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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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lich dazu beitragen wird, den unerfreulichen Schwankungen unserer Kritik einen
festen Maßstab entgegenzusetzen. --


Reise nach dem südlichen Rußland und der Krim, durch Ungarn, die
Walachei und die Moldau, von Anatol von Demidoff, 2 Bde.
Breslau, Kern. Uebersicht von Neigebaur. Mit Illustrationen nach Original¬
zeichnungen von Raffel. --

Fürst Demidoff ist in neuester Zeit dem europäischen Publicum durck seine
buntbewegten Schicksale bekannt geworden. Er ist der Sohn des 1836 verstor¬
benen geheimen Raths Graf Demidoff und der Bruder eines ausgezeichneten
Militärs., der im Kriege von 18-12 ans seine Kosten ein Regiment errichtete und
dasselbe führte. Er selbst machte, um das Andenken seines Vaters zu ehren, eine
Schenkung von 600,000 Rubel zur Gründung einer Armenanstalt in Petersburg.
Ebenso wies er der Petersburger Akademie der Wissenschaften bedeutende Fonds
zu, aus welche" diese seit 183-1 alljährlich die Demidossscken Preise von L000
Rubel für die besten russischen Werke ertheilt. Die Reise, die den Inhalt des
gegenwärtigen Werkes ausmacht, übernahm er im Auftrage des russischen Kaisers
im Jahre -1837 mit einem sehr zahlreichen Gefolge von Technikern nud Künstlern,
vorzugsweise um die Möglichkeit einer Eisenindustrie und eines Steiukohleuwerkes
in deu südlichen Provinzen zu untersuchen. Die Beschreibung der Reise erschien
zuerst 1839 Französisch und wurde ins Englische, Polnische, Russische und andere
Sprachen übersetzt. In Deutschland erscheint jetzt zuerst eine Uebersetzung und
der Zeitpunkt ist nicht ungeschickt gewählt, da grade diese Theile deö russischen
Reichs durch die neuesten Ereignisse wieder die allgemeinere Aufmerksamkeit Eu¬
ropas auf sich ziehen. Infolge dieses Werks wurde er zum Mitgliede des franzö¬
sischen Instituts ernannt. Im Jahre 1830 vermählte er sich in Florenz mit der
Prinzessin Mathilde, der Tochter des König Jerome; weil er aber in dieser Ehe
die Bedingung eingegangen war, alle Kinder im römisch-katholischen Glauben er¬
ziehen zu lassen, ertheilte ihm Kaiser Nikolaus seine Entlassung aus dem russischen
Staatsdienst und berief ihn nach Petersburg zur Verantwortung. Indessen ge¬
lang es ihm doch, sich zu rechtfertigen und er erhielt die Erlaubniß, nach Paris
zurückzukehren, wo er seitdem mit seiner Gemahlin lebt, die bekanntlich seit der
Präsidentschaft ihres Vetters, des gegenwärtigen Kaisers, einen nicht unbedeu¬
tenden Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten und Frankreich ausübt. --
Was nun das gegenwärtige Werk betrifft, so beschäftigt es sich mit einem im
großartigsten Stile angelegte" Unternehmen. Die Gesellschaft war mit den
außerordentlichsten Mitteln ausgestattet und sie vereinigte alle Momente der Bil¬
dung, um die Gegenden, die sie durchreiste, "ach allen Seiten hin auf das gründ¬
lichste zu durchforschen. Sie hatte vorher die sorgfältigsten Studien gemacht,
und indem sich die Einzelnen in die verschiedenen Zweige der Beobachtung ver¬
theilten, indem jeder auf einen ganz besonderen Kreis des Lebens und der Na-


lich dazu beitragen wird, den unerfreulichen Schwankungen unserer Kritik einen
festen Maßstab entgegenzusetzen. —


Reise nach dem südlichen Rußland und der Krim, durch Ungarn, die
Walachei und die Moldau, von Anatol von Demidoff, 2 Bde.
Breslau, Kern. Uebersicht von Neigebaur. Mit Illustrationen nach Original¬
zeichnungen von Raffel. —

Fürst Demidoff ist in neuester Zeit dem europäischen Publicum durck seine
buntbewegten Schicksale bekannt geworden. Er ist der Sohn des 1836 verstor¬
benen geheimen Raths Graf Demidoff und der Bruder eines ausgezeichneten
Militärs., der im Kriege von 18-12 ans seine Kosten ein Regiment errichtete und
dasselbe führte. Er selbst machte, um das Andenken seines Vaters zu ehren, eine
Schenkung von 600,000 Rubel zur Gründung einer Armenanstalt in Petersburg.
Ebenso wies er der Petersburger Akademie der Wissenschaften bedeutende Fonds
zu, aus welche» diese seit 183-1 alljährlich die Demidossscken Preise von L000
Rubel für die besten russischen Werke ertheilt. Die Reise, die den Inhalt des
gegenwärtigen Werkes ausmacht, übernahm er im Auftrage des russischen Kaisers
im Jahre -1837 mit einem sehr zahlreichen Gefolge von Technikern nud Künstlern,
vorzugsweise um die Möglichkeit einer Eisenindustrie und eines Steiukohleuwerkes
in deu südlichen Provinzen zu untersuchen. Die Beschreibung der Reise erschien
zuerst 1839 Französisch und wurde ins Englische, Polnische, Russische und andere
Sprachen übersetzt. In Deutschland erscheint jetzt zuerst eine Uebersetzung und
der Zeitpunkt ist nicht ungeschickt gewählt, da grade diese Theile deö russischen
Reichs durch die neuesten Ereignisse wieder die allgemeinere Aufmerksamkeit Eu¬
ropas auf sich ziehen. Infolge dieses Werks wurde er zum Mitgliede des franzö¬
sischen Instituts ernannt. Im Jahre 1830 vermählte er sich in Florenz mit der
Prinzessin Mathilde, der Tochter des König Jerome; weil er aber in dieser Ehe
die Bedingung eingegangen war, alle Kinder im römisch-katholischen Glauben er¬
ziehen zu lassen, ertheilte ihm Kaiser Nikolaus seine Entlassung aus dem russischen
Staatsdienst und berief ihn nach Petersburg zur Verantwortung. Indessen ge¬
lang es ihm doch, sich zu rechtfertigen und er erhielt die Erlaubniß, nach Paris
zurückzukehren, wo er seitdem mit seiner Gemahlin lebt, die bekanntlich seit der
Präsidentschaft ihres Vetters, des gegenwärtigen Kaisers, einen nicht unbedeu¬
tenden Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten und Frankreich ausübt. —
Was nun das gegenwärtige Werk betrifft, so beschäftigt es sich mit einem im
großartigsten Stile angelegte» Unternehmen. Die Gesellschaft war mit den
außerordentlichsten Mitteln ausgestattet und sie vereinigte alle Momente der Bil¬
dung, um die Gegenden, die sie durchreiste, «ach allen Seiten hin auf das gründ¬
lichste zu durchforschen. Sie hatte vorher die sorgfältigsten Studien gemacht,
und indem sich die Einzelnen in die verschiedenen Zweige der Beobachtung ver¬
theilten, indem jeder auf einen ganz besonderen Kreis des Lebens und der Na-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/391>, abgerufen am 19.05.2024.