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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Ein deutscher Tigerjäger in Ostindien.

Zu den großen Löwen- und Tigerjägern der Engländer und Franzosen,
welche am Cap, im Atlas, in Centralamerika Jagdbeute und unsterblichen Weid-
mannSruhm erworben haben, ist jetzt mich ein Deutscher in Ostindien zu zählen,
Capitän Baron von Meyern, Offizier in englisch - ostindischen Diensten, gegen¬
wärtig Commandant der englischen Militärstation Boorhanpore, an einem
Grenzfluß gegen das Penjanb. Die folgenden Mittheilungen sind ans seinem
Jagdtagebuchc und dürften nicht blos für Jagdliebhaber von Interesse sein. Wir
geben sie, wie sie uns überliefert worden, und sprechen hierdurch dem geehrten
Einsender unsern Dank aus.

"Gwalior (Maharatteustaat), 1ü. Juli -I8Ü3. Es sind eigenthümliche In-
spectionsreisen, die unsere Brigadiere hier machen. Manch deutscher Bundes-
iuspectiousgeneral mochte sie trotz seiner guten Diners darum beneiden. Von
einer Garnison zur andern geht es hier viele Tagereisen weit durch dichte Wild¬
nisse ohne Ahnung von Wegen, geschweige von Chausseen, über Stocke und
Steine, durch Jungeln, Urwald, Gebüsch, Bäche und Ströme ohne Brücken;
aber der Jnspcctionsgeneral, begleitet von seinem Gefolge, seiner Dienerschaft
und den von einer Station zur andern durch ihn eingeladenen Offizieren, mit
seinen Pferden, Elephanten und Neitkamcelen, versteht es, den Juugelu und
Waldungen ihre interessante Seite abzugewinnen, und die Beschwerden in einen
Genuß zu verwandeln, aus der Reise wird eine Jagdexpedition. Diesmal
hatte ich die Ehre, von ihm mitgenommen zu werden. Gewöhnlich wurden
den Tag zwölf Meilen zurückgelegt, Sonntag ausgenommen, an welchem wir
immer rasten und für eine Stunde Gebete lesen. Mit Tagesanbruch wird auf-
marschirt, zu Pferd und zu Fuß, auf Elephanten und Neitkamcelen -- ich
habe ein sehr hübsches, beinahe schwarzes Dromedar --, und wo sich Wildpret
blicken läßt, wird sicherlich darauf gefeuert. Wenn wir gegen 8 Uhr Morgens die
vorausgeschickten Zelte, -- jeder führt ein Exemplar bei sich, -- erreicht hatten,


Grenzboten, IV. 18ö.?. 36
Ein deutscher Tigerjäger in Ostindien.

Zu den großen Löwen- und Tigerjägern der Engländer und Franzosen,
welche am Cap, im Atlas, in Centralamerika Jagdbeute und unsterblichen Weid-
mannSruhm erworben haben, ist jetzt mich ein Deutscher in Ostindien zu zählen,
Capitän Baron von Meyern, Offizier in englisch - ostindischen Diensten, gegen¬
wärtig Commandant der englischen Militärstation Boorhanpore, an einem
Grenzfluß gegen das Penjanb. Die folgenden Mittheilungen sind ans seinem
Jagdtagebuchc und dürften nicht blos für Jagdliebhaber von Interesse sein. Wir
geben sie, wie sie uns überliefert worden, und sprechen hierdurch dem geehrten
Einsender unsern Dank aus.

„Gwalior (Maharatteustaat), 1ü. Juli -I8Ü3. Es sind eigenthümliche In-
spectionsreisen, die unsere Brigadiere hier machen. Manch deutscher Bundes-
iuspectiousgeneral mochte sie trotz seiner guten Diners darum beneiden. Von
einer Garnison zur andern geht es hier viele Tagereisen weit durch dichte Wild¬
nisse ohne Ahnung von Wegen, geschweige von Chausseen, über Stocke und
Steine, durch Jungeln, Urwald, Gebüsch, Bäche und Ströme ohne Brücken;
aber der Jnspcctionsgeneral, begleitet von seinem Gefolge, seiner Dienerschaft
und den von einer Station zur andern durch ihn eingeladenen Offizieren, mit
seinen Pferden, Elephanten und Neitkamcelen, versteht es, den Juugelu und
Waldungen ihre interessante Seite abzugewinnen, und die Beschwerden in einen
Genuß zu verwandeln, aus der Reise wird eine Jagdexpedition. Diesmal
hatte ich die Ehre, von ihm mitgenommen zu werden. Gewöhnlich wurden
den Tag zwölf Meilen zurückgelegt, Sonntag ausgenommen, an welchem wir
immer rasten und für eine Stunde Gebete lesen. Mit Tagesanbruch wird auf-
marschirt, zu Pferd und zu Fuß, auf Elephanten und Neitkamcelen — ich
habe ein sehr hübsches, beinahe schwarzes Dromedar —, und wo sich Wildpret
blicken läßt, wird sicherlich darauf gefeuert. Wenn wir gegen 8 Uhr Morgens die
vorausgeschickten Zelte, — jeder führt ein Exemplar bei sich, — erreicht hatten,


Grenzboten, IV. 18ö.?. 36
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[0289] Ein deutscher Tigerjäger in Ostindien. Zu den großen Löwen- und Tigerjägern der Engländer und Franzosen, welche am Cap, im Atlas, in Centralamerika Jagdbeute und unsterblichen Weid- mannSruhm erworben haben, ist jetzt mich ein Deutscher in Ostindien zu zählen, Capitän Baron von Meyern, Offizier in englisch - ostindischen Diensten, gegen¬ wärtig Commandant der englischen Militärstation Boorhanpore, an einem Grenzfluß gegen das Penjanb. Die folgenden Mittheilungen sind ans seinem Jagdtagebuchc und dürften nicht blos für Jagdliebhaber von Interesse sein. Wir geben sie, wie sie uns überliefert worden, und sprechen hierdurch dem geehrten Einsender unsern Dank aus. „Gwalior (Maharatteustaat), 1ü. Juli -I8Ü3. Es sind eigenthümliche In- spectionsreisen, die unsere Brigadiere hier machen. Manch deutscher Bundes- iuspectiousgeneral mochte sie trotz seiner guten Diners darum beneiden. Von einer Garnison zur andern geht es hier viele Tagereisen weit durch dichte Wild¬ nisse ohne Ahnung von Wegen, geschweige von Chausseen, über Stocke und Steine, durch Jungeln, Urwald, Gebüsch, Bäche und Ströme ohne Brücken; aber der Jnspcctionsgeneral, begleitet von seinem Gefolge, seiner Dienerschaft und den von einer Station zur andern durch ihn eingeladenen Offizieren, mit seinen Pferden, Elephanten und Neitkamcelen, versteht es, den Juugelu und Waldungen ihre interessante Seite abzugewinnen, und die Beschwerden in einen Genuß zu verwandeln, aus der Reise wird eine Jagdexpedition. Diesmal hatte ich die Ehre, von ihm mitgenommen zu werden. Gewöhnlich wurden den Tag zwölf Meilen zurückgelegt, Sonntag ausgenommen, an welchem wir immer rasten und für eine Stunde Gebete lesen. Mit Tagesanbruch wird auf- marschirt, zu Pferd und zu Fuß, auf Elephanten und Neitkamcelen — ich habe ein sehr hübsches, beinahe schwarzes Dromedar —, und wo sich Wildpret blicken läßt, wird sicherlich darauf gefeuert. Wenn wir gegen 8 Uhr Morgens die vorausgeschickten Zelte, — jeder führt ein Exemplar bei sich, — erreicht hatten, Grenzboten, IV. 18ö.?. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/289>, abgerufen am 19.05.2024.