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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Ein Prachtwerk, bei welchem die Leistungen des Buchbinders, Papierfabrikanten und
Druckers die des Künstlers bei weitem übertreffen. -- Die vorgestellten Gleichnisse find:
1. der Schalksknccht (Matth. 18, 23.), 2. die Arbeiter im Weinberge (Matth. 20, 1.),
3. die bösen Weingärtner (Matth. 21, 33.), L. der getreue Diener (Matth. 2i, i!i.),
3. die klugen und thörichten Jungfrauen (Matth. 23, 1.), 6. von den Schafen und Böcken
(Matth. 2o, 31.), 7. der barmherzige Samariter (Luc. 10, 30.), 8. der Verlorne
Sohn lLuc, 13, 11.), 9. Lazarus und der reiche Maun (Joh. 11, 1.), 10. der gute
Hirt (Joh. 10, 1. und 12.). -- Vor Allem hat der Zeichner seinen Darstellungen die
Spitze abgebrochen dadurch, daß er Christus überall als mithandelnd ' auftreten läßt,
und jede darzustellende Scene, von einem ideal sein sollenden Standpunkte aus aufgefaßt,
symbolisirend und allegorisircnd darstellt. So läßt er z. B. in .dem Gleichnisse vom
Schalksknccht Christus in Purpur mit Dornenkrone und Rohrsccpter als König erscheinen,
der dem Knechte verzeiht; im barmherzigen Samariter die Rolle des Samariters selbst
übernehmen, im Gleichnisse von dem getreuen Diener, was er durch eine Communion
ausdrückt, segnend hinter dem Priester erscheinen. Wenn irgendwo bei biblischen Vor¬
würfen, so ist bei der Darstellung der 'Gleichnisse eine rein realistische Auffassung, Jn-
dividncilifirung und richtiger, naturgetreuer Ausdruck der augenblicklichen Affecte gefor¬
dert und unerläßlich. Von allen dem ist keine Spur in den vorliegenden Zeichnungen
zu finden, wol aber ^ eine Menge von Naturwidrigkeiten in Zeichnung der Glieder und
Stellungen, die auch durch einen gerechtfertigten "idealen Standpunkt" der Auffassung
nicht entschuldigt werden könnten, so daß man schließlich nur bedauert, so solide und
prächtige Ausstattung so wirkungslos verschwendet zu sehen. --'

Julius Schrader hat ein großes historisches Gemälde, den Tod Leonardos da
Vinci vollendet.

Prof. Steinla ist aus Madrid, wo er die Zeichnung nach der Raphael'schen Ma¬
donna del pesce vollendet hat, nach Dresden zurückgekehrt, um dieselbe im Kupferstich
auszuführen.'

Die 3. Abtheilung der Ottosehen Kupferstichsammlung, welche die Niederländische
Schule umfaßte, ist in der 2. Hälfte des vorigen Monats in Leipzig unter Erzielung
hoher Preise versteigert worden, leider aber ist das Vorzüglichste und Seltenste aus derselben
ins Ausland übergegangen. Am reichsten war in der Sammlung Rubens (in 327
Nummern), van Dyck (in 139 Nummern) und Rembrandt (in 320 Nummern, für die
2608 Rthlr. 29 Ngr. gezahlt wurden) vertreten. --


Theater.

^ Unter den verschiedenen dramatischen Versuchen, die uns vorliegen,
bat ein dramatisches Gedicht von Julius Baume: Charlotte Corday (Magdeburg,
Delbrück) am meisten unsre Aufmerksamkeit erregt. Nicht als ob wir es unbedingt
loben könnten, wir finden es im Gegentheil principiell nach allen Seiten hin zu tadeln,
wir müssen die flüchtige, skizzenhafte Form der Handlung und des Dialogs tadeln,
die, das Gedicht wieder in das Reich des unsichtbaren Theaters zurückdrängt, von dem
wir uns mit so großer Anstrengung loszumachen suchen; wir müssen die Neigung tadeln,
statt der'äußerlichen Entfaltung einer" Handlung alles Interesse in die innere Scclen-
bewcgung zu legen, eine Neigung, die zur Uebertreibung, zum Raffinement, zur Un¬
wahrheit und nicht selten zur Absurdität führt. Wir müssen uns endlich auf das,
Entschiedenste gegen diese Sophistik des Herzens erklären, die so fein snbtilisirt, daß
endlich von realem Denken und Empfinden nicht mehr die Rede ist. Aber wir müssen
auf der andern Seite anerkennen, daß wir es mit einem nicht gemeinen Talent zu thun
haben, mit einem Talent, das, wenn es noch einem jugendlichen Dichter angehört, und
wenn man daher seine Verirrungen als ein Uebcrgangsmöment seiner Entwickelung
begreifen kann, zu den besten Hoffnungen berechtigt. Dieses Talent zeigt sich zunächst
freilich nur in zweierlei: einmal in der Fähigkeit, seine, starke und ungewöhnliche
Empfindungen trotz ihres Ungestüms mit einer gewissen Anschaulichkeit darzustellen, so-


Ein Prachtwerk, bei welchem die Leistungen des Buchbinders, Papierfabrikanten und
Druckers die des Künstlers bei weitem übertreffen. — Die vorgestellten Gleichnisse find:
1. der Schalksknccht (Matth. 18, 23.), 2. die Arbeiter im Weinberge (Matth. 20, 1.),
3. die bösen Weingärtner (Matth. 21, 33.), L. der getreue Diener (Matth. 2i, i!i.),
3. die klugen und thörichten Jungfrauen (Matth. 23, 1.), 6. von den Schafen und Böcken
(Matth. 2o, 31.), 7. der barmherzige Samariter (Luc. 10, 30.), 8. der Verlorne
Sohn lLuc, 13, 11.), 9. Lazarus und der reiche Maun (Joh. 11, 1.), 10. der gute
Hirt (Joh. 10, 1. und 12.). — Vor Allem hat der Zeichner seinen Darstellungen die
Spitze abgebrochen dadurch, daß er Christus überall als mithandelnd ' auftreten läßt,
und jede darzustellende Scene, von einem ideal sein sollenden Standpunkte aus aufgefaßt,
symbolisirend und allegorisircnd darstellt. So läßt er z. B. in .dem Gleichnisse vom
Schalksknccht Christus in Purpur mit Dornenkrone und Rohrsccpter als König erscheinen,
der dem Knechte verzeiht; im barmherzigen Samariter die Rolle des Samariters selbst
übernehmen, im Gleichnisse von dem getreuen Diener, was er durch eine Communion
ausdrückt, segnend hinter dem Priester erscheinen. Wenn irgendwo bei biblischen Vor¬
würfen, so ist bei der Darstellung der 'Gleichnisse eine rein realistische Auffassung, Jn-
dividncilifirung und richtiger, naturgetreuer Ausdruck der augenblicklichen Affecte gefor¬
dert und unerläßlich. Von allen dem ist keine Spur in den vorliegenden Zeichnungen
zu finden, wol aber ^ eine Menge von Naturwidrigkeiten in Zeichnung der Glieder und
Stellungen, die auch durch einen gerechtfertigten „idealen Standpunkt" der Auffassung
nicht entschuldigt werden könnten, so daß man schließlich nur bedauert, so solide und
prächtige Ausstattung so wirkungslos verschwendet zu sehen. —'

Julius Schrader hat ein großes historisches Gemälde, den Tod Leonardos da
Vinci vollendet.

Prof. Steinla ist aus Madrid, wo er die Zeichnung nach der Raphael'schen Ma¬
donna del pesce vollendet hat, nach Dresden zurückgekehrt, um dieselbe im Kupferstich
auszuführen.'

Die 3. Abtheilung der Ottosehen Kupferstichsammlung, welche die Niederländische
Schule umfaßte, ist in der 2. Hälfte des vorigen Monats in Leipzig unter Erzielung
hoher Preise versteigert worden, leider aber ist das Vorzüglichste und Seltenste aus derselben
ins Ausland übergegangen. Am reichsten war in der Sammlung Rubens (in 327
Nummern), van Dyck (in 139 Nummern) und Rembrandt (in 320 Nummern, für die
2608 Rthlr. 29 Ngr. gezahlt wurden) vertreten. —


Theater.

^ Unter den verschiedenen dramatischen Versuchen, die uns vorliegen,
bat ein dramatisches Gedicht von Julius Baume: Charlotte Corday (Magdeburg,
Delbrück) am meisten unsre Aufmerksamkeit erregt. Nicht als ob wir es unbedingt
loben könnten, wir finden es im Gegentheil principiell nach allen Seiten hin zu tadeln,
wir müssen die flüchtige, skizzenhafte Form der Handlung und des Dialogs tadeln,
die, das Gedicht wieder in das Reich des unsichtbaren Theaters zurückdrängt, von dem
wir uns mit so großer Anstrengung loszumachen suchen; wir müssen die Neigung tadeln,
statt der'äußerlichen Entfaltung einer« Handlung alles Interesse in die innere Scclen-
bewcgung zu legen, eine Neigung, die zur Uebertreibung, zum Raffinement, zur Un¬
wahrheit und nicht selten zur Absurdität führt. Wir müssen uns endlich auf das,
Entschiedenste gegen diese Sophistik des Herzens erklären, die so fein snbtilisirt, daß
endlich von realem Denken und Empfinden nicht mehr die Rede ist. Aber wir müssen
auf der andern Seite anerkennen, daß wir es mit einem nicht gemeinen Talent zu thun
haben, mit einem Talent, das, wenn es noch einem jugendlichen Dichter angehört, und
wenn man daher seine Verirrungen als ein Uebcrgangsmöment seiner Entwickelung
begreifen kann, zu den besten Hoffnungen berechtigt. Dieses Talent zeigt sich zunächst
freilich nur in zweierlei: einmal in der Fähigkeit, seine, starke und ungewöhnliche
Empfindungen trotz ihres Ungestüms mit einer gewissen Anschaulichkeit darzustellen, so-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/90>, abgerufen am 07.05.2024.