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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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der Krone Widerstand zu leisten, ihm jede unmittelbare Macht und jeder Einfluß aufs
Volk abgeht; daß die Erhebung von 1848 mehr gegen den Adel, als gegen die Krone
gerichtet war; daß die Reaction mehr für die Standcsintcrcsscn, als für die Krone
war; daß es also im Interesse des Adels liegt, sich in jeder Weise dem Königthum
unterzuordnen, und daß also eine preußische Pairie im Sinne der engli¬
schen ein Unding ist.'

Wir acceptiren diese Bekenntnisse, denn sie fallen vollständig mit unsrer Ansicht
zusammen. Eine preußische Pairie hat keine Lebensfähigkeit. Zwar existirt.bet uns
ein hoher Adel, aber dieser ist nichts weniger als preußisch- Er verwahrt sich
seine östreichischen Kammerherrnschlüssel sür eventuelle Fälle; er ist in keiner Weise
mit dem Staatsleben verwachse", er ist zum großen Theil katholisch, und er weiß sehr
wohl, daß das Centrum seiner Interessen nicht in Berlin, sondern in Wien zu suchen
ist. Er würde als politische Corporation betrachtet geradezu schädlich sein, wenn seine
geringe Zahl nicht seinen Einfluß paralysirte. Was aber den kleinen Adel betrifft,
so ist er theils ans den Dienst angewiesen, und also nicht zu einer politischen Selbst-
ständigkeit befähigt, theils gehört er mit den bürgerlichen Grundbesitzern, so wie mit
den eigentlichen Bürgern in die zweite Kammer. .

Wenn also Graf Arnim aus der Einsicht in die Unmöglichkeit einer preußischen
Pairie die Unmöglichkeit eines preußischen Constitutionalismus herleitet, so ist das von
seinem Standpunkt sehr wohl zu begreifen; wir aber können diesem Schluß nicht bei-
treten. Bei einiger Ueberlegung hätte ihn das, was er selber so schön über die ehe¬
malige Unabhängigkeit des preußischen Beamtcnstandes sagt, ans die Idee bringen
können, daß die conservative Kraft Preußens, die man als Basis der ersten Kammer
betrachten muß, nicht im Adel zu suchen sei, sondern in demjenigen Stande, welcher
die traditionelle Staatsweisheit Preußens repräsentirt. Daß eine legislative Körper¬
schaft nöthig ist, welche die ans politischen Cvuvenienzen hergeleiteten Beschlüsse sowol
der Kammern als der Regierung -- denn auch in den Vorlagen der letzter" ist von
der altpreußischen Correctheit wenig mehr zu finden -- in wahrhaft conservativen
Sinn verbessert, ist eben so klar, als daß der gegenwärtige Staatsrath, eben seiner
abhängigen Stellung wegen, diese Bedingungen nicht erfüllen kann. Daß die Bildung
eines solchen idealen Senats eben so schwierig sein dürste, wie die Bildung einer ratio¬
nellen Volkskammer, und daß man dieses Ideal immer nnr annähernd erreichen wird,
geben wir zu; damit ist aber noch Nichts bewiesen, denn in der Politik hat das Un¬
-j- bedingte überhaupt keinen Raum. Wir kommen noch weiter daraus zurück.


Als vorigen Sonnabend die neuen Sonntagsblättcr und die Titel ihrer vornehm¬
sten Leitartikel durch die Straßen gerufen wurden und an den Ecken in großen Buch¬
staben prangten, verbreitete sich mit ihnen Plötzlich durch die ganze Stadt das Gerücht,
Lord John Russell habe sich die Kehle, abgeschnitten. Wieder also haben die schwer-
drückenden Sorgen einer politischen Laufbahn die an Herz und Nerven nagenden Auf¬
regungen eines parlamentarischen Lebens die Kräfte eines bedeutenden Geistes aufgerieben,
bis er in frevelhaftem Wahnsinne Hand an sein Leben gelegt? fragte man sich we¬
niger verwundert als bedauernd, denn auch Castlereagh und D. sind von eigener
Hand gefalle". Der gute alte Herr, der fromme Herr, wie konnte er nur auf so
einen Gedanken kommen? flüsterte" sich klagend die Gruppen aus -dem Volke 'zu, bei
dem in London zumal Russell sich großer Popularität erfreut. Bestürzung und Theil¬
nahme waren glcichbereit in allen Klassen und bei allen Parteien, und gern zollte man
den Tribut einer Thräne dem Manne, der, wenn sei" Ruhm auch nicht mehr in so
Hellem Glänze strahlt, wie in den Tagen seiner schönsten Kraft, doch dnrch sein stets
edles Streben und das viele Vortreffliche, das er in feiner politischen Laufbahn gethan,
stets i" England in gutem Andenken bleiben wird. Zum Glück dauerten die Klagen


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der Krone Widerstand zu leisten, ihm jede unmittelbare Macht und jeder Einfluß aufs
Volk abgeht; daß die Erhebung von 1848 mehr gegen den Adel, als gegen die Krone
gerichtet war; daß die Reaction mehr für die Standcsintcrcsscn, als für die Krone
war; daß es also im Interesse des Adels liegt, sich in jeder Weise dem Königthum
unterzuordnen, und daß also eine preußische Pairie im Sinne der engli¬
schen ein Unding ist.'

Wir acceptiren diese Bekenntnisse, denn sie fallen vollständig mit unsrer Ansicht
zusammen. Eine preußische Pairie hat keine Lebensfähigkeit. Zwar existirt.bet uns
ein hoher Adel, aber dieser ist nichts weniger als preußisch- Er verwahrt sich
seine östreichischen Kammerherrnschlüssel sür eventuelle Fälle; er ist in keiner Weise
mit dem Staatsleben verwachse», er ist zum großen Theil katholisch, und er weiß sehr
wohl, daß das Centrum seiner Interessen nicht in Berlin, sondern in Wien zu suchen
ist. Er würde als politische Corporation betrachtet geradezu schädlich sein, wenn seine
geringe Zahl nicht seinen Einfluß paralysirte. Was aber den kleinen Adel betrifft,
so ist er theils ans den Dienst angewiesen, und also nicht zu einer politischen Selbst-
ständigkeit befähigt, theils gehört er mit den bürgerlichen Grundbesitzern, so wie mit
den eigentlichen Bürgern in die zweite Kammer. .

Wenn also Graf Arnim aus der Einsicht in die Unmöglichkeit einer preußischen
Pairie die Unmöglichkeit eines preußischen Constitutionalismus herleitet, so ist das von
seinem Standpunkt sehr wohl zu begreifen; wir aber können diesem Schluß nicht bei-
treten. Bei einiger Ueberlegung hätte ihn das, was er selber so schön über die ehe¬
malige Unabhängigkeit des preußischen Beamtcnstandes sagt, ans die Idee bringen
können, daß die conservative Kraft Preußens, die man als Basis der ersten Kammer
betrachten muß, nicht im Adel zu suchen sei, sondern in demjenigen Stande, welcher
die traditionelle Staatsweisheit Preußens repräsentirt. Daß eine legislative Körper¬
schaft nöthig ist, welche die ans politischen Cvuvenienzen hergeleiteten Beschlüsse sowol
der Kammern als der Regierung — denn auch in den Vorlagen der letzter» ist von
der altpreußischen Correctheit wenig mehr zu finden — in wahrhaft conservativen
Sinn verbessert, ist eben so klar, als daß der gegenwärtige Staatsrath, eben seiner
abhängigen Stellung wegen, diese Bedingungen nicht erfüllen kann. Daß die Bildung
eines solchen idealen Senats eben so schwierig sein dürste, wie die Bildung einer ratio¬
nellen Volkskammer, und daß man dieses Ideal immer nnr annähernd erreichen wird,
geben wir zu; damit ist aber noch Nichts bewiesen, denn in der Politik hat das Un¬
-j- bedingte überhaupt keinen Raum. Wir kommen noch weiter daraus zurück.


Als vorigen Sonnabend die neuen Sonntagsblättcr und die Titel ihrer vornehm¬
sten Leitartikel durch die Straßen gerufen wurden und an den Ecken in großen Buch¬
staben prangten, verbreitete sich mit ihnen Plötzlich durch die ganze Stadt das Gerücht,
Lord John Russell habe sich die Kehle, abgeschnitten. Wieder also haben die schwer-
drückenden Sorgen einer politischen Laufbahn die an Herz und Nerven nagenden Auf¬
regungen eines parlamentarischen Lebens die Kräfte eines bedeutenden Geistes aufgerieben,
bis er in frevelhaftem Wahnsinne Hand an sein Leben gelegt? fragte man sich we¬
niger verwundert als bedauernd, denn auch Castlereagh und D. sind von eigener
Hand gefalle». Der gute alte Herr, der fromme Herr, wie konnte er nur auf so
einen Gedanken kommen? flüsterte» sich klagend die Gruppen aus -dem Volke 'zu, bei
dem in London zumal Russell sich großer Popularität erfreut. Bestürzung und Theil¬
nahme waren glcichbereit in allen Klassen und bei allen Parteien, und gern zollte man
den Tribut einer Thräne dem Manne, der, wenn sei» Ruhm auch nicht mehr in so
Hellem Glänze strahlt, wie in den Tagen seiner schönsten Kraft, doch dnrch sein stets
edles Streben und das viele Vortreffliche, das er in feiner politischen Laufbahn gethan,
stets i» England in gutem Andenken bleiben wird. Zum Glück dauerten die Klagen


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[0325] der Krone Widerstand zu leisten, ihm jede unmittelbare Macht und jeder Einfluß aufs Volk abgeht; daß die Erhebung von 1848 mehr gegen den Adel, als gegen die Krone gerichtet war; daß die Reaction mehr für die Standcsintcrcsscn, als für die Krone war; daß es also im Interesse des Adels liegt, sich in jeder Weise dem Königthum unterzuordnen, und daß also eine preußische Pairie im Sinne der engli¬ schen ein Unding ist.' Wir acceptiren diese Bekenntnisse, denn sie fallen vollständig mit unsrer Ansicht zusammen. Eine preußische Pairie hat keine Lebensfähigkeit. Zwar existirt.bet uns ein hoher Adel, aber dieser ist nichts weniger als preußisch- Er verwahrt sich seine östreichischen Kammerherrnschlüssel sür eventuelle Fälle; er ist in keiner Weise mit dem Staatsleben verwachse», er ist zum großen Theil katholisch, und er weiß sehr wohl, daß das Centrum seiner Interessen nicht in Berlin, sondern in Wien zu suchen ist. Er würde als politische Corporation betrachtet geradezu schädlich sein, wenn seine geringe Zahl nicht seinen Einfluß paralysirte. Was aber den kleinen Adel betrifft, so ist er theils ans den Dienst angewiesen, und also nicht zu einer politischen Selbst- ständigkeit befähigt, theils gehört er mit den bürgerlichen Grundbesitzern, so wie mit den eigentlichen Bürgern in die zweite Kammer. . Wenn also Graf Arnim aus der Einsicht in die Unmöglichkeit einer preußischen Pairie die Unmöglichkeit eines preußischen Constitutionalismus herleitet, so ist das von seinem Standpunkt sehr wohl zu begreifen; wir aber können diesem Schluß nicht bei- treten. Bei einiger Ueberlegung hätte ihn das, was er selber so schön über die ehe¬ malige Unabhängigkeit des preußischen Beamtcnstandes sagt, ans die Idee bringen können, daß die conservative Kraft Preußens, die man als Basis der ersten Kammer betrachten muß, nicht im Adel zu suchen sei, sondern in demjenigen Stande, welcher die traditionelle Staatsweisheit Preußens repräsentirt. Daß eine legislative Körper¬ schaft nöthig ist, welche die ans politischen Cvuvenienzen hergeleiteten Beschlüsse sowol der Kammern als der Regierung — denn auch in den Vorlagen der letzter» ist von der altpreußischen Correctheit wenig mehr zu finden — in wahrhaft conservativen Sinn verbessert, ist eben so klar, als daß der gegenwärtige Staatsrath, eben seiner abhängigen Stellung wegen, diese Bedingungen nicht erfüllen kann. Daß die Bildung eines solchen idealen Senats eben so schwierig sein dürste, wie die Bildung einer ratio¬ nellen Volkskammer, und daß man dieses Ideal immer nnr annähernd erreichen wird, geben wir zu; damit ist aber noch Nichts bewiesen, denn in der Politik hat das Un¬ -j- bedingte überhaupt keinen Raum. Wir kommen noch weiter daraus zurück. Als vorigen Sonnabend die neuen Sonntagsblättcr und die Titel ihrer vornehm¬ sten Leitartikel durch die Straßen gerufen wurden und an den Ecken in großen Buch¬ staben prangten, verbreitete sich mit ihnen Plötzlich durch die ganze Stadt das Gerücht, Lord John Russell habe sich die Kehle, abgeschnitten. Wieder also haben die schwer- drückenden Sorgen einer politischen Laufbahn die an Herz und Nerven nagenden Auf¬ regungen eines parlamentarischen Lebens die Kräfte eines bedeutenden Geistes aufgerieben, bis er in frevelhaftem Wahnsinne Hand an sein Leben gelegt? fragte man sich we¬ niger verwundert als bedauernd, denn auch Castlereagh und D. sind von eigener Hand gefalle». Der gute alte Herr, der fromme Herr, wie konnte er nur auf so einen Gedanken kommen? flüsterte» sich klagend die Gruppen aus -dem Volke 'zu, bei dem in London zumal Russell sich großer Popularität erfreut. Bestürzung und Theil¬ nahme waren glcichbereit in allen Klassen und bei allen Parteien, und gern zollte man den Tribut einer Thräne dem Manne, der, wenn sei» Ruhm auch nicht mehr in so Hellem Glänze strahlt, wie in den Tagen seiner schönsten Kraft, doch dnrch sein stets edles Streben und das viele Vortreffliche, das er in feiner politischen Laufbahn gethan, stets i» England in gutem Andenken bleiben wird. Zum Glück dauerten die Klagen Grenzboten.it. -I8ö2. 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/325>, abgerufen am 02.05.2024.