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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Luxus und Schönheit im modernen Leben.
Wintergarten in geschlossenen Räumen.

Die erste Spur von Wintergarten finden wir schon bei den Römern, denn
ihre Adonisgärten scheinen nichts Anderes gewesen zu sein, als eine Art Garten
im Zimmer. Näher liegt uns der Wintergarten Albert des Großen (Albertus
Magnus), welchen derselbe im 13. Jahrhundert in Köln besaß. Der berühmte
Philosoph gab darin am 6. Januar 1249 dem römischen König Wilhelm ein
glänzendes Fest zwischen fremden Gewächsen und blühenden Bäumen.

Doch erst seit der Einführung der Orangerien in die nördlichen Länder
Europa's, zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts, noch mehr
aber, seitdem die Gewächshäuser sich mit Pflauzen aus allen Theilen der Welt
anfüllten, sind Gewächshäuser ein Gegenstand des Luxus geworden, und es ent¬
standen Gebäude, welche uicht sowol den Zweck hatten, die Gewächse gegen
die Härte des nordischen Winters zu schützen, sondern in welchen man auch mitten
im Winter sich den Genuß der grünenden, blühenden Natur zu verschaffen suchte:
sogenannte Wintergarten. Sie wurden mit großem Luxus erbaut und ausgestattet.
Einige derselben enthielten die seltensten Gewächse, besonders Palmen, die auf
eigens dazu ausgerüsteten Schiffen aus ihrem Vaterlands geholt wurden; serner
ausländische Vögel, Felsen, Wasserkünste n. s. w. Andere bestanden aus großen
prachtvollen Orangerien, worin die Bäume mehr mit Rücksicht auf Schönheit, als
auf Zweckmäßigkeit aufgestellt waren.

Der erste eigentliche Wintergarten, welcher diesen Namen führte, wurde vou dem
Fürsten Potemkin am Taurischen Palast in Se. Petersburg ungefähr um das Jahr.1770
angelegt, als der berühmte Günstling der Kaiserin Catharina II. einen Glanz
entfaltete, der selbst den Hof seiner hohen Gebieterin verdunkelte. Der dazu
dienende Saal war so.groß, daß später, nachdem der Wintergarten eingegangen
war, ein Bataillon Soldaten darin zu exerciren Pflegte. Die ganze Länge betrug
600 Fuß. Ungeheure Fenster erleuchteten das mit einer Kuppel gekrönte und
mit eiuer Säulenrotunde versehene Prachtgebäude. Den ringsum laufenden Säulen
hatte man das Ansehen von Palmeustämmen gegeben, die in künstlich gebildete
und an die Decke gemalre Blätter und Wedel verliefen. Die Kieswege wanden
sich zwischen ausländischen Blnmengebüschen und Alleen von blühenden und mit
Früchten versehenen Obstbäumen und Orangen, über kleine Hügel, und führten
zu Felsen, Grotten mit Spiegelglas und Muscheln verziert, Bassins mit Gold¬
fischen, zu versteckten Lauben u. s. w. Ueberall waren Werke des Meisels, als
Statuen, Vasen ze. angebracht, und die Mitte des Gartens zierte die Statue
der Kaiserin von carrarischem Marmor. Potemkin gab darin glänzende Feste, wo
bei glänzender Beleuchtung Alles aufgeboten wurde, den Sinnengenuß zu erhöhen,


Luxus und Schönheit im modernen Leben.
Wintergarten in geschlossenen Räumen.

Die erste Spur von Wintergarten finden wir schon bei den Römern, denn
ihre Adonisgärten scheinen nichts Anderes gewesen zu sein, als eine Art Garten
im Zimmer. Näher liegt uns der Wintergarten Albert des Großen (Albertus
Magnus), welchen derselbe im 13. Jahrhundert in Köln besaß. Der berühmte
Philosoph gab darin am 6. Januar 1249 dem römischen König Wilhelm ein
glänzendes Fest zwischen fremden Gewächsen und blühenden Bäumen.

Doch erst seit der Einführung der Orangerien in die nördlichen Länder
Europa's, zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts, noch mehr
aber, seitdem die Gewächshäuser sich mit Pflauzen aus allen Theilen der Welt
anfüllten, sind Gewächshäuser ein Gegenstand des Luxus geworden, und es ent¬
standen Gebäude, welche uicht sowol den Zweck hatten, die Gewächse gegen
die Härte des nordischen Winters zu schützen, sondern in welchen man auch mitten
im Winter sich den Genuß der grünenden, blühenden Natur zu verschaffen suchte:
sogenannte Wintergarten. Sie wurden mit großem Luxus erbaut und ausgestattet.
Einige derselben enthielten die seltensten Gewächse, besonders Palmen, die auf
eigens dazu ausgerüsteten Schiffen aus ihrem Vaterlands geholt wurden; serner
ausländische Vögel, Felsen, Wasserkünste n. s. w. Andere bestanden aus großen
prachtvollen Orangerien, worin die Bäume mehr mit Rücksicht auf Schönheit, als
auf Zweckmäßigkeit aufgestellt waren.

Der erste eigentliche Wintergarten, welcher diesen Namen führte, wurde vou dem
Fürsten Potemkin am Taurischen Palast in Se. Petersburg ungefähr um das Jahr.1770
angelegt, als der berühmte Günstling der Kaiserin Catharina II. einen Glanz
entfaltete, der selbst den Hof seiner hohen Gebieterin verdunkelte. Der dazu
dienende Saal war so.groß, daß später, nachdem der Wintergarten eingegangen
war, ein Bataillon Soldaten darin zu exerciren Pflegte. Die ganze Länge betrug
600 Fuß. Ungeheure Fenster erleuchteten das mit einer Kuppel gekrönte und
mit eiuer Säulenrotunde versehene Prachtgebäude. Den ringsum laufenden Säulen
hatte man das Ansehen von Palmeustämmen gegeben, die in künstlich gebildete
und an die Decke gemalre Blätter und Wedel verliefen. Die Kieswege wanden
sich zwischen ausländischen Blnmengebüschen und Alleen von blühenden und mit
Früchten versehenen Obstbäumen und Orangen, über kleine Hügel, und führten
zu Felsen, Grotten mit Spiegelglas und Muscheln verziert, Bassins mit Gold¬
fischen, zu versteckten Lauben u. s. w. Ueberall waren Werke des Meisels, als
Statuen, Vasen ze. angebracht, und die Mitte des Gartens zierte die Statue
der Kaiserin von carrarischem Marmor. Potemkin gab darin glänzende Feste, wo
bei glänzender Beleuchtung Alles aufgeboten wurde, den Sinnengenuß zu erhöhen,


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[0386] Luxus und Schönheit im modernen Leben. Wintergarten in geschlossenen Räumen. Die erste Spur von Wintergarten finden wir schon bei den Römern, denn ihre Adonisgärten scheinen nichts Anderes gewesen zu sein, als eine Art Garten im Zimmer. Näher liegt uns der Wintergarten Albert des Großen (Albertus Magnus), welchen derselbe im 13. Jahrhundert in Köln besaß. Der berühmte Philosoph gab darin am 6. Januar 1249 dem römischen König Wilhelm ein glänzendes Fest zwischen fremden Gewächsen und blühenden Bäumen. Doch erst seit der Einführung der Orangerien in die nördlichen Länder Europa's, zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts, noch mehr aber, seitdem die Gewächshäuser sich mit Pflauzen aus allen Theilen der Welt anfüllten, sind Gewächshäuser ein Gegenstand des Luxus geworden, und es ent¬ standen Gebäude, welche uicht sowol den Zweck hatten, die Gewächse gegen die Härte des nordischen Winters zu schützen, sondern in welchen man auch mitten im Winter sich den Genuß der grünenden, blühenden Natur zu verschaffen suchte: sogenannte Wintergarten. Sie wurden mit großem Luxus erbaut und ausgestattet. Einige derselben enthielten die seltensten Gewächse, besonders Palmen, die auf eigens dazu ausgerüsteten Schiffen aus ihrem Vaterlands geholt wurden; serner ausländische Vögel, Felsen, Wasserkünste n. s. w. Andere bestanden aus großen prachtvollen Orangerien, worin die Bäume mehr mit Rücksicht auf Schönheit, als auf Zweckmäßigkeit aufgestellt waren. Der erste eigentliche Wintergarten, welcher diesen Namen führte, wurde vou dem Fürsten Potemkin am Taurischen Palast in Se. Petersburg ungefähr um das Jahr.1770 angelegt, als der berühmte Günstling der Kaiserin Catharina II. einen Glanz entfaltete, der selbst den Hof seiner hohen Gebieterin verdunkelte. Der dazu dienende Saal war so.groß, daß später, nachdem der Wintergarten eingegangen war, ein Bataillon Soldaten darin zu exerciren Pflegte. Die ganze Länge betrug 600 Fuß. Ungeheure Fenster erleuchteten das mit einer Kuppel gekrönte und mit eiuer Säulenrotunde versehene Prachtgebäude. Den ringsum laufenden Säulen hatte man das Ansehen von Palmeustämmen gegeben, die in künstlich gebildete und an die Decke gemalre Blätter und Wedel verliefen. Die Kieswege wanden sich zwischen ausländischen Blnmengebüschen und Alleen von blühenden und mit Früchten versehenen Obstbäumen und Orangen, über kleine Hügel, und führten zu Felsen, Grotten mit Spiegelglas und Muscheln verziert, Bassins mit Gold¬ fischen, zu versteckten Lauben u. s. w. Ueberall waren Werke des Meisels, als Statuen, Vasen ze. angebracht, und die Mitte des Gartens zierte die Statue der Kaiserin von carrarischem Marmor. Potemkin gab darin glänzende Feste, wo bei glänzender Beleuchtung Alles aufgeboten wurde, den Sinnengenuß zu erhöhen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/386>, abgerufen am 27.04.2024.