so gedacht, daß aller Vortheil mit ihnen Hand in Hand gehen mußte.
Sie schlummern bei den Acten, gleich den übrigen Organisativnöplänen, und
^ ist schwer zu sagen, wann sie einmal ihre Auferstehung feiern werden.




Die französische Armee.
i.

Dem fremden Milit"r fällt bei dem französischen Heere znerst und an. meisten
die sehr strenge Disciplin ans, die in dem ganzen D.erst herrscht S.e -se
f°ster und strenger als bei den meisten deutschen Hecreöthe.im; der französische
Soldat erhält unabänderlich seine Strafe sür Vergehen, welche dem dentschen in
^ Regel straflos bleiben würden. Wird es z. B. doch schon alt dreMgtgcm
Arrest im Polizeisaal" bestraft, wenn ein Soldat anch nur zum Vergnügen die
Kaserne verläßt ohne seinen Tornister vollständig bis auf die geringste Kleinigkeit
gepackt zu haben so daß er ihn ohne Weiteres umhängen könnte, um nötigen¬
falls bis ans Ende der Welt zu marschiren. Deutsche Militairs haben sich viel¬
fach dariiber gewundert, wie es möglich sei, daß trotz der letzten gewaltsamen
Revolution diese Disciplin stets und in den gefährlichsten Krisen unverändert
brecht gehalten sei. Selbst die Kreuzzeitung, die kürzlich, naiv genug, das


aller Theaterangehörigen wie das Interesse der Kunst durch Bestimmungen über
die Contractövcrhältnisse, Theatercartell und über die Rechte der dramatischen
Autoren wahrzunehmen bestimmt war. Ein sür alle Mitglieder dieses Theater.
Verbandes, Schauspieler wie Theaternnternehmcr, zu begründender Pensionsfonds
sollte die künstlerische Gemeinschaft fester schließen, und auch in socialer Beziehung
die Heilung zahlreicher Uebel vorbereiten. Der Pensionsfondö sollte auf Gegen¬
seitigkeit aller Mitglieder ruhen und unter Garantie des Staates verwaltet werden.
Wer einige mehr als oberflächliche Blicke in unser Theaterwescn geworfen, wird
^''gestehen müssen, daß dnrch eine solche Sicherstellung der materiellen Zukunft
d»res eigene und gemeinsame Betheiligung der Schauspieler nothwendig mit der
praktischen Hilfe zugleich ein höchst bedeutender versittlichcnder Einfluß gewonnen
wäre; und die sittliche Haltung der Schauspieler übt auf Kunst und Gesellschaft ihre
beachtenswerthen Wirkungen aus. Elend, Vagabundenthum und sittliche Ver¬
kommenheit fließen nicht selten aus einer Quelle, und die Pcnsionssucht wie die
Pensionsschen von Schauspielern und Theateruuternehmeru beeinträchtigen öfter,
"is man es ahnt, Kunst und Publicum. Auch der Wegfall aller Privatpeusionen
würde manche Mißstände beseitigen. Die Bestimmungen d^s Theatcrverbandes
waren so gedacht, daß aller Vortheil mit ihnen Hand in Hand gehen mußte.
Sie schlummern bei den Acten, gleich den übrigen Organisativnöplänen, und
^ ist schwer zu sagen, wann sie einmal ihre Auferstehung feiern werden.




Die französische Armee.
i.

Dem fremden Milit«r fällt bei dem französischen Heere znerst und an. meisten
die sehr strenge Disciplin ans, die in dem ganzen D.erst herrscht S.e -se
f°ster und strenger als bei den meisten deutschen Hecreöthe.im; der französische
Soldat erhält unabänderlich seine Strafe sür Vergehen, welche dem dentschen in
^ Regel straflos bleiben würden. Wird es z. B. doch schon alt dreMgtgcm
Arrest im Polizeisaal" bestraft, wenn ein Soldat anch nur zum Vergnügen die
Kaserne verläßt ohne seinen Tornister vollständig bis auf die geringste Kleinigkeit
gepackt zu haben so daß er ihn ohne Weiteres umhängen könnte, um nötigen¬
falls bis ans Ende der Welt zu marschiren. Deutsche Militairs haben sich viel¬
fach dariiber gewundert, wie es möglich sei, daß trotz der letzten gewaltsamen
Revolution diese Disciplin stets und in den gefährlichsten Krisen unverändert
brecht gehalten sei. Selbst die Kreuzzeitung, die kürzlich, naiv genug, das


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[0411] aller Theaterangehörigen wie das Interesse der Kunst durch Bestimmungen über die Contractövcrhältnisse, Theatercartell und über die Rechte der dramatischen Autoren wahrzunehmen bestimmt war. Ein sür alle Mitglieder dieses Theater. Verbandes, Schauspieler wie Theaternnternehmcr, zu begründender Pensionsfonds sollte die künstlerische Gemeinschaft fester schließen, und auch in socialer Beziehung die Heilung zahlreicher Uebel vorbereiten. Der Pensionsfondö sollte auf Gegen¬ seitigkeit aller Mitglieder ruhen und unter Garantie des Staates verwaltet werden. Wer einige mehr als oberflächliche Blicke in unser Theaterwescn geworfen, wird ^''gestehen müssen, daß dnrch eine solche Sicherstellung der materiellen Zukunft d»res eigene und gemeinsame Betheiligung der Schauspieler nothwendig mit der praktischen Hilfe zugleich ein höchst bedeutender versittlichcnder Einfluß gewonnen wäre; und die sittliche Haltung der Schauspieler übt auf Kunst und Gesellschaft ihre beachtenswerthen Wirkungen aus. Elend, Vagabundenthum und sittliche Ver¬ kommenheit fließen nicht selten aus einer Quelle, und die Pcnsionssucht wie die Pensionsschen von Schauspielern und Theateruuternehmeru beeinträchtigen öfter, "is man es ahnt, Kunst und Publicum. Auch der Wegfall aller Privatpeusionen würde manche Mißstände beseitigen. Die Bestimmungen d^s Theatcrverbandes waren so gedacht, daß aller Vortheil mit ihnen Hand in Hand gehen mußte. Sie schlummern bei den Acten, gleich den übrigen Organisativnöplänen, und ^ ist schwer zu sagen, wann sie einmal ihre Auferstehung feiern werden. Die französische Armee. i. Dem fremden Milit«r fällt bei dem französischen Heere znerst und an. meisten die sehr strenge Disciplin ans, die in dem ganzen D.erst herrscht S.e -se f°ster und strenger als bei den meisten deutschen Hecreöthe.im; der französische Soldat erhält unabänderlich seine Strafe sür Vergehen, welche dem dentschen in ^ Regel straflos bleiben würden. Wird es z. B. doch schon alt dreMgtgcm Arrest im Polizeisaal" bestraft, wenn ein Soldat anch nur zum Vergnügen die Kaserne verläßt ohne seinen Tornister vollständig bis auf die geringste Kleinigkeit gepackt zu haben so daß er ihn ohne Weiteres umhängen könnte, um nötigen¬ falls bis ans Ende der Welt zu marschiren. Deutsche Militairs haben sich viel¬ fach dariiber gewundert, wie es möglich sei, daß trotz der letzten gewaltsamen Revolution diese Disciplin stets und in den gefährlichsten Krisen unverändert brecht gehalten sei. Selbst die Kreuzzeitung, die kürzlich, naiv genug, das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/411>, abgerufen am 28.03.2024.