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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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deutschen Kontingente an Officieren besitzt. Es ist freilich dabei gerechnet, daß
im Kriegsfall ein französisches Cavalericregiment sogleich ans L, ja nöthigen Falls
auch ans 7 Schwadronen gebracht werden kann. Augenblicklich zählt die qesammte
französische Reiterei, die Korps in Algerien mit einbegriffen, 00,2l>-l Soldaten
und ungefähr 48,000 Pferde.




Pariser Salon leben.

In Kurzem soll bei Franz Duncker in Berlin ein Werk von Friedrich Szarvady:
Paris vou 1848---I8LÄ, erscheinen. Der Verfasser, geborner Ungar, ein Mann von
Geist und Kenntnissen, hat in seiner mehrjährigen politischen und literarischen Thätig¬
keit zu Paris die beste Gelegenheit gehabt, das Leben der großen Stadt und das Trei¬
ben der Parteien genau kennen zu lernen. Er erzählt lebhaft und mit Laune, und wenn
er hier und da für unsrer Geschmack zu viel Esprit und petulante Eleganz hat, so versteht
er dergleichen kleine Schwächen durch Wahrheit und Ehrlichkeit seiner Urtheile doch
immer wieder gut zu machen. Der Redaction liegt ein großer Theil der Aus¬
hängebogen vor, und sie erfüllen eine angenehme Pflicht, wenn sie angelegentlich
"uf deu Inhalt desselben aufmerksam macht. Nach dem Inhaltsverzeichnis; enthält
es: Paris in Paris. Die Fremden in Paris. Die Pariserinnen. Beredtsamkeit
in den Straßen. Der Tempel von Jerusalem (die Börse). Salons und Cor-
"crsationsgeist. Tanz, Gesang und Blumen. Der Ball in der großen Oper.
Künstlerleben. Die Presse. Das Feuilleton. Die Geschichte auf einem Platze.
Lamartine, Cavaignac, Thiers. Louis Buouaparte.

Als eine Probe von dem Talent des Verfassers, mit innerer Freiheit zu be¬
obachten und unterhaltend zu erzählen, theilen wir aus seinen Reflexionen über
das Salonlcbcn in Paris Einiges mit:

Was stellt man sich in Deutschland nicht unter einem Pariser Salon vor?
Was glaubt man nicht für Herrlichkeit und Pracht zu finden -- und, der
Räumlichkeit nach, was für große Säle erwartet man nicht? -- Es ist eine
Täuschung. Salon heißt jedes Zimmer, in dem kein Bett steht, und wenn man
L"se hat, sich und Andere zu langweilen, so kann man in einem solchen haltlosen
Zimmer auch empfangen, und hat einen vollkommenen Salon auch im figürlichen
Sinne, Das ist demokratisch genug, und ein armer Schlucker kaun es dem reichen
Banquier in der Nile Lafette oder dem Grasen im Faubourg Se. Germain gleich
es"n. EZ herrscht vollkommene Gleichheit in dieser Beziehung, und Alles besitzt
actives und passives Salonrecht. Für jenes genügt es, einen schwarzen Frack zu
besitzen und ein Paar Handschuhe, die mau ohne zu große Anstrengung für weiß
gelten lassen kann; für letzteres braucht man nur ein Zimmer ohne Bett zu haben.
Die Abstufungen, die vom kleinen Empfangszimmer irgend eines unbedeutenden


Grenzboten. IV. 18U-I. !>8

deutschen Kontingente an Officieren besitzt. Es ist freilich dabei gerechnet, daß
im Kriegsfall ein französisches Cavalericregiment sogleich ans L, ja nöthigen Falls
auch ans 7 Schwadronen gebracht werden kann. Augenblicklich zählt die qesammte
französische Reiterei, die Korps in Algerien mit einbegriffen, 00,2l>-l Soldaten
und ungefähr 48,000 Pferde.




Pariser Salon leben.

In Kurzem soll bei Franz Duncker in Berlin ein Werk von Friedrich Szarvady:
Paris vou 1848—-I8LÄ, erscheinen. Der Verfasser, geborner Ungar, ein Mann von
Geist und Kenntnissen, hat in seiner mehrjährigen politischen und literarischen Thätig¬
keit zu Paris die beste Gelegenheit gehabt, das Leben der großen Stadt und das Trei¬
ben der Parteien genau kennen zu lernen. Er erzählt lebhaft und mit Laune, und wenn
er hier und da für unsrer Geschmack zu viel Esprit und petulante Eleganz hat, so versteht
er dergleichen kleine Schwächen durch Wahrheit und Ehrlichkeit seiner Urtheile doch
immer wieder gut zu machen. Der Redaction liegt ein großer Theil der Aus¬
hängebogen vor, und sie erfüllen eine angenehme Pflicht, wenn sie angelegentlich
"uf deu Inhalt desselben aufmerksam macht. Nach dem Inhaltsverzeichnis; enthält
es: Paris in Paris. Die Fremden in Paris. Die Pariserinnen. Beredtsamkeit
in den Straßen. Der Tempel von Jerusalem (die Börse). Salons und Cor-
"crsationsgeist. Tanz, Gesang und Blumen. Der Ball in der großen Oper.
Künstlerleben. Die Presse. Das Feuilleton. Die Geschichte auf einem Platze.
Lamartine, Cavaignac, Thiers. Louis Buouaparte.

Als eine Probe von dem Talent des Verfassers, mit innerer Freiheit zu be¬
obachten und unterhaltend zu erzählen, theilen wir aus seinen Reflexionen über
das Salonlcbcn in Paris Einiges mit:

Was stellt man sich in Deutschland nicht unter einem Pariser Salon vor?
Was glaubt man nicht für Herrlichkeit und Pracht zu finden — und, der
Räumlichkeit nach, was für große Säle erwartet man nicht? — Es ist eine
Täuschung. Salon heißt jedes Zimmer, in dem kein Bett steht, und wenn man
L"se hat, sich und Andere zu langweilen, so kann man in einem solchen haltlosen
Zimmer auch empfangen, und hat einen vollkommenen Salon auch im figürlichen
Sinne, Das ist demokratisch genug, und ein armer Schlucker kaun es dem reichen
Banquier in der Nile Lafette oder dem Grasen im Faubourg Se. Germain gleich
es"n. EZ herrscht vollkommene Gleichheit in dieser Beziehung, und Alles besitzt
actives und passives Salonrecht. Für jenes genügt es, einen schwarzen Frack zu
besitzen und ein Paar Handschuhe, die mau ohne zu große Anstrengung für weiß
gelten lassen kann; für letzteres braucht man nur ein Zimmer ohne Bett zu haben.
Die Abstufungen, die vom kleinen Empfangszimmer irgend eines unbedeutenden


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[0461] deutschen Kontingente an Officieren besitzt. Es ist freilich dabei gerechnet, daß im Kriegsfall ein französisches Cavalericregiment sogleich ans L, ja nöthigen Falls auch ans 7 Schwadronen gebracht werden kann. Augenblicklich zählt die qesammte französische Reiterei, die Korps in Algerien mit einbegriffen, 00,2l>-l Soldaten und ungefähr 48,000 Pferde. Pariser Salon leben. In Kurzem soll bei Franz Duncker in Berlin ein Werk von Friedrich Szarvady: Paris vou 1848—-I8LÄ, erscheinen. Der Verfasser, geborner Ungar, ein Mann von Geist und Kenntnissen, hat in seiner mehrjährigen politischen und literarischen Thätig¬ keit zu Paris die beste Gelegenheit gehabt, das Leben der großen Stadt und das Trei¬ ben der Parteien genau kennen zu lernen. Er erzählt lebhaft und mit Laune, und wenn er hier und da für unsrer Geschmack zu viel Esprit und petulante Eleganz hat, so versteht er dergleichen kleine Schwächen durch Wahrheit und Ehrlichkeit seiner Urtheile doch immer wieder gut zu machen. Der Redaction liegt ein großer Theil der Aus¬ hängebogen vor, und sie erfüllen eine angenehme Pflicht, wenn sie angelegentlich "uf deu Inhalt desselben aufmerksam macht. Nach dem Inhaltsverzeichnis; enthält es: Paris in Paris. Die Fremden in Paris. Die Pariserinnen. Beredtsamkeit in den Straßen. Der Tempel von Jerusalem (die Börse). Salons und Cor- "crsationsgeist. Tanz, Gesang und Blumen. Der Ball in der großen Oper. Künstlerleben. Die Presse. Das Feuilleton. Die Geschichte auf einem Platze. Lamartine, Cavaignac, Thiers. Louis Buouaparte. Als eine Probe von dem Talent des Verfassers, mit innerer Freiheit zu be¬ obachten und unterhaltend zu erzählen, theilen wir aus seinen Reflexionen über das Salonlcbcn in Paris Einiges mit: Was stellt man sich in Deutschland nicht unter einem Pariser Salon vor? Was glaubt man nicht für Herrlichkeit und Pracht zu finden — und, der Räumlichkeit nach, was für große Säle erwartet man nicht? — Es ist eine Täuschung. Salon heißt jedes Zimmer, in dem kein Bett steht, und wenn man L"se hat, sich und Andere zu langweilen, so kann man in einem solchen haltlosen Zimmer auch empfangen, und hat einen vollkommenen Salon auch im figürlichen Sinne, Das ist demokratisch genug, und ein armer Schlucker kaun es dem reichen Banquier in der Nile Lafette oder dem Grasen im Faubourg Se. Germain gleich es"n. EZ herrscht vollkommene Gleichheit in dieser Beziehung, und Alles besitzt actives und passives Salonrecht. Für jenes genügt es, einen schwarzen Frack zu besitzen und ein Paar Handschuhe, die mau ohne zu große Anstrengung für weiß gelten lassen kann; für letzteres braucht man nur ein Zimmer ohne Bett zu haben. Die Abstufungen, die vom kleinen Empfangszimmer irgend eines unbedeutenden Grenzboten. IV. 18U-I. !>8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/461>, abgerufen am 16.04.2024.