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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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fahrzeuge dort vereinigt sein. Man hat diese Maßregel darauf gedeutet, daß der
oben erwähnte Ankerplatz für die englische und französische Flotte, von denen das
Gerücht verkündet, sie würden beide ehestens hier eintreffen, frei gemacht worden
sei. Nach den neusten "Schiffernachrichten" ist die englische Escadre zwischen
Smyrnci und den Dardanellen gesehen worden.

Es hat viel Wahrscheinlichkeit für sich, daß die directe Einmischung irgend
einer europäischen Macht in den etwaigen Krieg nicht stattfinden wird. Sie sind
indeß alle ohne Ausnahme geneigt, der Pforte ihre moralische und insbesondere
diplomatische Unterstützung, und zwar im allerausgedehntesten Sinne, zu Theil
werden zu lassen. Ans diesem Umstände erklärt es sich, warum Nußland mit der
Eröffnung der Feindseligkeiten noch zögert. Was man hier bis jetzt über seine Ma߬
nahmen weiß, reducirt sich auf die Nachricht von der Zusammenziehung zweier großen
Pontontrains auf der unteren Donan, und zwar aus demselben Punkte, auf dem
1828 der Uebergang stattfand (bei Samuowo, gegenüber Jsaktschi). Nach den
jüngsten Nachrichten von Reisenden war die Donau immer noch sehr hoch und
hatte weit und breit die Inseln ihres Bettes und die angrenzenden Sumpf-
niederungen unter Wasser gesetzt.

Heute vor acht Tagen fand hier eine große Parade statt. Es waren
1 0,000 Mann aufgestellt, die größte Truppcnmasse, die ich in diesem Lande seit
zwei Jahren beisammen gesehen habe. Der Sultan ritt zuerst musternd die
Reihen auf einem unvergleichlich schönen Araber aus und ab. Sein Aussehen
war leichenfarbig und tief gebeugt. Nur mit Anstrengung erhielt er sich im
Sattel. Als er das Examen in der Schule des GeneralstabeS abgenommen,
erschien er wiederum auf einem atlasfarbenem Schimmel mit rothsammetner Scha¬
bracke. Der Empfang von Seiten der Truppen war ein sehr warmer. Uner¬
meßliche Volksmassen von allen Nationalitäten waren zusammen geströmt. Die
ganze Schaustellung war wol demonstrativer Natur und sollte die verfügbare
Macht zur Aufrechterhaltung der Ruhe in ein Helles Licht stellen.




Die hannoverschen Finanzen.

W. Lehzen: Hannovers Staatshaushalt. Erster Theil: die Einnahmen.
Hannover, Hahn 1833.

Je mehr sich die deutschen Politiker daran gewöhnen, ihre ^Principien und
ihre Berechnungen auf die solide Grundlage volkswirthschaftlicher Studien zu
stellen, desto lebhafter beginnen sie zu fühlen, daß in jedem freieren Staatsleben
die Finanzen der eigentliche Mittelpunkt sind. Schon haben viele eingesehen


Gmizboten. III. 3

fahrzeuge dort vereinigt sein. Man hat diese Maßregel darauf gedeutet, daß der
oben erwähnte Ankerplatz für die englische und französische Flotte, von denen das
Gerücht verkündet, sie würden beide ehestens hier eintreffen, frei gemacht worden
sei. Nach den neusten „Schiffernachrichten" ist die englische Escadre zwischen
Smyrnci und den Dardanellen gesehen worden.

Es hat viel Wahrscheinlichkeit für sich, daß die directe Einmischung irgend
einer europäischen Macht in den etwaigen Krieg nicht stattfinden wird. Sie sind
indeß alle ohne Ausnahme geneigt, der Pforte ihre moralische und insbesondere
diplomatische Unterstützung, und zwar im allerausgedehntesten Sinne, zu Theil
werden zu lassen. Ans diesem Umstände erklärt es sich, warum Nußland mit der
Eröffnung der Feindseligkeiten noch zögert. Was man hier bis jetzt über seine Ma߬
nahmen weiß, reducirt sich auf die Nachricht von der Zusammenziehung zweier großen
Pontontrains auf der unteren Donan, und zwar aus demselben Punkte, auf dem
1828 der Uebergang stattfand (bei Samuowo, gegenüber Jsaktschi). Nach den
jüngsten Nachrichten von Reisenden war die Donau immer noch sehr hoch und
hatte weit und breit die Inseln ihres Bettes und die angrenzenden Sumpf-
niederungen unter Wasser gesetzt.

Heute vor acht Tagen fand hier eine große Parade statt. Es waren
1 0,000 Mann aufgestellt, die größte Truppcnmasse, die ich in diesem Lande seit
zwei Jahren beisammen gesehen habe. Der Sultan ritt zuerst musternd die
Reihen auf einem unvergleichlich schönen Araber aus und ab. Sein Aussehen
war leichenfarbig und tief gebeugt. Nur mit Anstrengung erhielt er sich im
Sattel. Als er das Examen in der Schule des GeneralstabeS abgenommen,
erschien er wiederum auf einem atlasfarbenem Schimmel mit rothsammetner Scha¬
bracke. Der Empfang von Seiten der Truppen war ein sehr warmer. Uner¬
meßliche Volksmassen von allen Nationalitäten waren zusammen geströmt. Die
ganze Schaustellung war wol demonstrativer Natur und sollte die verfügbare
Macht zur Aufrechterhaltung der Ruhe in ein Helles Licht stellen.




Die hannoverschen Finanzen.

W. Lehzen: Hannovers Staatshaushalt. Erster Theil: die Einnahmen.
Hannover, Hahn 1833.

Je mehr sich die deutschen Politiker daran gewöhnen, ihre ^Principien und
ihre Berechnungen auf die solide Grundlage volkswirthschaftlicher Studien zu
stellen, desto lebhafter beginnen sie zu fühlen, daß in jedem freieren Staatsleben
die Finanzen der eigentliche Mittelpunkt sind. Schon haben viele eingesehen


Gmizboten. III. 3
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/25>, abgerufen am 06.05.2024.