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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Pariser Briefschaften.
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Die Reise des Präsidenten.

Der Bräutigam auf Reisen ist eine Komödie, welche gegenwärtig in den
südlichen Provinzen Frankreichs mit viel Eclat aufgeführt wird. Die Braut ist
das Kaiserthum und sie verlohnt auch der Mühe, daß man um ihren Besitz durch
ein Dutzend Kathedralen auf den Knieen rutscht. Die Bigotterie und der Klerus
finden für den Augenblick ihre Rechnung bei diesem Spiele mit dem, was die
Gläubigen das Heiligste nennen, und der Moniteur darf täglich von dem Enthu¬
siasmus der Bevölkerung des Südens, von den Prachtaufzügen, von den tapferen,
rufgeübten Kehlen der postHumen Imperialisten berichten, um uns gehörig auf
das vorzubereiten, was uns der Prinzpräsident als Geschenk von seinem officiellen
Ausfluge mitbringen dürfte. Das Journal de l'empire ist bereits fertig, und
I)r. Veron, der sich trotz aller Zurücksetzungen des Elysve nicht von seiner ehr¬
erbietigen Freundschaft für den Prinzen abbringen läßt, wird schon nächste Woche
das Kaiserthum proclamiren. Louis Napoleon soll nicht einmal das Verdienst
haben, sich die Krone Frankreichs zu nehmen, los courlis-ruf us 1-r voille <Zs
l'vmpirö nu leliäem-un bringen sie ihm wedelnd entgegen. Aber zum Verständ¬
nisse dessen, was in Frankreich vorgeht, so wie zur Ehrenrettung dieses geschmähten
und tiefgekränkten Volkes ist es gut, den Empfangsfeierlichkeiten ein Wenig hinter
den bienengestickten Vorhang zu guten. Dies giebt zugleich einen Begriff von
der unbegrenzten Machtvollkommenheit, mit welcher die Angelegenheiten des Landes
jetzt geleitet werden. Die erste und Hauptaufgabe, welche die Potemkins des
französischen Czaren bei Gelegenheit des Triumphzuges unsres Retters zu lösen
hatten, war, einen möglichsten Zufluß von Leuten zu bewirken, und wir nuissen
zur Ehre der officiellen Festordner gestehen, daß dies mit eben so viel Geschick
als Erfolg geschehen. Die Präfecte erließen an alle Maires, an deren Adjuncte,


Grenzbole". IV. ^
Pariser Briefschaften.
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Die Reise des Präsidenten.

Der Bräutigam auf Reisen ist eine Komödie, welche gegenwärtig in den
südlichen Provinzen Frankreichs mit viel Eclat aufgeführt wird. Die Braut ist
das Kaiserthum und sie verlohnt auch der Mühe, daß man um ihren Besitz durch
ein Dutzend Kathedralen auf den Knieen rutscht. Die Bigotterie und der Klerus
finden für den Augenblick ihre Rechnung bei diesem Spiele mit dem, was die
Gläubigen das Heiligste nennen, und der Moniteur darf täglich von dem Enthu¬
siasmus der Bevölkerung des Südens, von den Prachtaufzügen, von den tapferen,
rufgeübten Kehlen der postHumen Imperialisten berichten, um uns gehörig auf
das vorzubereiten, was uns der Prinzpräsident als Geschenk von seinem officiellen
Ausfluge mitbringen dürfte. Das Journal de l'empire ist bereits fertig, und
I)r. Veron, der sich trotz aller Zurücksetzungen des Elysve nicht von seiner ehr¬
erbietigen Freundschaft für den Prinzen abbringen läßt, wird schon nächste Woche
das Kaiserthum proclamiren. Louis Napoleon soll nicht einmal das Verdienst
haben, sich die Krone Frankreichs zu nehmen, los courlis-ruf us 1-r voille <Zs
l'vmpirö nu leliäem-un bringen sie ihm wedelnd entgegen. Aber zum Verständ¬
nisse dessen, was in Frankreich vorgeht, so wie zur Ehrenrettung dieses geschmähten
und tiefgekränkten Volkes ist es gut, den Empfangsfeierlichkeiten ein Wenig hinter
den bienengestickten Vorhang zu guten. Dies giebt zugleich einen Begriff von
der unbegrenzten Machtvollkommenheit, mit welcher die Angelegenheiten des Landes
jetzt geleitet werden. Die erste und Hauptaufgabe, welche die Potemkins des
französischen Czaren bei Gelegenheit des Triumphzuges unsres Retters zu lösen
hatten, war, einen möglichsten Zufluß von Leuten zu bewirken, und wir nuissen
zur Ehre der officiellen Festordner gestehen, daß dies mit eben so viel Geschick
als Erfolg geschehen. Die Präfecte erließen an alle Maires, an deren Adjuncte,


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[0091] Pariser Briefschaften. ^ ^- - > Die Reise des Präsidenten. Der Bräutigam auf Reisen ist eine Komödie, welche gegenwärtig in den südlichen Provinzen Frankreichs mit viel Eclat aufgeführt wird. Die Braut ist das Kaiserthum und sie verlohnt auch der Mühe, daß man um ihren Besitz durch ein Dutzend Kathedralen auf den Knieen rutscht. Die Bigotterie und der Klerus finden für den Augenblick ihre Rechnung bei diesem Spiele mit dem, was die Gläubigen das Heiligste nennen, und der Moniteur darf täglich von dem Enthu¬ siasmus der Bevölkerung des Südens, von den Prachtaufzügen, von den tapferen, rufgeübten Kehlen der postHumen Imperialisten berichten, um uns gehörig auf das vorzubereiten, was uns der Prinzpräsident als Geschenk von seinem officiellen Ausfluge mitbringen dürfte. Das Journal de l'empire ist bereits fertig, und I)r. Veron, der sich trotz aller Zurücksetzungen des Elysve nicht von seiner ehr¬ erbietigen Freundschaft für den Prinzen abbringen läßt, wird schon nächste Woche das Kaiserthum proclamiren. Louis Napoleon soll nicht einmal das Verdienst haben, sich die Krone Frankreichs zu nehmen, los courlis-ruf us 1-r voille <Zs l'vmpirö nu leliäem-un bringen sie ihm wedelnd entgegen. Aber zum Verständ¬ nisse dessen, was in Frankreich vorgeht, so wie zur Ehrenrettung dieses geschmähten und tiefgekränkten Volkes ist es gut, den Empfangsfeierlichkeiten ein Wenig hinter den bienengestickten Vorhang zu guten. Dies giebt zugleich einen Begriff von der unbegrenzten Machtvollkommenheit, mit welcher die Angelegenheiten des Landes jetzt geleitet werden. Die erste und Hauptaufgabe, welche die Potemkins des französischen Czaren bei Gelegenheit des Triumphzuges unsres Retters zu lösen hatten, war, einen möglichsten Zufluß von Leuten zu bewirken, und wir nuissen zur Ehre der officiellen Festordner gestehen, daß dies mit eben so viel Geschick als Erfolg geschehen. Die Präfecte erließen an alle Maires, an deren Adjuncte, Grenzbole». IV. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/91>, abgerufen am 02.05.2024.