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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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gänzlich parlamentarische Neulinge oder doch wenigstens mit der Praxis der zweiten
Kammer ganz unbekannt sind, so wird es an unerquicklicher Confusion nicht fehlen.

In der katholischen Fraction herrscht übrigens große Zerrüttung; das Wahr¬
scheinlichste ist, daß sie sich in den nächsten Tagen spalten wird. Die kirchliche Frage
ist das einzige Band, welches diese heterogenen Elemente Zusammenhalt.


Die Anstünde in Spanien.

-- Die in unsrem vorletzten Hefte besprochene
Eventualität einer bevorstehenden Krisis in Spanien, hat sich zum Theil bereits erfüllt;
die Negierung hat die Cortes unmittelbar nach ihrem Zusammentritt ausgelöst und ihr Ver-
sassungsproject, das an die Stelle der jetzt bestehenden Constitution treten soll, veröffentlicht.

Je näher der Tag der Cvrtcscröffnung kam, je drohender gestalteten sich die An¬
zeichen einer durch ihre Zahl und noch mehr durch ihre Zusammensetzung mächtigen
Opposition gegen die absolutistischen Pläne des Hofes und Ministeriums. Die oppo¬
sitionellen Elemente der Modcrado's im Senat versammelten sich bei dem Marschall
Concha. Hier erschienen die Elite der GranocM und des hohen Adels, eine große
Anzahl der angesehensten Generale, welche Mitglieder des Senats sind, die Notabilitäten
der hohen Finanz, die darin sitzen, und eine Reihe der hervorragendsten Staatsmänner
verschiedener politischer Nuancen. Diese glänzende Parteivcreinigung handelte im innig¬
sten Einverständnis; mit den progrcssistischen Senatoren. Entschlossen, um jeden Preis
seine Politik durchzusetzen, richtete Bravo Murillo einen Gewaltstreich gegen die Presse.
Wegen eines Berichtes über die Vorgänge in jener Versammlung, der einige unwesent¬
liche Ungenauigkeiten enthielt, ließ das Ministerium die Geranten von sechs Oppositivns-
zeitnngen verhaften und nöthigte die Zeitungen, damit vorläufig ihr Erscheinen zu sistiren.
In dem deshalb ni die Gouverneure der Provinzen erlassenen Cirenlar des Ministers
heißt es: "Ein Bericht über das, was Mitglieder der Cortes in denselben zu thun
gedächten, von anderen, als den betreffenden Personen selbst ausgegangen, sei ein Eingriff
in die individuelle Freiheit, und dürfe nicht geduldet werden!!" Schon vor
einigen Wochen hatte sich Ordoncz, der Minister des Innern, zurückgezogen, und war
durch Herrn Bordin, eine politische Null und Creatur des Ministerpräsidenten, ersetzt
worden; ihm folgte jetzt, ungeachtet der dringendsten Vorstellungen, der Kriegsminister
Lara, an dessen Stelle ein völlig obscurer General, Namens Tibina, trat. Unter den
bisher ministeriellen Mitgliedern der Cortes griff aber nun anch der Abfall um sich.
Mayan's, seit mehreren Jahren Präsident des Kongresses, und sowohl unter Narvaez,
als Bravo Murillo, Kandidat der Regierung zu diesem Posten, lehnte es uuter den gegen¬
wärtigen Verhältnissen ab, die Candidatur von Seiten des Ministeriums anzunehmen,
und Martinez de la Rosa, der unter den modcrirten Staatsmännern die mildeste Fär¬
bung repräsentirt, sagte sich gleichfalls von der Politik des Kabinets los und wurden
von den vereinigten Oppositionen zur Präsidentschaft des Congresses designirt. Die Ent¬
scheidung dieser beiden Männer riß eine bedeutende Zahl von Abgeordneten mit sich
fort. Alle Fractionen der Opposition, von den entschiedensten Progresflsten bis zu den
eben vom Ministerium abgesüllenen Modcrado's, handelten mit einer Einigkeit, die alle
Parteiuntcrschicde beseitigte, und die schärferen Richtungen traten mit eben so viel Umsicht
als Mäßigung in den Hintergrund, um die weniger Entschiedener nicht zurückzuschrecken.
Die Regierung stellte nun ihrerseits Herrn Tejada als Präsidenten auf, einen von jeher
erklärten Anhänger des Absolutismus.

Die Cortes wurden am 1. Decemb. eröffnet. Der Congreßpälast war von zwei
Bataillonen Infanterie umringt. Noch während des Scrutinium's' zur Präsidenten¬
wahl glaubte das Ministerium an seinen Sieg. Die Sensation war daher außer¬
ordentlich, als Martinez de la Rosa mit 121 Stimmen gegen 107, die aus Tejada
sielen, die' Mehrheit gewann. So allgemein war jetzt die Ueberzeugung von der so¬
fortigen Auflösung der Cortes, daß die Opposition es nicht einmal mehr der Mühe
werth achtete, die übrigen Wahlen für sich durchzusetzen. Und kaum hatte Martinez de


gänzlich parlamentarische Neulinge oder doch wenigstens mit der Praxis der zweiten
Kammer ganz unbekannt sind, so wird es an unerquicklicher Confusion nicht fehlen.

In der katholischen Fraction herrscht übrigens große Zerrüttung; das Wahr¬
scheinlichste ist, daß sie sich in den nächsten Tagen spalten wird. Die kirchliche Frage
ist das einzige Band, welches diese heterogenen Elemente Zusammenhalt.


Die Anstünde in Spanien.

— Die in unsrem vorletzten Hefte besprochene
Eventualität einer bevorstehenden Krisis in Spanien, hat sich zum Theil bereits erfüllt;
die Negierung hat die Cortes unmittelbar nach ihrem Zusammentritt ausgelöst und ihr Ver-
sassungsproject, das an die Stelle der jetzt bestehenden Constitution treten soll, veröffentlicht.

Je näher der Tag der Cvrtcscröffnung kam, je drohender gestalteten sich die An¬
zeichen einer durch ihre Zahl und noch mehr durch ihre Zusammensetzung mächtigen
Opposition gegen die absolutistischen Pläne des Hofes und Ministeriums. Die oppo¬
sitionellen Elemente der Modcrado's im Senat versammelten sich bei dem Marschall
Concha. Hier erschienen die Elite der GranocM und des hohen Adels, eine große
Anzahl der angesehensten Generale, welche Mitglieder des Senats sind, die Notabilitäten
der hohen Finanz, die darin sitzen, und eine Reihe der hervorragendsten Staatsmänner
verschiedener politischer Nuancen. Diese glänzende Parteivcreinigung handelte im innig¬
sten Einverständnis; mit den progrcssistischen Senatoren. Entschlossen, um jeden Preis
seine Politik durchzusetzen, richtete Bravo Murillo einen Gewaltstreich gegen die Presse.
Wegen eines Berichtes über die Vorgänge in jener Versammlung, der einige unwesent¬
liche Ungenauigkeiten enthielt, ließ das Ministerium die Geranten von sechs Oppositivns-
zeitnngen verhaften und nöthigte die Zeitungen, damit vorläufig ihr Erscheinen zu sistiren.
In dem deshalb ni die Gouverneure der Provinzen erlassenen Cirenlar des Ministers
heißt es: „Ein Bericht über das, was Mitglieder der Cortes in denselben zu thun
gedächten, von anderen, als den betreffenden Personen selbst ausgegangen, sei ein Eingriff
in die individuelle Freiheit, und dürfe nicht geduldet werden!!" Schon vor
einigen Wochen hatte sich Ordoncz, der Minister des Innern, zurückgezogen, und war
durch Herrn Bordin, eine politische Null und Creatur des Ministerpräsidenten, ersetzt
worden; ihm folgte jetzt, ungeachtet der dringendsten Vorstellungen, der Kriegsminister
Lara, an dessen Stelle ein völlig obscurer General, Namens Tibina, trat. Unter den
bisher ministeriellen Mitgliedern der Cortes griff aber nun anch der Abfall um sich.
Mayan's, seit mehreren Jahren Präsident des Kongresses, und sowohl unter Narvaez,
als Bravo Murillo, Kandidat der Regierung zu diesem Posten, lehnte es uuter den gegen¬
wärtigen Verhältnissen ab, die Candidatur von Seiten des Ministeriums anzunehmen,
und Martinez de la Rosa, der unter den modcrirten Staatsmännern die mildeste Fär¬
bung repräsentirt, sagte sich gleichfalls von der Politik des Kabinets los und wurden
von den vereinigten Oppositionen zur Präsidentschaft des Congresses designirt. Die Ent¬
scheidung dieser beiden Männer riß eine bedeutende Zahl von Abgeordneten mit sich
fort. Alle Fractionen der Opposition, von den entschiedensten Progresflsten bis zu den
eben vom Ministerium abgesüllenen Modcrado's, handelten mit einer Einigkeit, die alle
Parteiuntcrschicde beseitigte, und die schärferen Richtungen traten mit eben so viel Umsicht
als Mäßigung in den Hintergrund, um die weniger Entschiedener nicht zurückzuschrecken.
Die Regierung stellte nun ihrerseits Herrn Tejada als Präsidenten auf, einen von jeher
erklärten Anhänger des Absolutismus.

Die Cortes wurden am 1. Decemb. eröffnet. Der Congreßpälast war von zwei
Bataillonen Infanterie umringt. Noch während des Scrutinium's' zur Präsidenten¬
wahl glaubte das Ministerium an seinen Sieg. Die Sensation war daher außer¬
ordentlich, als Martinez de la Rosa mit 121 Stimmen gegen 107, die aus Tejada
sielen, die' Mehrheit gewann. So allgemein war jetzt die Ueberzeugung von der so¬
fortigen Auflösung der Cortes, daß die Opposition es nicht einmal mehr der Mühe
werth achtete, die übrigen Wahlen für sich durchzusetzen. Und kaum hatte Martinez de


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[0519] gänzlich parlamentarische Neulinge oder doch wenigstens mit der Praxis der zweiten Kammer ganz unbekannt sind, so wird es an unerquicklicher Confusion nicht fehlen. In der katholischen Fraction herrscht übrigens große Zerrüttung; das Wahr¬ scheinlichste ist, daß sie sich in den nächsten Tagen spalten wird. Die kirchliche Frage ist das einzige Band, welches diese heterogenen Elemente Zusammenhalt. Die Anstünde in Spanien. — Die in unsrem vorletzten Hefte besprochene Eventualität einer bevorstehenden Krisis in Spanien, hat sich zum Theil bereits erfüllt; die Negierung hat die Cortes unmittelbar nach ihrem Zusammentritt ausgelöst und ihr Ver- sassungsproject, das an die Stelle der jetzt bestehenden Constitution treten soll, veröffentlicht. Je näher der Tag der Cvrtcscröffnung kam, je drohender gestalteten sich die An¬ zeichen einer durch ihre Zahl und noch mehr durch ihre Zusammensetzung mächtigen Opposition gegen die absolutistischen Pläne des Hofes und Ministeriums. Die oppo¬ sitionellen Elemente der Modcrado's im Senat versammelten sich bei dem Marschall Concha. Hier erschienen die Elite der GranocM und des hohen Adels, eine große Anzahl der angesehensten Generale, welche Mitglieder des Senats sind, die Notabilitäten der hohen Finanz, die darin sitzen, und eine Reihe der hervorragendsten Staatsmänner verschiedener politischer Nuancen. Diese glänzende Parteivcreinigung handelte im innig¬ sten Einverständnis; mit den progrcssistischen Senatoren. Entschlossen, um jeden Preis seine Politik durchzusetzen, richtete Bravo Murillo einen Gewaltstreich gegen die Presse. Wegen eines Berichtes über die Vorgänge in jener Versammlung, der einige unwesent¬ liche Ungenauigkeiten enthielt, ließ das Ministerium die Geranten von sechs Oppositivns- zeitnngen verhaften und nöthigte die Zeitungen, damit vorläufig ihr Erscheinen zu sistiren. In dem deshalb ni die Gouverneure der Provinzen erlassenen Cirenlar des Ministers heißt es: „Ein Bericht über das, was Mitglieder der Cortes in denselben zu thun gedächten, von anderen, als den betreffenden Personen selbst ausgegangen, sei ein Eingriff in die individuelle Freiheit, und dürfe nicht geduldet werden!!" Schon vor einigen Wochen hatte sich Ordoncz, der Minister des Innern, zurückgezogen, und war durch Herrn Bordin, eine politische Null und Creatur des Ministerpräsidenten, ersetzt worden; ihm folgte jetzt, ungeachtet der dringendsten Vorstellungen, der Kriegsminister Lara, an dessen Stelle ein völlig obscurer General, Namens Tibina, trat. Unter den bisher ministeriellen Mitgliedern der Cortes griff aber nun anch der Abfall um sich. Mayan's, seit mehreren Jahren Präsident des Kongresses, und sowohl unter Narvaez, als Bravo Murillo, Kandidat der Regierung zu diesem Posten, lehnte es uuter den gegen¬ wärtigen Verhältnissen ab, die Candidatur von Seiten des Ministeriums anzunehmen, und Martinez de la Rosa, der unter den modcrirten Staatsmännern die mildeste Fär¬ bung repräsentirt, sagte sich gleichfalls von der Politik des Kabinets los und wurden von den vereinigten Oppositionen zur Präsidentschaft des Congresses designirt. Die Ent¬ scheidung dieser beiden Männer riß eine bedeutende Zahl von Abgeordneten mit sich fort. Alle Fractionen der Opposition, von den entschiedensten Progresflsten bis zu den eben vom Ministerium abgesüllenen Modcrado's, handelten mit einer Einigkeit, die alle Parteiuntcrschicde beseitigte, und die schärferen Richtungen traten mit eben so viel Umsicht als Mäßigung in den Hintergrund, um die weniger Entschiedener nicht zurückzuschrecken. Die Regierung stellte nun ihrerseits Herrn Tejada als Präsidenten auf, einen von jeher erklärten Anhänger des Absolutismus. Die Cortes wurden am 1. Decemb. eröffnet. Der Congreßpälast war von zwei Bataillonen Infanterie umringt. Noch während des Scrutinium's' zur Präsidenten¬ wahl glaubte das Ministerium an seinen Sieg. Die Sensation war daher außer¬ ordentlich, als Martinez de la Rosa mit 121 Stimmen gegen 107, die aus Tejada sielen, die' Mehrheit gewann. So allgemein war jetzt die Ueberzeugung von der so¬ fortigen Auflösung der Cortes, daß die Opposition es nicht einmal mehr der Mühe werth achtete, die übrigen Wahlen für sich durchzusetzen. Und kaum hatte Martinez de

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/519>, abgerufen am 02.05.2024.