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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Reisebilder ans Südfrankreich und Spanien.
3.
Baskenland.

Das Baskenland wird aus französischer Seite in drei Districte getheilt:

Die Sorte, zum Hochgebirge aufsteigend, ist unwirthlich und unfruchtbar;
Wald, Heide und magere Weiden auf den Höhen; Bergströme, die sich brüllend
über zerklüftete Felsen stürzen; Ueberreste alter Burgen, von Moos bedeckt und
von Epheu überwuchert; hier und da eine Hütte, ein Gärtchen, ein Maisfeld am
Bergabhange; im Thal ein kleines Dorf, das den größten Theil des Jahres nur
von Frauen und Kindern bewohnt wird, während die Männer als Matrosen
fortziehen, als Hirten oder Contrebandiers im Gebirge umherstreifen, oder als
Soldaten im französischen Heere dienen. Monatelang, jahrelang sind sie von den
Ihrigen getrennt und nur die Bevorzugteren können die Zeit der Winterstürme
in der Heimat verleben. Um den Ehrenplatz, den sie am Feuer einnehmen,
versammelt sich dann Groß und Klein, hört mit andächtiger Bewunderung die
Berichte der Heimgekehrten und singt mit ihnen die alten Baskenlieder zu
Ehren der Todten, die im Kampf und Gefecht untergegangen find.

Nieder-Navarra ist heitrer und reicher. An den sanft aufsteigenden Berg¬
wänden reifen die Traube und die süße Kastanie; Mais und Weizen geben
reichlichen Ertrag; das Vieh gedeiht ans den fetten Weiden und die Mündern,
vielgesuchten Navarreser-Pferde werden von hier ans nach Spanien und Frankreich
gebracht.

Am schönsten und lebensvollsten aber ist das Land von Labour, das sich
bis an die Meeresküste erstreckt. Die Felder geben zwiefache Ernte; auf deu
Bergen sind die Wiesen reich an aromatischen Kräutern und im Thale werden sie
von zahlreichen Bächen getränkt. Die fischreiche Rive treibt Mühlen und
Hammerwerke und trägt die mit Wolle beladenen Kähne und die Beute der


Grenzboten. III. -I8S3. 41
Reisebilder ans Südfrankreich und Spanien.
3.
Baskenland.

Das Baskenland wird aus französischer Seite in drei Districte getheilt:

Die Sorte, zum Hochgebirge aufsteigend, ist unwirthlich und unfruchtbar;
Wald, Heide und magere Weiden auf den Höhen; Bergströme, die sich brüllend
über zerklüftete Felsen stürzen; Ueberreste alter Burgen, von Moos bedeckt und
von Epheu überwuchert; hier und da eine Hütte, ein Gärtchen, ein Maisfeld am
Bergabhange; im Thal ein kleines Dorf, das den größten Theil des Jahres nur
von Frauen und Kindern bewohnt wird, während die Männer als Matrosen
fortziehen, als Hirten oder Contrebandiers im Gebirge umherstreifen, oder als
Soldaten im französischen Heere dienen. Monatelang, jahrelang sind sie von den
Ihrigen getrennt und nur die Bevorzugteren können die Zeit der Winterstürme
in der Heimat verleben. Um den Ehrenplatz, den sie am Feuer einnehmen,
versammelt sich dann Groß und Klein, hört mit andächtiger Bewunderung die
Berichte der Heimgekehrten und singt mit ihnen die alten Baskenlieder zu
Ehren der Todten, die im Kampf und Gefecht untergegangen find.

Nieder-Navarra ist heitrer und reicher. An den sanft aufsteigenden Berg¬
wänden reifen die Traube und die süße Kastanie; Mais und Weizen geben
reichlichen Ertrag; das Vieh gedeiht ans den fetten Weiden und die Mündern,
vielgesuchten Navarreser-Pferde werden von hier ans nach Spanien und Frankreich
gebracht.

Am schönsten und lebensvollsten aber ist das Land von Labour, das sich
bis an die Meeresküste erstreckt. Die Felder geben zwiefache Ernte; auf deu
Bergen sind die Wiesen reich an aromatischen Kräutern und im Thale werden sie
von zahlreichen Bächen getränkt. Die fischreiche Rive treibt Mühlen und
Hammerwerke und trägt die mit Wolle beladenen Kähne und die Beute der


Grenzboten. III. -I8S3. 41
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[0327] Reisebilder ans Südfrankreich und Spanien. 3. Baskenland. Das Baskenland wird aus französischer Seite in drei Districte getheilt: Die Sorte, zum Hochgebirge aufsteigend, ist unwirthlich und unfruchtbar; Wald, Heide und magere Weiden auf den Höhen; Bergströme, die sich brüllend über zerklüftete Felsen stürzen; Ueberreste alter Burgen, von Moos bedeckt und von Epheu überwuchert; hier und da eine Hütte, ein Gärtchen, ein Maisfeld am Bergabhange; im Thal ein kleines Dorf, das den größten Theil des Jahres nur von Frauen und Kindern bewohnt wird, während die Männer als Matrosen fortziehen, als Hirten oder Contrebandiers im Gebirge umherstreifen, oder als Soldaten im französischen Heere dienen. Monatelang, jahrelang sind sie von den Ihrigen getrennt und nur die Bevorzugteren können die Zeit der Winterstürme in der Heimat verleben. Um den Ehrenplatz, den sie am Feuer einnehmen, versammelt sich dann Groß und Klein, hört mit andächtiger Bewunderung die Berichte der Heimgekehrten und singt mit ihnen die alten Baskenlieder zu Ehren der Todten, die im Kampf und Gefecht untergegangen find. Nieder-Navarra ist heitrer und reicher. An den sanft aufsteigenden Berg¬ wänden reifen die Traube und die süße Kastanie; Mais und Weizen geben reichlichen Ertrag; das Vieh gedeiht ans den fetten Weiden und die Mündern, vielgesuchten Navarreser-Pferde werden von hier ans nach Spanien und Frankreich gebracht. Am schönsten und lebensvollsten aber ist das Land von Labour, das sich bis an die Meeresküste erstreckt. Die Felder geben zwiefache Ernte; auf deu Bergen sind die Wiesen reich an aromatischen Kräutern und im Thale werden sie von zahlreichen Bächen getränkt. Die fischreiche Rive treibt Mühlen und Hammerwerke und trägt die mit Wolle beladenen Kähne und die Beute der Grenzboten. III. -I8S3. 41

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/327>, abgerufen am 06.05.2024.