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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band.

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Sein Bruder, Pero Petrowitsch Njegosch, Fürst und ehemaliger Officier
Rußlands, übernahm die Regentschaft für seinen dreizehnjährigen Neffen, Daniel
Petrowitsch Njegosch, den der verstorbene Vladyka zum Nachfolger erklärte, und
nach Rußland sandte, damit er dort, nach Vollendung seiner Studien, zum Vla¬
dyka geweiht werde. Da sich von dem Knaben jetzt noch wenig sagen läßt, so
ist auch jede Vermuthung über die nächste Zukunft der Zrnagora unnütz. Vor
der Hand hat man nur daran festzuhalten, daß die Zrnagora eine ganz unschätz¬
bare Position Rußlands im adriatischen Meere ist, und ich glaube nicht, daß diese
Stellung Nußland streitig gemacht werden könne. So wenigstens stellt sich die
Sache dar, wenn man die menschlichen Dinge so faßt, wie sie sind, und nicht,
wie wir sie zu sehen wünschen.




Cin deutscher Gelehrter als Farmer in Texas.
2.

So war ich Gehilfe eines Farmers geworden. Meine erste selbstffändige
Arbeit bestand im Aufbau einer-Feuce, welche eignenes Feld meines Schwagers
gegen Schweine, Kühe und Pferde schützen sollte. Da in Texas, wie in den meisten
Staaten Amerika's, der nicht angebaute Grund das angebaute Land sehr an
Flächeninhalt übertrifft, und Menschenwerk theuer, Holz aber wohlfeil ist, so giebt
mau deu Viehherden keine Hirten, souderu läßt sie frei umherschweifen und nach
eigenem Belieben ihre Weideplätze wählen, schützt aber die Felder durch Umzäu-
nungen vor ihnen. Die gewöhnlichste Art ist die Niegelumzäunnng trait fenee),
doch hat man auch angefangen, lebendige Zäune, namentlich von einer Art Acacie,
anzupflanzen; häusiger als diese letzteren sind die Picket Fernes; bisweilen findet
man auch rohes Gitterwerk.

Da der Fenceban meine erste Heldenthat war, möge mir der Leser gestatten,
mit einiger Ausführlichkeit die Arbeit zu beschreiben. -- Die Niegelfencen erfordern
viel Holz, aber wenig Arbeit. Da in der Gegend deö Mill Creek kein Mangel
an Holz, hingegen Mangel an Arbeitskräften ist, so wurde diese Art von Ferne
bei uns für die zweckmäßigste gehalten. Von einem benachbarten Farmer hatte
mein Schwager einen Negersclaven gemiethet, der uus der mühseligen Arbeit des
Baumfällens und Riegelspaltenö überhob, so daß für uns nur das Ansahren
und Legen der Riegel übrig blieb. Anfangs besorgte ich in Gemeinschaft mit
einem Gehilfen meines Schwagers die erste Arbeit dnrch ein Gespann Ochsen;
als aber uach einigen Tagen eine hinlängliche Airzahl von Riegeln angefahren
war, überließ ich das Ansahren dem Gehilfen, und begann die Feuce abzustecken,


Sein Bruder, Pero Petrowitsch Njegosch, Fürst und ehemaliger Officier
Rußlands, übernahm die Regentschaft für seinen dreizehnjährigen Neffen, Daniel
Petrowitsch Njegosch, den der verstorbene Vladyka zum Nachfolger erklärte, und
nach Rußland sandte, damit er dort, nach Vollendung seiner Studien, zum Vla¬
dyka geweiht werde. Da sich von dem Knaben jetzt noch wenig sagen läßt, so
ist auch jede Vermuthung über die nächste Zukunft der Zrnagora unnütz. Vor
der Hand hat man nur daran festzuhalten, daß die Zrnagora eine ganz unschätz¬
bare Position Rußlands im adriatischen Meere ist, und ich glaube nicht, daß diese
Stellung Nußland streitig gemacht werden könne. So wenigstens stellt sich die
Sache dar, wenn man die menschlichen Dinge so faßt, wie sie sind, und nicht,
wie wir sie zu sehen wünschen.




Cin deutscher Gelehrter als Farmer in Texas.
2.

So war ich Gehilfe eines Farmers geworden. Meine erste selbstffändige
Arbeit bestand im Aufbau einer-Feuce, welche eignenes Feld meines Schwagers
gegen Schweine, Kühe und Pferde schützen sollte. Da in Texas, wie in den meisten
Staaten Amerika's, der nicht angebaute Grund das angebaute Land sehr an
Flächeninhalt übertrifft, und Menschenwerk theuer, Holz aber wohlfeil ist, so giebt
mau deu Viehherden keine Hirten, souderu läßt sie frei umherschweifen und nach
eigenem Belieben ihre Weideplätze wählen, schützt aber die Felder durch Umzäu-
nungen vor ihnen. Die gewöhnlichste Art ist die Niegelumzäunnng trait fenee),
doch hat man auch angefangen, lebendige Zäune, namentlich von einer Art Acacie,
anzupflanzen; häusiger als diese letzteren sind die Picket Fernes; bisweilen findet
man auch rohes Gitterwerk.

Da der Fenceban meine erste Heldenthat war, möge mir der Leser gestatten,
mit einiger Ausführlichkeit die Arbeit zu beschreiben. — Die Niegelfencen erfordern
viel Holz, aber wenig Arbeit. Da in der Gegend deö Mill Creek kein Mangel
an Holz, hingegen Mangel an Arbeitskräften ist, so wurde diese Art von Ferne
bei uns für die zweckmäßigste gehalten. Von einem benachbarten Farmer hatte
mein Schwager einen Negersclaven gemiethet, der uus der mühseligen Arbeit des
Baumfällens und Riegelspaltenö überhob, so daß für uns nur das Ansahren
und Legen der Riegel übrig blieb. Anfangs besorgte ich in Gemeinschaft mit
einem Gehilfen meines Schwagers die erste Arbeit dnrch ein Gespann Ochsen;
als aber uach einigen Tagen eine hinlängliche Airzahl von Riegeln angefahren
war, überließ ich das Ansahren dem Gehilfen, und begann die Feuce abzustecken,


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[0063] Sein Bruder, Pero Petrowitsch Njegosch, Fürst und ehemaliger Officier Rußlands, übernahm die Regentschaft für seinen dreizehnjährigen Neffen, Daniel Petrowitsch Njegosch, den der verstorbene Vladyka zum Nachfolger erklärte, und nach Rußland sandte, damit er dort, nach Vollendung seiner Studien, zum Vla¬ dyka geweiht werde. Da sich von dem Knaben jetzt noch wenig sagen läßt, so ist auch jede Vermuthung über die nächste Zukunft der Zrnagora unnütz. Vor der Hand hat man nur daran festzuhalten, daß die Zrnagora eine ganz unschätz¬ bare Position Rußlands im adriatischen Meere ist, und ich glaube nicht, daß diese Stellung Nußland streitig gemacht werden könne. So wenigstens stellt sich die Sache dar, wenn man die menschlichen Dinge so faßt, wie sie sind, und nicht, wie wir sie zu sehen wünschen. Cin deutscher Gelehrter als Farmer in Texas. 2. So war ich Gehilfe eines Farmers geworden. Meine erste selbstffändige Arbeit bestand im Aufbau einer-Feuce, welche eignenes Feld meines Schwagers gegen Schweine, Kühe und Pferde schützen sollte. Da in Texas, wie in den meisten Staaten Amerika's, der nicht angebaute Grund das angebaute Land sehr an Flächeninhalt übertrifft, und Menschenwerk theuer, Holz aber wohlfeil ist, so giebt mau deu Viehherden keine Hirten, souderu läßt sie frei umherschweifen und nach eigenem Belieben ihre Weideplätze wählen, schützt aber die Felder durch Umzäu- nungen vor ihnen. Die gewöhnlichste Art ist die Niegelumzäunnng trait fenee), doch hat man auch angefangen, lebendige Zäune, namentlich von einer Art Acacie, anzupflanzen; häusiger als diese letzteren sind die Picket Fernes; bisweilen findet man auch rohes Gitterwerk. Da der Fenceban meine erste Heldenthat war, möge mir der Leser gestatten, mit einiger Ausführlichkeit die Arbeit zu beschreiben. — Die Niegelfencen erfordern viel Holz, aber wenig Arbeit. Da in der Gegend deö Mill Creek kein Mangel an Holz, hingegen Mangel an Arbeitskräften ist, so wurde diese Art von Ferne bei uns für die zweckmäßigste gehalten. Von einem benachbarten Farmer hatte mein Schwager einen Negersclaven gemiethet, der uus der mühseligen Arbeit des Baumfällens und Riegelspaltenö überhob, so daß für uns nur das Ansahren und Legen der Riegel übrig blieb. Anfangs besorgte ich in Gemeinschaft mit einem Gehilfen meines Schwagers die erste Arbeit dnrch ein Gespann Ochsen; als aber uach einigen Tagen eine hinlängliche Airzahl von Riegeln angefahren war, überließ ich das Ansahren dem Gehilfen, und begann die Feuce abzustecken,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93364/63>, abgerufen am 28.04.2024.