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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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gestellt, und der James's-Park in Belagernngsstand versetzt ist. Wie die Club-
Häuser in Pakt Malt jetzt aussehn, dös glaubt kein Mensch. 'S ist schreckbar
geplündert und gemordt worden, und die Jrländer, Heißt'S, haben ans National-
haß noch schlimmer gewirthschast als dö Kaffern. Aber, du lieber Gott, in so ner
unsinnig großen Stadt verliert sich dos und vergißt sich dös geschwind, und heut
gehn die John Bulls wieder auf do Börsen und schachern, als wenns lauter
Juden wären.

Unser Palmerston, der ist inzwischen nach Windsor geflucht, und hat sich der
Königin zu Füßen gworfen; die Minister sein rnmgstanden und haben ihm die
größten Malicen gsagt, und Prinz Albert hat sich davon gschlichcn, als wenn er
kein Sanders Gewissen nit hätt. Ihre Majestät aber, die Gott erhalten möge,
denn sie ist doch gut kaiserlich gsiunt, -- Ihre Majestät war ganz roth im Gsicht
vor Unwillen und ruft: Dös kommt von Ihren Intriguen gegen ein Allerhöchstes
Kaiserhaus, und daß sich mit solchen Auswurf einer Bevölkerung rumtreiben. Jetzt
hats ein End, sag ich; entweder ich oder der Kossuth, verstanden? Und wann so
ne Schlägerei noch einmal passirt, so Seins die längste Zeit Minister gwescn! ^
Drauf zieht der'Palmerston gleich andere Saiten ans, und Schuhe den Kossuth
auf einmal, mit zehn Pfund in der Taschen, nach Amerika. Seitdem ist auch
wieder a Nuh in London!

Nit wahr, dös hat der marinirte Tölegraph nit genette; der wird sich hüten.
Aber jetzt wissen sich. Sägers der NeichSzeitnng, daß kein Bissen Cvmmiöbrot
nit verdient, wanns nit daraus ein prächtigen Artikel zsaminschrcibt. -- Wie
gsagt, 's wär Alles ganz gut, wann nur dös uixuutzige Agio nit wär. Wir
reden noch drüber 's nächste Mal. Bhüt Ihnen der heilige Nepomuck von
Starkenfels, adjes! --




Wochenschau.

Eine Woche ist verstrichen, seit das außerordentlichste Ereigniß geschehen, das wir
seit Wochen, seit Monaten kommen sahen. Wir machen keinen Anspruch auf Seher¬
gabe es bedürfte keines prophetischen Fernrohres, um zu sehen, was vor unsrer
Augen geschieht, um zu erwarten, was sich mit den Händen greisen läßt. Jedermann
war Prophet, Alles weissagte, und doch war die ganze Welt unvorbereitet. Niemand
war überrascht, aber Jeder fühlte sich überrumpelt. Die Männer, die über Nacht auf¬
gehoben wurden, kannten die Pläne ihrer Gegner bis in alle Einzelnheiten -- sie hiel¬
ten es unter ihrer Würde, sich persönlich zu schützen, nachdem der Schutz der Gesammt¬
heit von der Majorität der Versammlung als etwas Ueberflüssiges zurückgewiesen wurde.
Sie haben sich verrechnet, nicht in dem, was da kommen werde, sondern in dem Re¬
sultate, zu dem das erwartete Ereignis; führen müsse. Die Franzosen konnten an ihre


gestellt, und der James's-Park in Belagernngsstand versetzt ist. Wie die Club-
Häuser in Pakt Malt jetzt aussehn, dös glaubt kein Mensch. 'S ist schreckbar
geplündert und gemordt worden, und die Jrländer, Heißt'S, haben ans National-
haß noch schlimmer gewirthschast als dö Kaffern. Aber, du lieber Gott, in so ner
unsinnig großen Stadt verliert sich dos und vergißt sich dös geschwind, und heut
gehn die John Bulls wieder auf do Börsen und schachern, als wenns lauter
Juden wären.

Unser Palmerston, der ist inzwischen nach Windsor geflucht, und hat sich der
Königin zu Füßen gworfen; die Minister sein rnmgstanden und haben ihm die
größten Malicen gsagt, und Prinz Albert hat sich davon gschlichcn, als wenn er
kein Sanders Gewissen nit hätt. Ihre Majestät aber, die Gott erhalten möge,
denn sie ist doch gut kaiserlich gsiunt, — Ihre Majestät war ganz roth im Gsicht
vor Unwillen und ruft: Dös kommt von Ihren Intriguen gegen ein Allerhöchstes
Kaiserhaus, und daß sich mit solchen Auswurf einer Bevölkerung rumtreiben. Jetzt
hats ein End, sag ich; entweder ich oder der Kossuth, verstanden? Und wann so
ne Schlägerei noch einmal passirt, so Seins die längste Zeit Minister gwescn! ^
Drauf zieht der'Palmerston gleich andere Saiten ans, und Schuhe den Kossuth
auf einmal, mit zehn Pfund in der Taschen, nach Amerika. Seitdem ist auch
wieder a Nuh in London!

Nit wahr, dös hat der marinirte Tölegraph nit genette; der wird sich hüten.
Aber jetzt wissen sich. Sägers der NeichSzeitnng, daß kein Bissen Cvmmiöbrot
nit verdient, wanns nit daraus ein prächtigen Artikel zsaminschrcibt. — Wie
gsagt, 's wär Alles ganz gut, wann nur dös uixuutzige Agio nit wär. Wir
reden noch drüber 's nächste Mal. Bhüt Ihnen der heilige Nepomuck von
Starkenfels, adjes! —




Wochenschau.

Eine Woche ist verstrichen, seit das außerordentlichste Ereigniß geschehen, das wir
seit Wochen, seit Monaten kommen sahen. Wir machen keinen Anspruch auf Seher¬
gabe es bedürfte keines prophetischen Fernrohres, um zu sehen, was vor unsrer
Augen geschieht, um zu erwarten, was sich mit den Händen greisen läßt. Jedermann
war Prophet, Alles weissagte, und doch war die ganze Welt unvorbereitet. Niemand
war überrascht, aber Jeder fühlte sich überrumpelt. Die Männer, die über Nacht auf¬
gehoben wurden, kannten die Pläne ihrer Gegner bis in alle Einzelnheiten — sie hiel¬
ten es unter ihrer Würde, sich persönlich zu schützen, nachdem der Schutz der Gesammt¬
heit von der Majorität der Versammlung als etwas Ueberflüssiges zurückgewiesen wurde.
Sie haben sich verrechnet, nicht in dem, was da kommen werde, sondern in dem Re¬
sultate, zu dem das erwartete Ereignis; führen müsse. Die Franzosen konnten an ihre


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/480>, abgerufen am 19.04.2024.