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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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sich mit einem Schwertstreich Namen und die Anfänge einer nationalen und
politischen Existenz errungen. Mit Takt hält es sich von all den Schlingen
und Netzen, welche man ihm seit drei Jahren allerwege stellt, fern, klagt nicht,
jammert nicht, macht keine Opposition und zeigt nirgends eine "mcvrrecte" Ge¬
sinnung, ja es ertrug zwei Jahre lang die Verwaltung des Generals Mayr-
hofer, desselben, der sich bei den galizischen Metzeleien im Jahre 184-6 so glänzend
hervorgethan hatte.

Jetzt herrscht in allen serbischen Gebieten Oestreichs eine dumpfe, schwüle
Ruhe und eine solche Theilnahmlostgkeit am Staate, daß man in Wien allen
Ernstes glaubt, die Serben seien das schlechtestgesinnte Volk im ganzen Staate,
weil sie alle Vorgänge der Negierung so betrachten, als ob sie dadurch nicht be¬
rührt würden, und als ginge sie Oestreich überhaupt gar Nichts an. Da sich
aber nirgend eine incorrecte Gesinnung geltend macht, kann die Regierung gegen
jene Haltung Nichts ausrichten, und ihre untergeordneten Organe machen ihrem
Serbenhasse durch Neckereien und Verfolgungen Luft, ohne die Serben aus ihrer
Contenance bringen zu können.




Die Uebel der Centralisation.

s)o 111 gi'uncloui' posgidls alö I" 1<>!Rice, luisant. fuit." In clLcactonviz cle 1ö k'i'ünoe,
par ni-. Kauclol, mentre ac l'assomIziLv IvAisIulivv, uMeur lec la I^r-me!"
nonne la rüvoluüon.

Das Werk ist zwar vor dem Staatsstreich geschrieben, und kann daher auf
die unmittelbare politische Entwickelung Frankreichs keine Einwirkung mehr haben.
Allein da das gegenwärtige Regiment keineswegs die Bürgschaft ewiger Dauer
in sich trägt, und da Frankreich, was es für politische Revolutionen auch noch
durchmachen möge, immer wieder auf diese Ideen zurückkommen muß, wenn es
einen wirkliche" und dauerhaften Fortschritt machen will, so dürfte es nicht un¬
passend sein, die Ansicht des geistvollen Verfassers in ihren Hauptzügen mit¬
zutheilen.

Von seiner frühern Schrift über den Verfall Frankreichs, die in kurzer Zeit
hinter einander vier Auflagen erlebte, haben wir bereits Bericht abgestattet.
Raudot hatte in derselben die gegenwärtigen Zustände Frankreichs in sehr düstern
Farben dargestellt und als den ersten Grund derselben die über alles Maß aus¬
gedehnte Idee der Centralisation nachgewiesen, welche unter dem alten Königthum
nur angebahnt, durch die cvnstituirende Versammlung von 1789 dagegen, und
namentlich durch Napoleon, mit eben so bewundernswürdiger als verderblicher
Consequenz durchgeführt war. Als wesentliche Folgen dieser Centralisation hatte'


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sich mit einem Schwertstreich Namen und die Anfänge einer nationalen und
politischen Existenz errungen. Mit Takt hält es sich von all den Schlingen
und Netzen, welche man ihm seit drei Jahren allerwege stellt, fern, klagt nicht,
jammert nicht, macht keine Opposition und zeigt nirgends eine „mcvrrecte" Ge¬
sinnung, ja es ertrug zwei Jahre lang die Verwaltung des Generals Mayr-
hofer, desselben, der sich bei den galizischen Metzeleien im Jahre 184-6 so glänzend
hervorgethan hatte.

Jetzt herrscht in allen serbischen Gebieten Oestreichs eine dumpfe, schwüle
Ruhe und eine solche Theilnahmlostgkeit am Staate, daß man in Wien allen
Ernstes glaubt, die Serben seien das schlechtestgesinnte Volk im ganzen Staate,
weil sie alle Vorgänge der Negierung so betrachten, als ob sie dadurch nicht be¬
rührt würden, und als ginge sie Oestreich überhaupt gar Nichts an. Da sich
aber nirgend eine incorrecte Gesinnung geltend macht, kann die Regierung gegen
jene Haltung Nichts ausrichten, und ihre untergeordneten Organe machen ihrem
Serbenhasse durch Neckereien und Verfolgungen Luft, ohne die Serben aus ihrer
Contenance bringen zu können.




Die Uebel der Centralisation.

s)o 111 gi'uncloui' posgidls alö I» 1<>!Rice, luisant. fuit.« In clLcactonviz cle 1ö k'i'ünoe,
par ni-. Kauclol, mentre ac l'assomIziLv IvAisIulivv, uMeur lec la I^r-me!«
nonne la rüvoluüon.

Das Werk ist zwar vor dem Staatsstreich geschrieben, und kann daher auf
die unmittelbare politische Entwickelung Frankreichs keine Einwirkung mehr haben.
Allein da das gegenwärtige Regiment keineswegs die Bürgschaft ewiger Dauer
in sich trägt, und da Frankreich, was es für politische Revolutionen auch noch
durchmachen möge, immer wieder auf diese Ideen zurückkommen muß, wenn es
einen wirkliche» und dauerhaften Fortschritt machen will, so dürfte es nicht un¬
passend sein, die Ansicht des geistvollen Verfassers in ihren Hauptzügen mit¬
zutheilen.

Von seiner frühern Schrift über den Verfall Frankreichs, die in kurzer Zeit
hinter einander vier Auflagen erlebte, haben wir bereits Bericht abgestattet.
Raudot hatte in derselben die gegenwärtigen Zustände Frankreichs in sehr düstern
Farben dargestellt und als den ersten Grund derselben die über alles Maß aus¬
gedehnte Idee der Centralisation nachgewiesen, welche unter dem alten Königthum
nur angebahnt, durch die cvnstituirende Versammlung von 1789 dagegen, und
namentlich durch Napoleon, mit eben so bewundernswürdiger als verderblicher
Consequenz durchgeführt war. Als wesentliche Folgen dieser Centralisation hatte'


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/381>, abgerufen am 27.04.2024.