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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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mit allen seinen gegen den factischen Besitzer von Kniphausen gerichteten Klage¬
anträgen abgewiesen und den von ihm behaupteten hohen Adel der gräflichen
Familie von Bentinck als nie bestanden nachgewiesen, so ertheilte ihm (und seinen
zwei Brüdern), aber nicht dem Beklagten, die Bundesversammlung, ans Betreiben
des Herrn von Pensum durch den Mehrheitsbeschluß vom 12. Juni 18is den
hohen Adel, und indem er nun behauptet, der factische Besitzer von Kniphausen könne,
als selbstgeständlich dem niedern Adel angehörig, die Besitzungen seines Vaters
(das altenburgische Fideicommiß) nicht erben, bietet er jetzt alles auf, die endliche
Entscheidung des fraglichen, der Nechtssacultat von Gießen, in zweiter Instanz,
zum Spruche vorliegenden Processes ganz zu vereiteln, oder vergeblich zu machen.
Auf dieses Ziel find, wie er das auch gar kein Hehl hat, alle seine Anträge bei
der deutschen Bundesversammlung gerichtet, und Oldenburgs entgegengesetzte Be¬
strebungen gehen einzig dahin, die Bestimmungen von Verträgen, die es abge¬
schlossen, die der Bund garantirt hat, gegen den Garanten aufrecht zu erhalten.
Dieser Kampf Oldenburgs mit dem Bunde, worin allerdings eine bedeutende,
obwol schwankende Minderheit ans des erster" Seite steht, dauert seit dem Jahre
18i3 und zwar, wie der Leser sich überzeugt haben wird, wegen einer Sache, die
über jeden Zweifel erhaben ist.




Pariser Brief.

Die französischen Bildhauer siud dieses Jahr nicht minder fruchtbar gewesen
als die Maler, allein wir haben lange nicht soviel gutes über ihre Wirksamkeit
zu sagen. Die ganze Dichtung der modernen Sculptur in Frankreich ist eine
unerquickliche. Während die Maler sich in ihren realistischen Aspirationen oft zum
Unschönen verleiten lassen, beharren die Bildhauer der großen Mehrzahl nach ans
sclavischer Nachahmung der Antike. Dies wäre an und für sich kein großes
Uebel, wenn es mit Verständniß der Antike verbunden wäre. Sie haben zwar
gute akademische Studien gemacht, nirgend aber ist der belebende Hauch zu er¬
kennen, der den antiken Statuen einen so hohen Reiz gegeben. Sie glauben ein
Ideal z" besitzen und haben blos ein leeres Schemen, sie glauben, schöpferische
Begeisterung zu haben und bringen blos matte Reminiscenzen großer Kunstwerke
mit. Die wenigen Künstler, welche der Sculptur einen modernen Sinn unter¬
zulegen suchen, sind noch ohnmächtiger, weil sie die Grenzen dieser Kunst ver¬
rücken, statt innerhalb derselben ihre Leistungen mit dem Feuer modernen Lebens
zu beseelen. Man bringt also von dieser Seite verzerrte, unruhige, ganz un¬
künstlerische Producte oder niedrig sinnliche, verweichlichte, unschöne Werke. Es
wird uns in keinem der entgegengesetzten Lager ganz wohl. Die Thierbilder


mit allen seinen gegen den factischen Besitzer von Kniphausen gerichteten Klage¬
anträgen abgewiesen und den von ihm behaupteten hohen Adel der gräflichen
Familie von Bentinck als nie bestanden nachgewiesen, so ertheilte ihm (und seinen
zwei Brüdern), aber nicht dem Beklagten, die Bundesversammlung, ans Betreiben
des Herrn von Pensum durch den Mehrheitsbeschluß vom 12. Juni 18is den
hohen Adel, und indem er nun behauptet, der factische Besitzer von Kniphausen könne,
als selbstgeständlich dem niedern Adel angehörig, die Besitzungen seines Vaters
(das altenburgische Fideicommiß) nicht erben, bietet er jetzt alles auf, die endliche
Entscheidung des fraglichen, der Nechtssacultat von Gießen, in zweiter Instanz,
zum Spruche vorliegenden Processes ganz zu vereiteln, oder vergeblich zu machen.
Auf dieses Ziel find, wie er das auch gar kein Hehl hat, alle seine Anträge bei
der deutschen Bundesversammlung gerichtet, und Oldenburgs entgegengesetzte Be¬
strebungen gehen einzig dahin, die Bestimmungen von Verträgen, die es abge¬
schlossen, die der Bund garantirt hat, gegen den Garanten aufrecht zu erhalten.
Dieser Kampf Oldenburgs mit dem Bunde, worin allerdings eine bedeutende,
obwol schwankende Minderheit ans des erster» Seite steht, dauert seit dem Jahre
18i3 und zwar, wie der Leser sich überzeugt haben wird, wegen einer Sache, die
über jeden Zweifel erhaben ist.




Pariser Brief.

Die französischen Bildhauer siud dieses Jahr nicht minder fruchtbar gewesen
als die Maler, allein wir haben lange nicht soviel gutes über ihre Wirksamkeit
zu sagen. Die ganze Dichtung der modernen Sculptur in Frankreich ist eine
unerquickliche. Während die Maler sich in ihren realistischen Aspirationen oft zum
Unschönen verleiten lassen, beharren die Bildhauer der großen Mehrzahl nach ans
sclavischer Nachahmung der Antike. Dies wäre an und für sich kein großes
Uebel, wenn es mit Verständniß der Antike verbunden wäre. Sie haben zwar
gute akademische Studien gemacht, nirgend aber ist der belebende Hauch zu er¬
kennen, der den antiken Statuen einen so hohen Reiz gegeben. Sie glauben ein
Ideal z» besitzen und haben blos ein leeres Schemen, sie glauben, schöpferische
Begeisterung zu haben und bringen blos matte Reminiscenzen großer Kunstwerke
mit. Die wenigen Künstler, welche der Sculptur einen modernen Sinn unter¬
zulegen suchen, sind noch ohnmächtiger, weil sie die Grenzen dieser Kunst ver¬
rücken, statt innerhalb derselben ihre Leistungen mit dem Feuer modernen Lebens
zu beseelen. Man bringt also von dieser Seite verzerrte, unruhige, ganz un¬
künstlerische Producte oder niedrig sinnliche, verweichlichte, unschöne Werke. Es
wird uns in keinem der entgegengesetzten Lager ganz wohl. Die Thierbilder


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[0071] mit allen seinen gegen den factischen Besitzer von Kniphausen gerichteten Klage¬ anträgen abgewiesen und den von ihm behaupteten hohen Adel der gräflichen Familie von Bentinck als nie bestanden nachgewiesen, so ertheilte ihm (und seinen zwei Brüdern), aber nicht dem Beklagten, die Bundesversammlung, ans Betreiben des Herrn von Pensum durch den Mehrheitsbeschluß vom 12. Juni 18is den hohen Adel, und indem er nun behauptet, der factische Besitzer von Kniphausen könne, als selbstgeständlich dem niedern Adel angehörig, die Besitzungen seines Vaters (das altenburgische Fideicommiß) nicht erben, bietet er jetzt alles auf, die endliche Entscheidung des fraglichen, der Nechtssacultat von Gießen, in zweiter Instanz, zum Spruche vorliegenden Processes ganz zu vereiteln, oder vergeblich zu machen. Auf dieses Ziel find, wie er das auch gar kein Hehl hat, alle seine Anträge bei der deutschen Bundesversammlung gerichtet, und Oldenburgs entgegengesetzte Be¬ strebungen gehen einzig dahin, die Bestimmungen von Verträgen, die es abge¬ schlossen, die der Bund garantirt hat, gegen den Garanten aufrecht zu erhalten. Dieser Kampf Oldenburgs mit dem Bunde, worin allerdings eine bedeutende, obwol schwankende Minderheit ans des erster» Seite steht, dauert seit dem Jahre 18i3 und zwar, wie der Leser sich überzeugt haben wird, wegen einer Sache, die über jeden Zweifel erhaben ist. Pariser Brief. Die französischen Bildhauer siud dieses Jahr nicht minder fruchtbar gewesen als die Maler, allein wir haben lange nicht soviel gutes über ihre Wirksamkeit zu sagen. Die ganze Dichtung der modernen Sculptur in Frankreich ist eine unerquickliche. Während die Maler sich in ihren realistischen Aspirationen oft zum Unschönen verleiten lassen, beharren die Bildhauer der großen Mehrzahl nach ans sclavischer Nachahmung der Antike. Dies wäre an und für sich kein großes Uebel, wenn es mit Verständniß der Antike verbunden wäre. Sie haben zwar gute akademische Studien gemacht, nirgend aber ist der belebende Hauch zu er¬ kennen, der den antiken Statuen einen so hohen Reiz gegeben. Sie glauben ein Ideal z» besitzen und haben blos ein leeres Schemen, sie glauben, schöpferische Begeisterung zu haben und bringen blos matte Reminiscenzen großer Kunstwerke mit. Die wenigen Künstler, welche der Sculptur einen modernen Sinn unter¬ zulegen suchen, sind noch ohnmächtiger, weil sie die Grenzen dieser Kunst ver¬ rücken, statt innerhalb derselben ihre Leistungen mit dem Feuer modernen Lebens zu beseelen. Man bringt also von dieser Seite verzerrte, unruhige, ganz un¬ künstlerische Producte oder niedrig sinnliche, verweichlichte, unschöne Werke. Es wird uns in keinem der entgegengesetzten Lager ganz wohl. Die Thierbilder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/71>, abgerufen am 07.05.2024.