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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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den die Korrespondenten wieder vor den vereinigten Bureaus des Cassationshofes zu
erscheinen haben, und wir wollen hoffen, daß die Präsidentschaft des Herrn
Troplong nicht hinreichen werde, ans schwarz weiß zu machen").




Noch einmal die Nationalzeitung.

Die Nationalzeitung hat eine sehr unbequeme Methode, zu polemiflren, die
darin besteht, daß sie die Hauptsachen in den Hintergrund schiebt und auf
Nebensachen ein großes Gewicht legt. Da wir aber in dieser Polemik lediglich
ein sachliches Interesse verfolgen, so setzen wir sie dennoch fort.

Um aber wenigstens, soviel in unsern Kräften liegt, immer wieder auf die
Hauptsache hinzuweisen, kommen wir noch einmal auf den Grund zurück, der uus
zu dieser Polemik veranlaßt hat.

Wir scheu in diesem Augenblick in der Demokratie, d. h. sowol unter den
Schriftstellern, die sich früher zur demokratischen Partei hielten, als auch in dem
Publicum derselben eine lebhafte Bewegung. Es werden Voraussetzungen in
Frage gestellt, die man früher ohne weiteres als Glaubensartikel hatte hinnehmen
müssen; es wird die Stellung der Partei in der Vergangenheit und Gegenwart
von neuen Gesichtspunkten beleuchtet, kurz, die Demokratie strebt in diesem
Augenblick mehr nach innerer Weiterbildung, als nach äußrer Ausdehnung. Unter
diesen Umständen liegt es uns (nicht den Grenzboten, sondern der constitutionellen
Partei, zu der wir gehören) daran, uns klar zu machen, welche Stellung wir
selbst zu dieser modificirten Demokratie einzunehmen haben. Da nnn die Demo¬
kratie im gegenwärtigen Angenblick keine Parteiorganisation hat, woher man
officielle Information einziehen konnte, so haben wir uns an die Nationalzeitung
gewandt und haben sie gefragt: Seid ihr Demokraten in Beziehung auf
die gegenwärtige parlamentarische Entwickelung Preußens noch immer
eurer frühern Ansicht, oder habt ihr dieselbe verändert? Werdet ihr
fortfahren, euch der Theilnahme an derselben zu enthalten und sie als ein unnützes
oder sogar schädliches Scheinwesen bei dem Volk zu discreditiren, oder werdet ihr
eure Zwecke, welche dieselben nnn auch sein mögen, auf demselben Wege verfolgen,
wie wir die unsern?

Zu dieser Frage glaubte" wir insofern berechtigt zu sein, als sie in der That
für die Zukunft unsers gegenseitigen Verhaltens der Cardinalpnnkt ist, und als
wir positiv wissen, daß innerhalb der Demokratie darüber Meinungsverschiedenheiten
stattfinden. Zwar ist in diesem Augenblick keine Gelegenheit vorhanden, die



*) Den zurückgelegten Brief von der vorigen Woche gehen wir im Wochenbericht.

den die Korrespondenten wieder vor den vereinigten Bureaus des Cassationshofes zu
erscheinen haben, und wir wollen hoffen, daß die Präsidentschaft des Herrn
Troplong nicht hinreichen werde, ans schwarz weiß zu machen").




Noch einmal die Nationalzeitung.

Die Nationalzeitung hat eine sehr unbequeme Methode, zu polemiflren, die
darin besteht, daß sie die Hauptsachen in den Hintergrund schiebt und auf
Nebensachen ein großes Gewicht legt. Da wir aber in dieser Polemik lediglich
ein sachliches Interesse verfolgen, so setzen wir sie dennoch fort.

Um aber wenigstens, soviel in unsern Kräften liegt, immer wieder auf die
Hauptsache hinzuweisen, kommen wir noch einmal auf den Grund zurück, der uus
zu dieser Polemik veranlaßt hat.

Wir scheu in diesem Augenblick in der Demokratie, d. h. sowol unter den
Schriftstellern, die sich früher zur demokratischen Partei hielten, als auch in dem
Publicum derselben eine lebhafte Bewegung. Es werden Voraussetzungen in
Frage gestellt, die man früher ohne weiteres als Glaubensartikel hatte hinnehmen
müssen; es wird die Stellung der Partei in der Vergangenheit und Gegenwart
von neuen Gesichtspunkten beleuchtet, kurz, die Demokratie strebt in diesem
Augenblick mehr nach innerer Weiterbildung, als nach äußrer Ausdehnung. Unter
diesen Umständen liegt es uns (nicht den Grenzboten, sondern der constitutionellen
Partei, zu der wir gehören) daran, uns klar zu machen, welche Stellung wir
selbst zu dieser modificirten Demokratie einzunehmen haben. Da nnn die Demo¬
kratie im gegenwärtigen Angenblick keine Parteiorganisation hat, woher man
officielle Information einziehen konnte, so haben wir uns an die Nationalzeitung
gewandt und haben sie gefragt: Seid ihr Demokraten in Beziehung auf
die gegenwärtige parlamentarische Entwickelung Preußens noch immer
eurer frühern Ansicht, oder habt ihr dieselbe verändert? Werdet ihr
fortfahren, euch der Theilnahme an derselben zu enthalten und sie als ein unnützes
oder sogar schädliches Scheinwesen bei dem Volk zu discreditiren, oder werdet ihr
eure Zwecke, welche dieselben nnn auch sein mögen, auf demselben Wege verfolgen,
wie wir die unsern?

Zu dieser Frage glaubte» wir insofern berechtigt zu sein, als sie in der That
für die Zukunft unsers gegenseitigen Verhaltens der Cardinalpnnkt ist, und als
wir positiv wissen, daß innerhalb der Demokratie darüber Meinungsverschiedenheiten
stattfinden. Zwar ist in diesem Augenblick keine Gelegenheit vorhanden, die



*) Den zurückgelegten Brief von der vorigen Woche gehen wir im Wochenbericht.
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[0388] den die Korrespondenten wieder vor den vereinigten Bureaus des Cassationshofes zu erscheinen haben, und wir wollen hoffen, daß die Präsidentschaft des Herrn Troplong nicht hinreichen werde, ans schwarz weiß zu machen"). Noch einmal die Nationalzeitung. Die Nationalzeitung hat eine sehr unbequeme Methode, zu polemiflren, die darin besteht, daß sie die Hauptsachen in den Hintergrund schiebt und auf Nebensachen ein großes Gewicht legt. Da wir aber in dieser Polemik lediglich ein sachliches Interesse verfolgen, so setzen wir sie dennoch fort. Um aber wenigstens, soviel in unsern Kräften liegt, immer wieder auf die Hauptsache hinzuweisen, kommen wir noch einmal auf den Grund zurück, der uus zu dieser Polemik veranlaßt hat. Wir scheu in diesem Augenblick in der Demokratie, d. h. sowol unter den Schriftstellern, die sich früher zur demokratischen Partei hielten, als auch in dem Publicum derselben eine lebhafte Bewegung. Es werden Voraussetzungen in Frage gestellt, die man früher ohne weiteres als Glaubensartikel hatte hinnehmen müssen; es wird die Stellung der Partei in der Vergangenheit und Gegenwart von neuen Gesichtspunkten beleuchtet, kurz, die Demokratie strebt in diesem Augenblick mehr nach innerer Weiterbildung, als nach äußrer Ausdehnung. Unter diesen Umständen liegt es uns (nicht den Grenzboten, sondern der constitutionellen Partei, zu der wir gehören) daran, uns klar zu machen, welche Stellung wir selbst zu dieser modificirten Demokratie einzunehmen haben. Da nnn die Demo¬ kratie im gegenwärtigen Angenblick keine Parteiorganisation hat, woher man officielle Information einziehen konnte, so haben wir uns an die Nationalzeitung gewandt und haben sie gefragt: Seid ihr Demokraten in Beziehung auf die gegenwärtige parlamentarische Entwickelung Preußens noch immer eurer frühern Ansicht, oder habt ihr dieselbe verändert? Werdet ihr fortfahren, euch der Theilnahme an derselben zu enthalten und sie als ein unnützes oder sogar schädliches Scheinwesen bei dem Volk zu discreditiren, oder werdet ihr eure Zwecke, welche dieselben nnn auch sein mögen, auf demselben Wege verfolgen, wie wir die unsern? Zu dieser Frage glaubte» wir insofern berechtigt zu sein, als sie in der That für die Zukunft unsers gegenseitigen Verhaltens der Cardinalpnnkt ist, und als wir positiv wissen, daß innerhalb der Demokratie darüber Meinungsverschiedenheiten stattfinden. Zwar ist in diesem Augenblick keine Gelegenheit vorhanden, die *) Den zurückgelegten Brief von der vorigen Woche gehen wir im Wochenbericht.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/388>, abgerufen am 06.05.2024.