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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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Der Japanische "Toko" in Batavia.*)
Von Fr. Gerstäcker.

Die Holländer schicken bekanntlich alle Jahre, einem Handelsvertrag mit
dem Kaiser von Japan gemäß, ein Schiff nach Japan, in dem sie den Japanern
Colonialwaaren, besonders Zucker, europäische Stoffe ze. :c., bringen und da¬
für von Japan Kupfer, eine besondere Art Metall, der Bronze ähnlich, und noch
manche andere Gegenstände zurückbringen. Dieses Geschäft hat allein die Re¬
gierung, außerdem aber verpachtet sie noch den Detail-Handel für lackirte Waaren,
Seidenzeuge, Spielereien ze. ze. ze., für eine sehr beträchtliche Summe an
Privatleute. Diese gehen mit demselben Schiff nach Japan über, haben ihre
gewissen Waaren, die sie dort an die Japaner absetzen, und bringen dafür einen
bestimmten Antheil Fracht für sich selber -- der aber nicht solche von der Re¬
gierung selber ausgeführte Producte begreifen darf, nach Batavia herüber.

Alle drei Jahre geht dann eine Deputation von zwei von der holländischen
Regierung Abgesandten nach Jeddo, der Residenz des Kaisers, die dort üblichen,
und schon so viel besprochenen und bekrittelten Huldigungen darzubringen. Diese
Deputation wird aber streng bewacht, darf natürlich die ihr vorgeschriebene
Straße unter keiner Bedingung verlassen, und muß, sobald die Huldigung ---
die ganze Reise hat keinen andern Zweck -- vorüber ist, augenblicklich wieder
nach Decima, einer kleinen Insel und dem Sitz der holländischen Faktorei, zu¬
rückkehren, wo sie durch eine Zugbrücke, die kein Europäer überschreiten darf,
von dem festen Lande total abgeschnitten und geschieden sind.

Der Kaiser von Japan ist ein strenger und von seiner Stellung nicht wenig
eingenommener Herr. Als ihm der König von Holland vor einiger Zeit einmal
Geschenke, ich glaube ein kostbares Service oder etwas dem Aehnliches überschickte,
wurden Se. kaiserl. Majestät sehr ungnädig darüber, und meinten, was dem
König von Holland wol einfiele, als ob sie gegenseitig in einer Stellung stän¬
den, daß er dem Kaiser von Japan Geschenke anbieten könne -- wenn er, der
Kaiser, ihm das thäte, wäre es etwas ganz Anderes. Er hat auch richtig Nichts
angenommen. Als ein Zeichen seiner noch fortdauernden Huld oder Duldung
vielmehr schickt er aber alljährlich dem Gouverneur von Java -- es ist eigentlich
boshaft -- ein Dutzend seiner eigenen seidenen Schlafrocke. Diese bilde" ein
stereotypes Geschenk und werde", so wie sie nach Batavia komme", uuter der
Firma "kaiserliche Schlafrocke" augenblicklich in die Auction geschickt.



Anm. d. Red. Dieses Bl, wird in einer der nächsten Nummern die Verhältnisse
dieses interessanten Landes in einem besondern Artikel behandeln, da die amerikanische Expe¬
dition gegen Japan jetzt nach dem entschiedenen Sieg der Demokraten wieder als bevorstehend
""gekündigt wird, und ihr gegenüber auch noch eine russische.
Der Japanische „Toko" in Batavia.*)
Von Fr. Gerstäcker.

Die Holländer schicken bekanntlich alle Jahre, einem Handelsvertrag mit
dem Kaiser von Japan gemäß, ein Schiff nach Japan, in dem sie den Japanern
Colonialwaaren, besonders Zucker, europäische Stoffe ze. :c., bringen und da¬
für von Japan Kupfer, eine besondere Art Metall, der Bronze ähnlich, und noch
manche andere Gegenstände zurückbringen. Dieses Geschäft hat allein die Re¬
gierung, außerdem aber verpachtet sie noch den Detail-Handel für lackirte Waaren,
Seidenzeuge, Spielereien ze. ze. ze., für eine sehr beträchtliche Summe an
Privatleute. Diese gehen mit demselben Schiff nach Japan über, haben ihre
gewissen Waaren, die sie dort an die Japaner absetzen, und bringen dafür einen
bestimmten Antheil Fracht für sich selber — der aber nicht solche von der Re¬
gierung selber ausgeführte Producte begreifen darf, nach Batavia herüber.

Alle drei Jahre geht dann eine Deputation von zwei von der holländischen
Regierung Abgesandten nach Jeddo, der Residenz des Kaisers, die dort üblichen,
und schon so viel besprochenen und bekrittelten Huldigungen darzubringen. Diese
Deputation wird aber streng bewacht, darf natürlich die ihr vorgeschriebene
Straße unter keiner Bedingung verlassen, und muß, sobald die Huldigung —-
die ganze Reise hat keinen andern Zweck — vorüber ist, augenblicklich wieder
nach Decima, einer kleinen Insel und dem Sitz der holländischen Faktorei, zu¬
rückkehren, wo sie durch eine Zugbrücke, die kein Europäer überschreiten darf,
von dem festen Lande total abgeschnitten und geschieden sind.

Der Kaiser von Japan ist ein strenger und von seiner Stellung nicht wenig
eingenommener Herr. Als ihm der König von Holland vor einiger Zeit einmal
Geschenke, ich glaube ein kostbares Service oder etwas dem Aehnliches überschickte,
wurden Se. kaiserl. Majestät sehr ungnädig darüber, und meinten, was dem
König von Holland wol einfiele, als ob sie gegenseitig in einer Stellung stän¬
den, daß er dem Kaiser von Japan Geschenke anbieten könne — wenn er, der
Kaiser, ihm das thäte, wäre es etwas ganz Anderes. Er hat auch richtig Nichts
angenommen. Als ein Zeichen seiner noch fortdauernden Huld oder Duldung
vielmehr schickt er aber alljährlich dem Gouverneur von Java — es ist eigentlich
boshaft — ein Dutzend seiner eigenen seidenen Schlafrocke. Diese bilde» ein
stereotypes Geschenk und werde», so wie sie nach Batavia komme», uuter der
Firma „kaiserliche Schlafrocke" augenblicklich in die Auction geschickt.



Anm. d. Red. Dieses Bl, wird in einer der nächsten Nummern die Verhältnisse
dieses interessanten Landes in einem besondern Artikel behandeln, da die amerikanische Expe¬
dition gegen Japan jetzt nach dem entschiedenen Sieg der Demokraten wieder als bevorstehend
»»gekündigt wird, und ihr gegenüber auch noch eine russische.
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[0255] Der Japanische „Toko" in Batavia.*) Von Fr. Gerstäcker. Die Holländer schicken bekanntlich alle Jahre, einem Handelsvertrag mit dem Kaiser von Japan gemäß, ein Schiff nach Japan, in dem sie den Japanern Colonialwaaren, besonders Zucker, europäische Stoffe ze. :c., bringen und da¬ für von Japan Kupfer, eine besondere Art Metall, der Bronze ähnlich, und noch manche andere Gegenstände zurückbringen. Dieses Geschäft hat allein die Re¬ gierung, außerdem aber verpachtet sie noch den Detail-Handel für lackirte Waaren, Seidenzeuge, Spielereien ze. ze. ze., für eine sehr beträchtliche Summe an Privatleute. Diese gehen mit demselben Schiff nach Japan über, haben ihre gewissen Waaren, die sie dort an die Japaner absetzen, und bringen dafür einen bestimmten Antheil Fracht für sich selber — der aber nicht solche von der Re¬ gierung selber ausgeführte Producte begreifen darf, nach Batavia herüber. Alle drei Jahre geht dann eine Deputation von zwei von der holländischen Regierung Abgesandten nach Jeddo, der Residenz des Kaisers, die dort üblichen, und schon so viel besprochenen und bekrittelten Huldigungen darzubringen. Diese Deputation wird aber streng bewacht, darf natürlich die ihr vorgeschriebene Straße unter keiner Bedingung verlassen, und muß, sobald die Huldigung —- die ganze Reise hat keinen andern Zweck — vorüber ist, augenblicklich wieder nach Decima, einer kleinen Insel und dem Sitz der holländischen Faktorei, zu¬ rückkehren, wo sie durch eine Zugbrücke, die kein Europäer überschreiten darf, von dem festen Lande total abgeschnitten und geschieden sind. Der Kaiser von Japan ist ein strenger und von seiner Stellung nicht wenig eingenommener Herr. Als ihm der König von Holland vor einiger Zeit einmal Geschenke, ich glaube ein kostbares Service oder etwas dem Aehnliches überschickte, wurden Se. kaiserl. Majestät sehr ungnädig darüber, und meinten, was dem König von Holland wol einfiele, als ob sie gegenseitig in einer Stellung stän¬ den, daß er dem Kaiser von Japan Geschenke anbieten könne — wenn er, der Kaiser, ihm das thäte, wäre es etwas ganz Anderes. Er hat auch richtig Nichts angenommen. Als ein Zeichen seiner noch fortdauernden Huld oder Duldung vielmehr schickt er aber alljährlich dem Gouverneur von Java — es ist eigentlich boshaft — ein Dutzend seiner eigenen seidenen Schlafrocke. Diese bilde» ein stereotypes Geschenk und werde», so wie sie nach Batavia komme», uuter der Firma „kaiserliche Schlafrocke" augenblicklich in die Auction geschickt. Anm. d. Red. Dieses Bl, wird in einer der nächsten Nummern die Verhältnisse dieses interessanten Landes in einem besondern Artikel behandeln, da die amerikanische Expe¬ dition gegen Japan jetzt nach dem entschiedenen Sieg der Demokraten wieder als bevorstehend »»gekündigt wird, und ihr gegenüber auch noch eine russische.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/255>, abgerufen am 04.05.2024.